Wie die EU sich wappnen muss: Ein Plan für Trump 2.0
Nach den US-Wahlen dürfte die Welt wirtschaftspolitisch ruppiger werden. Die EU ist dem aber nicht schutzlos ausgeliefert. Sie muss ihre Macht nutzen.
N och ist Donald Trump nicht zurück im Oval Office. Aber in den vergangenen Tagen ist seine Rückkehr sehr viel wahrscheinlicher geworden. Es bleibt also nicht viel Zeit für die EU, sich auf ein geopolitisches Worst-Case-Szenario vorzubereiten. Trumps außenpolitische Überzeugungen kennt man aus seiner ersten Präsidentschaft. In seiner Welt ist der Starke am mächtigsten allein, internationale Politik ist ein Nullsummenspiel – wenn einer etwas gewinnt, muss jemand anderes etwas verlieren.
Bei der Vorbereitung auf Trump 2.0 werden zunächst immer die Sicherheitspolitik und die Absicherung der Militärhilfe für die Ukraine genannt. Diese Priorisierung ist richtig, der Krieg in der Ukraine entscheidet über die Zukunft des Kontinents. Wenn es nicht gelingt, die russische Aggression zu stoppen, erübrigt sich vieles andere. Worauf sich Europa bei Trump 2.0 aber auch einstellen muss, ist, dass er die Wirtschaftskraft der USA wieder verstärkt als Waffe in der internationalen Politik einsetzen wird.
Da geht es nicht nur um Protektionismus – gerade hat er angekündigt, zum Schutz von US-Unternehmen pauschal zehn Prozent Zölle auf alle Waren aus dem Ausland erheben zu wollen –, sondern auch darum, Strafzölle und Sanktionen gegen Privatpersonen, einzelne Unternehmen und ganze Branchen als politische Triggerpunkte einzusetzen.
Vorauseilender Gehorsam der Europäer
Mit dem Office of Foreign Asset Control (OFAC) verfügen die USA über eine extrem mächtige Sanktionsbehörde. Die Angst, vom wichtigen US-Markt und vom Dollar als internationaler Leitwährung ausgeschlossen zu werden, lässt europäische Unternehmen und vor allem Banken auch kleinste außenpolitische Veränderungen in Washington beobachten und oft schon im vorauseilenden Gehorsam ihr Verhalten anpassen.
Wie wenig die EU dem bisher entgegenzusetzen hat, zeigte der Streit um das Iran-Nuklearabkommen während Trumps erster Präsidentschaft. Nachdem Trump es 2018 einseitig aufgekündigt hatte, wollte die EU zu diesem Zeitpunkt noch daran festhalten und europäischen Unternehmen weiter Handel mit dem Iran ermöglichen. Aus Angst, auf einer OFAC-Liste zu landen, zogen sich aber praktisch alle europäischen Firmen zurück – obwohl die US-Sanktionen auf EU-Gebiet keine rechtliche Gültigkeit hatten.
Drohungen mit Gegenmaßnahmen werden ernst genommen
Zu den Aufgaben der gerade wiedergewählten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen müsste es daher gehören, den Aufbau eines EU-Sanktionsbüros ähnlich dem OFAC voranzutreiben und die Zustimmung dazu unter den Mitgliedsstaaten zu organisieren. Seit vergangenen Jahr hat die EU zwar einen Sanktionskoordinator, doch verfügt der nur über sehr beschränkte Befugnisse und keine eigene Behörde.
Nur wer glaubhaft mit ähnlich schmerzhaften Gegenmaßnahmen drohen kann, würde bei Verhandlungen mit einer möglichen Trump-2.0-Regierung ernst genommen. Noch wichtiger wäre, das Einstimmigkeitsprinzip in der Außen- und Sicherheitspolitik zugunsten qualifizierter Mehrheitsentscheidungen abzuschaffen. Nur darauf zu hoffen, dass Trump-Fan Viktor Orbán bei wichtigen Abstimmungen vor die Tür geht, ist auf Dauer keine Lösung.
Orbán und seinen Bruder im Geiste, den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico aber dazu zu bringen, einer solchen Reform zuzustimmen und damit selber auf einen Machthebel zu verzichten, dürfte sehr schwer werden. Dennoch: Die EU ist einer Welt, in der es zunehmend ruppiger zugeht, nicht schutzlos ausgeliefert. Sie hat Macht, wenn sie sich richtig aufstellt. In einer zweiten Trump-Präsidentschaft wird sie lernen müssen, diese auch gezielt einzusetzen.
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