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Wie bei KafkaBerliner Aktenfresser schlagen zurück

Das Amtsgericht verlangt von einer Zeugin immer wieder „Nachweise“ wegen Verdienstausfalls. Keiner kann sagen, was für „Nachweise“ es sein sollen.

Die Akten im „Fall Melanie Knies“ haben einen beachtlichen Umfang erreicht. Bild: dpa

BERLIN taz | „Um ehrlich zu sein, habe ich Ihren Brief dreimal lesen müssen, um zu merken, dass Sie es offensichtlich ernst meinen“, schreibt Melanie Knies an das Amtsgericht Tiergarten (hier der gesamte Schriftwechsel). Seit Monaten versucht sie, dass das Gericht ihr den Verdienstausfall von 111 Euro und 56 Cent erstattet. Den hatte sie, weil sie als Zeugin in einem Strafprozess aussagen sollte.

Der Fall an sich ist eigentlich unspektakulär – würde er nicht beispielhaft zeigen, dass an so manchem Gericht jedes Gespür für die Lebensrealitäten vieler Menschen dieser Stadt fehlt. Zwei Kulturen prallen dabei aufeinander: die von Richtern, die auf Lebenszeit ernannt werden und Teil einer Bürokratie sind. Und die von Menschen, die sich irgendwie mit verschiedenen Jobs und Auftraggebern über Wasser zu halten versuchen.

Es beginnt mit einem Verkehrsunfall vor über einem Jahr. Melanie Knies beobachtet, wie ein Vespafahrer dabei leicht verletzt wird. Sie geht zu ihm hin, gibt ihm ihre Visitenkarte, falls er eine Zeugin braucht.

Im Februar 2013 bekommt sie Post vom Amtsgericht: Es sei „erforderlich, Sie als Zeugin zu vernehmen“, sie solle am 21. März um 9 Uhr bei Gericht erscheinen. Für den Tag hatte Melanie Knies eigentlich einen Auftrag bekommen: Sie arbeitet tageweise und freiberuflich für eines dieser Busunternehmen, bei dem man einmal 10 Euro zahlt und an jeder Station einsteigen und aussteigen kann, und während der Fahrt erklären einem Tourguides wie Melanie Knies die Stadt. Knies sagt also ihren Auftrag ab.

Zwei Wochen vor dem Gerichtstermin kommt ein neuer Brief: Die Verhandlung ist auf den 16. Mai verschoben. An dem ursprünglichen Termin hätte Melanie Knies jetzt also wieder Zeit, um als Tourguide zu arbeiten – aber die Firma hat diese Fahrt inzwischen an jemand anderen vergeben.

Sie darf wieder gehen

Die Verhandlung wird dann noch ein weiteres Mal verschoben. Und dauert dann für sie nur 30 Sekunden: Melanie Knies wird hereingerufen. Das Gericht teilt ihr mit, dass ihre Aussage nicht benötigt wird. Sie kann wieder gehen.

Für den ersten Termin hätte Melanie Knies nun gern die Entschädigung für den Verdienstausfall. Steht schließlich ja auch so im Gesetz. Und in den „Wichtigen Hinweisen“, die jeder Zeuge erhält. Im Absatz zu „Verdienstausfall“ heißt es: „Sind Sie selbstständig oder freiberuflich tätig, bringen Sie bitte entsprechende Unterlagen (z. B. Handwerkerkarte, Gewerbeschein usw.) mit.“ Melanie Knies schickt dem Gericht eine Kopie des Gewerbescheins sowie eine Bescheinigung vom Busunternehmen, dass sie für den Tag eigentlich als Tourguide arbeiten sollte und dabei 111,56 Euro verdient hätte.

Das Gericht prüft den Antrag – zwei Monate lang. Und sieht auf dem Gewerbeschein, auf wie vielen Feldern Melanie Knies aktiv ist – oder zumindest zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung aktiv sein wollte: Consulting in Tourismus und Gastronomie, Stadtführungen, hundegestützte Therapie. Alles Bereiche, in denen es nach Vorstellungen des Gerichts offenbar eine große, bisher unbefriedigte Nachfrage gibt und sich jederzeit neue Aufträge akquirieren lassen.

„Sie wurden rechtzeitig umgeladen, sodass genügend Zeit blieb, Ihre beruflichen Termine umzuplanen“, schreibt das Amtsgericht Tiergarten an Melanie Knies. „Aufgrund der eingereichten Gewerbeanmeldung wird davon ausgegangen, dass es Ihnen möglich gewesen wäre, andere Tätigkeiten an diesem Tag auszuüben.“

Melanie Knies beschreibt in der Antwort Ihre Situation: „Aktuell lebe ich hauptsächlich von Trainereinsätzen und von Einsätzen als Tourguide. Therapiehundeinsätze gibt es derzeit nicht. Um also diese Termine miteinander zu koordinieren, stehen Aufträge mindestens einen Monat im Voraus fest – mindestens.“ Sie habe versucht, schnell einen neuen Auftrag zu ergattern. Das habe sich aber als unmöglich herausgestellt. „Wenn Sie allerdings wissen“, fährt Melanie Knies fort, „wie so etwas funktioniert, dann bin ich für jeden Tipp dankbar.“

Das Amtsgericht prüft den Fall weitere drei Monate. Und antwortet: „Können Sie dartun/nachweisen, dass Sie Bemühungen angestrengt haben, für den infrage stehenden Tag neue Termine zu bekommen? Können Sie dartun/nachweisen, warum Sie in der frei gewordenen Zeit nicht andere Tätigkeiten entsprechend Ihrer Gewerbeanmeldung ausgeübt haben? Haben Sie sich um solche Tätigkeiten bemüht? Haben Sie darüber Nachweise?“

Dies ist der Brief, den Melanie Knies dreimal lesen muss, um zu merken, dass das Gericht es ernst meint.

Jetzt mal eine Gegenfrage

Sie fragt jetzt zurück: Was habe die Bearbeitung des Falles bisher gekostet, ist der Aufwand der Sache angemessen, wird so wohl der Stau bei der Bearbeitung solcher Anträge abgearbeitet? Und: „Glauben Sie, dass Sie mit der Vorgehensweise dem Image der öffentlichen Hand dienen?“

Ihre wichtigste Frage aber: „Welche weiteren Bemühungen möchten Sie denn gerne wie dargetan bekommen?“ Immerhin liegt die Angelegenheit zu diesem Zeitpunkt schon fast ein halbes Jahr zurück. Wie soll sie da noch nachweisen, mit wem sie damals telefoniert hat?

Diesmal kommt die Antwort vom Gericht bereits nach zehn Tagen: „Leider haben Sie die von mir gestellten Fragen, […] um deren Beantwortung ich Sie gebeten hatte, erneut nicht beantwortet. Ich gebe Ihnen Gelegenheit, mir die entsprechenden Nachweise binnen zehn Tagen einzureichen.“ Würde sie dem nicht nachkommen, „werde ich nach Aktenlage entscheiden“.

Melanie Knies schreibt zurück: „Ich habe Ihnen sage und schreibe sechs durchnummerierte Fragen geschickt, von denen Sie nicht eine einzige beantwortet haben. Ich gebe Ihnen Gelegenheit, mir die entsprechenden Antworten binnen einer Woche einzureichen. Sollten Sie dem erneut nicht nachkommen, werde ich nach Gemütslage entscheiden.“

Widerspruch? Geht nicht

Am Amtsgericht verfasst nun die zuständige Richterin einen drei Seiten langen, förmlichen Beschluss mit Wappen und allem: „Auch wenn es für die Antragstellerin ärgerlich ist, dass ihr durch die Terminabsage der in Aussicht gestellte hohe Tagesverdienst entgangen ist, war es ihr zuzumuten, den Tag mit anderen Tätigkeiten entsprechend ihrer beruflichen Selbstständigkeit zu füllen oder sich für die verbleibende Zeit Tätigkeiten aus den anderen Bereichen ihrer Selbstständigkeit zu suchen.“

Außerdem sei Melanie Knies „mehrfach darauf hingewiesen worden, dass sie Nachweise dafür beibringen muss, dass sie in der Zeit ab Erhalt der Umladung hinreichende Anstrengungen unternommen hat, die frei gewordene Zeit durch andere Tätigkeiten im Rahmen ihrer Gewerbeausübung auszufüllen.“ Ein Widerspruch ist unmöglich: „Dieser Beschluss ist unanfechtbar.“

Die taz fragt bei Gerichtssprecher Tobias Kaehne an: Welche Nachweise würde das Gericht akzeptieren? Und sollte nicht gleich zu Beginn in den „Wichtigen Hinweisen“ für Zeugen darauf hingewiesen werden, solche Nachweise aufzubewahren?

Tobias Kaehne antwortet: „Welche Nachweise nötig sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Das hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Aus diesem Grunde dürfte es auch nicht weiterhelfen, weitere Hinweise in die Formulare aufzunehmen.“

Man kommt sich vor wie in einem Roman von Kafka. Dort wird ein Angeklagter immer wieder vor Gericht gerufen. Aber niemand will ihm sagen, was ihm überhaupt vorgeworfen wird. Hier werden immer wieder „Nachweise“ verlangt, aber niemand kann sagen, was das eigentlich sein soll.

Melanie Knies sagt, sie werde sich in Zukunft gut überlegen, ob sie sich bei einem kleineren Verkehrsunfall noch einmal als Zeugin zur Verfügung stellt.

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45 Kommentare

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  • R
    Reinhold

    Sorry, Mike, aber erkläre bitte mal, warum das von PGH Geschriebene Quatsch sein soll...

     

    Die Richterin hat die Antragstellerin zweimal auf ihre Darlegungs- und Nachweispflichten hingewiesen. Diese wären auch nicht schwer zu erfüllen gewesen, ich verweise auf den Beitrag von Normalo von Freitag, 15.16 Uhr.

     

    Was macht aber die Antragstellerin: Aus ihrer Verägerung heraus wegen einer zugegeben längeren Bearbeitungszeit wenig Zielführendes an der Sache vorbei schreiben... In diesem Zusammenhang sind auch die belehrenden Komma-Hinweise in dem Einspruchsschreiben der Antragstellerin zu sehen.

    • @Reinhold:

      sorry, aber... selbständige haben keine weitergehenden "Darlegungs- und Nachweispflichten", so Meyer/Höver/Bach, JVEG-Kommentar, zu §22 JVEG. eben weil ihnen in aller regel der nachweis, dass sie sich vergeblich um was anderes als ersatz für das ausgefallene bemüht haben, nicht möglich ist.

      das problem liegt darin, dass die urkundsbeamtin sich nicht traute, einen ganztägigen verdienstausfall für einen termin, der vermutlich nicht länger als zwei angefangene stunden gedauert hättr, anzuerkennen. statt nun aber zwei bis vier stunden zuzüglich kilometergeld festzusetzen, hat sie sich rat bei der stelle geholt, die ihre aufgabe darin sieht, einen weg zu finden, wie möglichst garnicht entschädigt werden muß. das konnte für die zeugin nur übel ausgehen.

  • M
    Michael

    In der Regel erhalten Selbstständige überhaupt keine Zeugenentschädigung, man erwartet von ihnen ganz selbstverständlich, selbst wenn durch die Anreise zu einem weiter entfernten Gericht mehrere Tage verloren gehen sollten, dass die verloren gegangene Zeit nach gearbeitet wird.

     

    In den seltenen Fällen wie hier, wo ein Auftrag nachweislich verloren geht, verweist man dann eben darauf, dass man ja einen anderen Auftrag hätte annehmen können oder Verwaltungstätigkeiten hätte nachgehen können. Das ist hochgradig unrealistisch bei einem Tagesverdienst von 111 €, rechnet man das mit 20 Arbeitstagen, lebt die gute Frau mit dem verbleibenden Nettoeinkommen knapp oberhalb des Hartz-IV-Niveaus, vorausgesetzt, sie hat genügend Aufträge. Denn, der Selbstständige muss auch seine Zukunftssicherung komplett aus eigener Tasche bezahlen.

     

    Selbst bei Reisespesen machen die Gerichte Probleme. Als ich noch in Oberbayern lebte musste ich zu einem Gerichtstermin in Köln. Mit der Bahn wäre es zwar prinzipiell möglich gewesen, pünktlich bei Gericht zu erscheinen, jedoch nur, wenn es unterwegs nicht eine einzige auch nur kleine Verspätung gegeben hätte, bereits eine Verspätung von 3-4 min hätte ausgereicht, um den Anschlusszug zu verpassen. Deshalb hatte ich mich entschlossen, bereits am Abend vorher mit dem Auto zu fahren und in einem sehr günstigen Hotel auf dem Land, etwa 60 km von Köln entfernt, zu übernachten.

     

    Ich bekam lediglich die Kosten einer Bahnfahrt zweiter Klasse ersetzt, die Hotelübernachtung wurde nicht übernommen. Wenn ich allerdings durch eine Verspätung nicht zum Termin erschienen wäre, hätte ich damit rechnen müssen, vor der nächsten Verhandlung festgenommen zu werden und mit einem Gefängnistransport zum Gerichtsort gebracht zu werden.

     

    Die Götter in schwarz haben ihre eigene Weltsicht, die unter anderem aus einer nahezu unumschränkten Macht resultiert. Auch gegenüber Zeugen.

    • @Michael:

      Bei der Zeugenentschädigung richtet sich die Erstattungsfähigkeit der Kosten nach § 91 ZPO. Darin wird erläutert, dass die Vorschriften für die Entschädigung von Zeugen Anwendung finden, die in § 19 ff JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) normiert sind. Einfacher geht's anscheinend nicht. Meines Wissens gibt es darin keine Sonderregelungen zum Vorteil oder Nachteil von Selbständigen. Nach diesen Regelungen werden z.B. auch Sachverständige und der Kläger selbst entschädigt. Das wird sehr rigide ausgelegt und dabei schwingt unterschwellig immer auch ein unausgeprochener Vorwurf der Bereicherung mit. Tatsächlich bleibt die Zeugenentschädigung dabei praktisch immer unter den entstandenen Kosten, was rechtlich sehr zweifelhaft ist, weil es sich ja um verbindliche Ladungen und somit auch um unvermeidliche Kosten handelt. Besonders ärgerlich sind die nicht seltenen Fälle, in denen Zeugen, die dem Gericht nicht in den Kram passen, mehrmals vorgeladen werden, ohne dann jemals aussagen zu müssen. Dagegen kann man sich kaum wehren, weil auch Beschwerden bei Gericht systematisch ins Leere laufen. Vom Charakter her ist eine Vorladung gewissermaßen eine Dienstverpflichtung. Die Zeugenentschädigung ließe sich daher weitaus angemessener nach den allgemeinen Regeln für Dienstreisen gestalten, die zwar auch nicht kostendeckend sind, für die man aber kein Jurastudium benötigt.

  • S
    Sonnenschein

    So, gestern konnte ich auch endlich mal den Schriftverkehr lesen, da der Link funktionierte. :) Ja, was soll man dazu sagen? Es ist jetzt die Aufgabe von Herrn Heilmann, den Gerichtspräsidenten und das gesamte Gerichtspersonal zu feuern. Da hilft nur noch der eiserne Besen.

  • S
    Schade

    Der Link zu den Dokumenten ist kaputt.

    • Sebastian Heiser , Autor des Artikels,
      @Schade:

      Danke für den Hinweis, ist korrigiert!

  • Es scheint, als würde man als Zeuge, sobald man Ansprüche geltend machen will, durch dieselben bürokratischen Mühlen gedreht, wie jeder Hartzer auch.

    Als Zeuge bin ich noch nie berufen worden, s´der Schriftverkehr, bzw. dessen Ton seitens der Justiz, kommt mir aus meiner Karriere sehr bekannt vor!

  • Köstlich! Leider kein Einzelfall. Der Ablauf kommt mir sehr bekannt vor. Ich würde es begrüßen, wenn es ein bundesweites Forum gäbe, in dem Erfahrungen mit deutschen Gerichten und Rechtsanwälten publiziert würden. Aber wahrscheinlich sprengt das insgesamt die Möglichkeiten des Internets. Der gesamte Justizbereich konnte sich doch nur deshalb in den letzten Jahren so merkwürdig entwickeln, weil es an der - vom Gesetzgeber eigentlich geforderten - Öffentlichkeit mangelt. Da ist der Begriff "Parallelwelt" mal wirklich angebracht.

  • T
    toyak

    Ihre Ausführungen zeigen, dass Sie die Kritik nicht verstanden haben.

    Es geht darum, dass das Gericht der Zeugin nicht genau gesagt hat, was es von ihr will.

    Das Gericht hätte direkt fragen müssen, ob die Zeugin andere Aufträge in anderen Tätigkeitsbereiche übernehmen könnte.

    Wenn die Zeugin sagt, ich habe einen Auftrag verloren, dann liegt ihr Verdienstausfall genau darin. Nur dann, wenn dem Gericht bestimmte Tatsachen vorschweben, die darauf schließen lassen, dass die Zeugin den Verdienstausfall doch noch anderweitig ausgleichen konnte, hätte das Gericht konkret schreiben sollen und müssen, warum es diesen Verdienstausfall nicht anerkennen will.

    Die Höhe spielt dabei auch eine Rolle. Meines Erachtens legt die Höhe des geltend gemachten Betrags auch nicht die Annahme nah, dass sich die Zeugin hier bereichern will.

    Wenn aber im Beschluss das Gericht selbst davon ausgeht, dass der Betrag zu hoch sei, dann ist das für mich ein Zeugnis dafür, dass die Richterin auf einer anderen Planeten lebt.

    Man muss auch berücksichtigen, dass die Zeugin gezwungen ist, vor dem Gericht aufzutreten.

     

    Warum das Gericht sich aber auf stur stellt, erschließt mir gar nicht.

    • W
      Walter
      @toyak:

      Solche Artikel sollte es viel öfter geben. Vielleicht nicht täglich, aber einen im Monat und dann auch mal dran bleiben, wie bei Mollath. Die Kritik am Gericht hätte auch ruhig sehr viel derber ausfallen können. Gut, "Wie bei Kafka" ist schon eine derbe Klatsche, aber viele Leser werden die Anspielung nicht verstehen, weil sie Kafka nicht gelesen haben.

  • Sebastian Heiser , Autor des Artikels,

    Ja, ich habe den Schriftverkehr gelesen, bevor ich über den Fall geschrieben habe.

    • Sebastian Heiser , Autor des Artikels,
      @Sebastian Heiser:

      Das war übrigens eine Antwort auf die Frage von "JDeckart"...

  • G
    gast

    Der Fall an sich ist eigentlich unspektakulär – würde er nicht beispielhaft zeigen, dass an so manchem Gericht jedes Gespür für die Lebensrealitäten vieler Menschen dieser Stadt fehlt.

     

    Die Lebensrealität fehlt nicht nur in dieser Stadt und nicht nur bei diesem Gericht, die fehlt den Politikern doch genauso, sonst könnten sie nicht "Reformen" gegen das eigene Volk durchziehen.

  • J
    JDeckart

    Liebe TAZ

    es ist mal wieder schön zu sehen wie ihr Artikel schreibt.

    Hat sich ein Redakteur einmal den Schriftverkehr angesehen?

    Bloss weil man meint mit dieser Dame fühlen zu müssen, sollte man die Fakten nicht außer acht lassen.

    Das Amtsgericht hat den Verdienstausfall abgelehnt weil nicht nachgewiesen wurde, dass Sie nicht andere Tätigkeiten ausgeführt hat, es wurde nur die Erklärung eines Auftraggebers beigefügt. Auf Nachfrage wurden weder weitere Regelmässige Auftraggeber, für Selbstständige durch aus üblich mehr als einen Auftraggeber zu haben (Scheinselbstständigkeit), genannt noch sonst irgendwie dargelegt, dass an diesem Tag nicht produktiv gearbeitet werden konnte. Also leider mal eine verständliche Entscheidung unserer Gerichte.

     

    An die Redarktion noch: Bitte stellen sie sich den gleichen Fall mit einem Spitzenfreiberufler der nicht 110 € am Tag sondern das 10fache verdient vor, wäre es dann immer noch Kafkaes?

    • @JDeckart:

      ja, das wäre genauso kafkaesk.

      denn in beiden fällen würde als zeuge geladener mensch zum angeklagten menschen, sobald/weil verdienstausfall geltend gemacht. der zzudem etwas tun müßte, was unsere rechtsordnung nicht vorsieht, nämlich: den beweis seiner unschuld führen.

    • E
      emil
      @JDeckart:

      es wäre auch dann noch kafkaesk. der aufhänger ist ja nicht die höhe, die für eine lappalie sprechen würde, sondern der umstand, dass das gericht nicht in der lage ist zu formulieren, worin die geforderten nachweise bestehen sollen. etwas zu fordern ohne zu wissen, was gewünscht ist - das ist das groteske daran.

  • E
    emil

    schon etwas gaga. da erklärt das gericht ja groß und breit erstattung bla alles kein problem und dann geht es wohl doch nicht so einfach?!

    so ärgerlich das ist, knies hat zu sehr den aufstand geprobt, als würde sie an einer supermarktkasse rebellieren. das funktioniert mit solchen festgefahrenen institutionen leider schwerlich. die müssen schon in ihre sprache angesprochen werden ;)

  • M
    Matthias

    Sicherlich ärgerlich für die Frau, aber wenn man mal von der "Aussage" des Autors dieses Artikels sich löst, kann man ja mal andersherum fragen, ob man es gut fände, wenn die Staatskasse "auf Zuruf" ohne jegliche kritische Nachfrage solche Beträge an Zeugen zahlt. Das wäre dann wieder ein andersherum gestrickter Artikel über Verschwendung von Staatsgeldern wert, vermute ich. Nach dem Motto: "Schuld ist auf jeden Fall das dumme Gericht".

  • P
    PGH

    Das Gericht hat nach einer nachvollziehbaren Darstellung der Situation gefragt. Hätte Frau Knies beim Gericht angerufen und die Sache mündlich erklärt oder nochmals schriftlich ausführlich für jemanden dargestellt, der nicht in ihrer Situation steckt, hätte sie ihr Geld vermutlich.

     

    Sebstverständlich kann man richterliche Schreiben nicht nett finden. Wenn man allerdings so schnippisch antwortet, wie die Dame hier, muss man mit den Konsequenzen rechnen, insbesondere wenn man mehrmals ausdrücklich auf die Konsequenzen einer fehlenden inhaltlichen Antwort hingewiesen wird.

    • W
      Wahrheitssuchender
      @PGH:

      Zu "Nachvollziehbare Darstellung"

       

      Wenn die Dame das nächste Mal eine Ladung vom Gericht bekommt, wird sie nach einer nachvollziehbaren Darstellung der Situation fragen, warum Ihre Aussage so wichtig ist, warum ausgerechnet an einem Tag, wo sie einen Job hat etc. pp.

      Das Gericht, und auch der betroffene Unfallgeschädigte, wird dann, wenn schnippisch geantwortet wird, mit der Konsequenz rechnen müssen, dass die Zeugin nicht erscheint, und ihr eh läppisches Tageseinkommen, wofür ein Richter noch nicht mal seine Robe anziehen würde, geschweige denn arbeiten, höher priorisiert. Das Gericht könne die Dame ja auch anrufen, und die Sache fernmünlich klären.

       

      Bei einem Tagessatz von 111 Euro brutto zu unterstellen, man wolle sich bereichern, ist eine bodenlose Frechheit von einem Rechtsgelehrten, der mindestens 200 Euro pro Stunde für eine Rechtberatung in der freien Wirtschaft verlangen würde.

      On Top wird dann auch noch ignoriert, dass die erfolglose Aquise eines neuen Auftrags auch Arbeit war, die eine Vergütung wert wäre, zumindest aber weitere Kosten verursacht hat, von dem ganzen nutzlosen Behördenschriftverkehr mal abgesehen. Noch nicht mal, dass die Frau sich nicht auch für den 2. Termin "zweck Bereicherung" einen Auftrag gesucht hat, wird honoriert.

    • T
      thogo
      @PGH:

      Sie hat noch nicht schnippisch genug geantwortet auf diese unverschämten, dreisten und beleidigenden Unterstellungen der vom Primärsteuerzahler gemästeten Gerichtsbürokratie.

       

      Tucholsky ist halt zeitlos:

      Deutschlands Schicksal: Vor dem Schalter zu stehen. Deutschlands Ideal: Hinter dem Schalter zu sitzen.

    • A
      Arcater
      @PGH:

      Hm. Ist es nicht sinnvoller, hier eine Grenze anzusetzen, bis zu deren Erreichen die Beträge ausgezahlt werden? Zumindest dann, wenn der Verdienstausfall wie hier plausibel erklärt wird.

       

      Die schnippischen Antworten sind wohl selbst verschuldet, wenn trotz der eingereichten Unterlagen immer weitere Beweise verlangt werden, Das scheint einfach unverhältnismäßig zu sein.

       

      Es wäre natürlich sehr schön, wenn auch in anderen Bereichen so akribisch vorgegangen wäre. Zum Beispiel bei dem Kauf von Drohnen oder dem Bau des BER. Aber das ist dann wohl eine ganz andere Baustelle...

    • @PGH:

      was ist denn an der mitteilung, man habe aufgrund der ersten ladung einen auftrag zurückgeben müssen und diesen nach umterminierung nicht wieder erhalten können und deshalb einen verdienstausfall erlitten, nicht nachvollziehbar?

      ich finde das nachvollziehbar genug!

      nicht mehr nachvollziehbar finde ich die aufforderung, nachzuweisen, man habe sich vergeblich um noch andere aufträge bemüht. durch die angabe "verdienstausfall" ist doch schon dargelegt, dass es keine anderen aufträge gab.

       

      die mit dieser aufforderung implizierte unterstellung, die zeugin wolle sich mit geltendmachung von verdienstausfall ungerechtfertigt bereichern, die ist eine unverschämtheit sondergleichen. schließlich kommt es nicht darauf an, was die zeugin sonst noch hätte arbeiten können, hätte sie einen anderen auftraggeber gefunden. sondern auf das, was der auftraggeber des zurückgegebenen auftrags schreibt, nämlich: der auftrag mußte ersatzlos gestrichen werden und konnte auch durch keinen anderen ersetzt werden. das muß zur glaubhaftmachung aussreichen.

      man fragt sich nun also, was die richterin geritten hat, sich von ihrer urkundsbeamtin auf solch eine meschuggene spur setzen zu lassen. die verteidigung der rechtspflege un des ansehens der justiz kanns nicht gewesen sein.

      • @christine rölke-sommer:

        Dass Bürokraten sich zuweilen unnötig abweisend und vor allem umständlich ausdrücken, ist auch wahr. Aber manchmal - und das hier ist so ein Fall - sind die Anfragen auch völlig handhabbar und werden eher aus der Anspruchshaltung heraus nicht verstanden, das Gewünschte doch bitteschön von wem anders machen lassen zu können.

         

        Grundsätzlich reicht es nämlich nicht, wenn Einem nachweislich EIN Auftrag durch die Lappen gegangen ist. Man sollte sich - wie man das bei z. B. einem verschobenen privaten Termin auch machen würde - schon kümmern, ob da nicht doch ein Lückenbüßer zu finden ist.

         

        Dieses "Kümmern" kann alle möglichen Formen annehmen - Emails, Telefonate, auch dauerhaft geschaltete Anzeigen in Zeitungen oder im Netz. Es muss nur plausibel sein, dass man nicht nach der ersten Absage den Tag einfach als frei verbucht hat nach dem Motto: "Papa Staat zahlt ja." Und DAS lässt sich in aller Regel auch nachweisen.

         

        Und: Im Gesetz steht nicht nur, dass der Zeuge Anspruch auf Verdienstausfall hat, sondern auch dass er die Grundlagen dafür selbständig darlegen muss und dass das Gericht keine Rechtsberatung zu leisten hat. Nur die Kohle wollen und es für die Pflicht des Gerichts halten, dafür den Weg frei zu machen, ist also ein wenig Rosinenpickerei.

         

        Zeugen- (oder auch Schöffen-)dienst ist Bürgerpflicht, so wie Steuern zahlen oder (früher) Wehr-/Zivildienst leisten. Es gibt keinen Anspruch darauf, dafür vom Staat von allen Unannehmlichkeiten befreit zu werden. Man nennt das "soziale Verantwortung". Es mag Einige hier verwundern, aber die gibt's nicht nur für böse "Reiche" mit dicken Brieftaschen.

        • @Normalo:

          was so alles im gesetz stehen soll!

          "Im Gesetz steht nicht nur, dass der Zeuge Anspruch auf Verdienstausfall hat, sondern auch dass er die Grundlagen dafür selbständig darlegen muss und dass das Gericht keine Rechtsberatung zu leisten hat."

          bloß dumm, dass sich das im zeugenentschädigungsG nicht finden läßt.

           

          mal so ganz lebenspraktisch: nachdem der 1.termin aufgehoben war, wird die junge frau sich schon "gekümmert" haben. die mußte nämlich am nächsten 1. miete zahlen. nur: für das, was an diesem tag an verdienst ausgefallen war, fand sich kein ersatz. steht laut und deutlich in der korrespondenz (leider funzt der link nicht mehr, sonst könnten wir zusammen lesen gehen).

          die junge frau sollte in die beschwerde gehen - der beschwerdewert übersteigt 50 juronen.

        • @Normalo:

          Zitat: "Zeugen- (oder auch Schöffen-)dienst ist Bürgerpflicht..."

          Wenn die Zeugin Ihrem Satz folgend "Papa Staat zahlt ja" gehandelt hätte, wäre auf ihrer Seite ein Rechtsanwalt gestanden, der nicht nur den Verdienstausfall, sondern auch seine Gebühren geltend gemacht.

           

          Nicht nur die Richterin, sondern auch Sie leben auf andere Planeten, wenn Sie von normalen Bürger verlangen, dass er gefälligst als Zeuge erscheinen soll und falls er seinen Verdienstausfall geltend macht, diese bis zum letzten Cents aufzuschlüsseln hat.

           

          Von dem bequemen Richterstuhl aus lässt sich vieles einfacher sagen und verlangen.

      • P
        PGH
        @christine rölke-sommer:

        Das Gericht hat darauf abgestellt, dass Frau K. erklären sollte, warum sie keinen Ersatzauftrag bekommen konnte, obwohl sie laut ihrer Gewerbeanmeldung verschiedene Selbständigkeiten ausübt und obwohl für eine Selbständigkeit mehr als ein Auftraggeber erforderlich sind.

         

        Dies hat Frau K. nicht dargelegt, vgl. Brief des AG Tiergarten vom 08.08. Dort wird explizit gefragt:

         

        - ob Frau K. sich bemüht hat, andere Tätigkeiten entsprechend ihrer Gewerbeanmeldung auszuüben

         

        - ob sie dies nachweisen kann

         

        Dies hatte sie nicht angegeben, sie hat lediglich pauschal erklärt, das sei nicht möglich gewesen. Das kann man glauben, muss man aber nicht.

         

        Das Gericht hat sogar mit Schreiben vom 30.08. darauf hingewiesen, dass die Fragen im Schreiben vom 08.08. nicht beantwortet wurden. Trotzdem hat Frau K. es vorgezogen, diese nicht zu beantworten und ist nun enttäuscht, dass die vom Gericht angekündigten Konsequenzen eingetreten sind. Das passt einfach nicht.

         

        Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass Frau K. ein Verdienstausfall von 93,75 € entstanden ist, sie aber 111,56 € fordert. Die MwSt hätte sie bei durchgeführtem Auftrag abführen müssen, eine Erstattung vom Gericht erfolgt jedoch ohne MwSt.

        • @PGH:

          das ist es ja! SIE soll darlegen, WARUM sie keinen ersatzauftrag bekommen konnte. wozu?

          was will denn das gericht da erforschen?

          soll/darf es das überhaupt im zeugengebühren-etc-erstattungsverfahren?

          das gericht hatte alles bekommen, was es brauchte (wie man in dem link lesen könnte, wenn er denn noch funzte).

          gut, ich hätte den ganzen sums noch mal als eidesstattliche eingereicht. und hätte dabei auch nicht angegeben, von wem ich sonst noch als tour-guide angeheuert werde.

          ne, die frau wurde behandelt als sei einen tag lang als tour-guide arbeiten nen quickie, für den sie bei ausfall an der nächsten ecke leicht nen anderen freier finden könnte.

          und das mit der MwST - geschenkt, am rande.

          • P
            PGH
            @christine rölke-sommer:

            Ich kenne die Voraussetzungen des JVEG nicht.

             

            Grundsätzlich gilt aber, dass jemand, der vor Gericht etwas will, beweisen muss, dass er hierauf einen Anspruch hat. Ein Anspruch bestünde, wenn ein Schaden entstanden wäre und es Frau K. nicht möglich war, diesen (mit zumutbaren Anstrengungen) zu verhindern. Eine "Unschuldsvermutung" gibt es in diesem Bereich nicht.

             

            Wenn diese Grundsätze hier auch gelten, kann ich nachvollziehen, dass das Gericht aus den Schreiben der Frau K. nicht entnehmen konnte, dass sie sich um eine Alternative bemüht hat, weil hierzu keinerlei Details geschildert wurden. Das Gericht kann nicht wissen, wie leicht Frau K. einen anderen Job für den Tag finden konnte. Ein einfaches "geht nicht" ist aus meiner Sicht etwas wenig, insbesondere wenn man gleichzeitig seitenweise nicht relevanten Text schreiben kann.

            • @PGH:

              ganz grundsätzlich: frau K. wollte nichts vom/vor gericht, sondern das gericht wollte etwas von ihr (ihre zeit, ihre aussage, ihre anreise) und sagte dazu "es soll dir daraus kein schaden entstehen". also hat frau K. so wie der auftraggeber es erwarten kann den auftrag zurückgegeben, als die terminsladung sie erreichte. und damit war der schaden, nämlich der verdienstausfall, eingetreten.

              was auch kein problem gewesen wäre, wäre nicht umterminiert worden. da hätte nämlich genau diesselbe richterin, die nun den unanfechtbaren (aber mit der beschwerde angreifbaren) beschluß rausgehauen hat, einfach das entsprechende formular unterschrieben und hätte nicht etwa gefragt, ob die frau K. nach dem termin noch mit was anderem geld verdienen könnte oder gar, warum sie denn verabsäumt hätte, sich einen anderen zeitlich passenderen auftrag für denselben tag zu aquirieren. wieviel die frau K. dann vom verdienstausfall hätte erstattet bekommen, das ergibt sich aus dem gesetz. alldieweil da drin steht, wieviel allerhöchstens für einen tag erstattet werden darf.

              im übrigen hätte bei verständigem lesen das gericht sehr wohl bereits dem ersten schreiben entnehmen können, dass es frau K. nicht gelungen war, einen ersatz-auftrag zu aquirieren.

              das gericht behandelt sie jedoch so, als hätte sie unverschämterweise beim AG Tiergarten (und nicht beim örtlich zuständigen jobcenter) einen aufstockungsantrag gestellt.

              der könnte allerdings jetzt nötig werden, da ja frau K. von irgendwas ihre miete zahlen muß.

    • H
      Hans
      @PGH:

      Hätte Sie bei Gericht angerufen, um die Sache mündlich zu erklären hätte man ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit geantwortet: "Für telefonische Auskünfte diesbezüglich stehen wir leide rnicht zur Verfügung. Bitte treten Sie mit uns auf schriftlichem Wege in Kontakt."

       

      Sie scheinen die Judikative nicht ausreichend zu kennen.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @PGH:

      Oh, der Präsident des Gerichtshofes hat persönlich kommentiert. Nicht genügend ausgelastet, wie?

    • M
      Mike
      @PGH:

      Sorry - was ein Quatsch....

      DU arbeitest bei Gericht? Bist Anwalt? Oder Richter?

      Muss wohl, ansonsten hättest du das nicht geschrieben....

  • W
    Wahrheitssuchender

    Es geht noch viel krasser:

    Ich hatte mal ungefähr zu gleicher Zeit 3 Klagen gegen das Jobcenter gewonnen und im Anschluß daran eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten für alle 3 Fälle auf einmal von insgesamt pauschal 25 Euro für Papier, Porto, Fahrtkosten etc. beantragt. Dies forderte erst mal eine gewaltige Schriftverkehrs-Orgie über die Gerichtsgeschäftsstelle in Sachen geeigneter Nachweise über mehrere Monate, weil das Jobcenter mit höchster Akribie jeden Cent einzeln in Zweifel zog. Das diese Orgie weitere Kosten, vor allem für die beteiligten Behörden, nach sich zog, störte dabei nicht. Allein das Kopieren der Belege von Cent-Beträgen forderte weitere 2,50, vom zusätzlichen Porto mal ganz abgesehen. Zum Finale wurden mir dann in jeder Sache einzeln per mehrseitigem Gerichtskostenbeschluss insgesamt 24,13 Euro an Kosten zugestanden. Um 87 Cent zu sparen, wurden mit Sicherheit 10 Arbeitsstunden verbraten, die andere dringende soziale Notfäller sicher dringen gebraucht hätten, und weitere zusätzliche Kosten generiert. Allein die 3 Sendungen per Postzustellungsurkunde dürften an die 50 Euro an Gebühren gekostet haben. Mir wurde dennoch nicht alles erstattet, die ca. 50 Cent Stromkosten für die Benutzung des Computers zur Erstellung der Schriftstücke und die mit 5 Cent pro Seite eher zu niedrig angesetzten Kosten für Druckertinte wurden mit der höchstrichterlichen Entscheidung, dass dies nicht erstattungsfähige Allgemeinkosten sind, abgelehnt.

    Seit dem schreibe ich nur noch handschriftlich mit Erfolg --> Es hat sich bisher noch keiner getraut, über meine eher schwer lesbare Handschrift, mehrfache Streichungen, bepfeilte Vor- und Rückverweise und Überschreibungen wegen nachträglicher Korrekturen beim Verfassen der Texte zu klagen, und die jetzt im Schnitt doppelt so hohen Kosten wegen mehr Papierverbrauch und deswegen höherem Porto werden anstandslos anerkannt. 8-)

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Wahrheitssuchender:

      Der Bürokratismus kostet wahrscheinlich genauso viel, wie die Sozialleistungen. Das fällt aber nicht auf, weil er einfach damit verrechnet wird. Wir finanzieren doch den Beamten nur ihre unkündbaren Jobs.

      • W
        Wahrheitssuchender
        @774 (Profil gelöscht):

        Nicht nur wahrscheinlich ... und das klärt auch die Frage, wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen zu finanzieren wäre. Der sündhaft teure Kontroll-Sanktions-Bürokratismus, der dann ja eingespart würde, stünde zur Verfügung für alle.

        Heute habe ich da gut Lachen, denn seit über einem Jahr geniese ich bereits BGE, siehe www.BGE-Kreise.de

      • G
        gast
        @774 (Profil gelöscht):

        und die Kosten die sie verursachen, der dumme Steuerzahler wehrt sich ja nicht.

  • D
    David

    Der Link zu dem Schriftwechsel lässt sich bei mir nicht öffnen.

     

    Mir bleibt fraglich, woher Sie wissen wollen, dass viele die gleichen Probleme mit Gerichten haben wie Melanie Knies.

     

    Melanie Knies könnte, wenn das nach dem Informationsfreiheitsgesetz möglich ist, die Akten des Amtsgerichts über sie einsehen. Vielleicht erfährt sie dann, dass hinter dem stoischen Gerichtssprech nur einige misstrauische Angestellte stecken, die ihr aufgrund von Vorurteilen gegenüber Selbstständigen ihre Version nicht glaubten.

     

    Kurz Selbstkritik zu meinem Kommentar von vorhin. Seit längerer Zeit köchelt in mir der Verdacht, dass die taz teilweise komische Vorstellungen über das Verhältnis von Menschen gegenüber Tieren hat. Wenn ich zum Beispiel von der Aufzucht und nicht Erziehung von Kindern lese. Tja, vorhin dachte der Verdacht - meine Augen fallen gleich zu -, dass er für seinen Verdacht einen Nachweis sah ... war aber wohl eher eine sciencefictionmäßige Schlagzeile vom Schlage Angriff der Killertomaten. Jutnacht.

    • Sebastian Heiser , Autor des Artikels,
      @David:

      Vielen Dank für den Hinweis zu dem Link, ist korrigiert!

  • G
    Gast

    Der Link im Artikel ist tot, oder=

    • Sebastian Heiser , Autor des Artikels,
      @Gast:

      Danke für den Hinweis, ist korrigiert!

  • TG
    Thorsten Gohrch

    Merke: Niemals Nie sollst Du als Zeuge aussagen. Das gibt nur Ärger. Schlimm genug das wir diese Madem im Speck mit unseren abgenötigten Steuergeldern mästen müssen.

  • D
    David

    Spannend! Muss ich nachher in Ruhe lesen, geht grad nicht auf die Schnelle, da die Überschrift mich ausgebremst hat. Meinen Sie mit Aktenfresser Melanie Knies? Ich mag keine rohen Tier-Wörter - Tiere fressen, Menschen essen! - in Beschreibungen für Menschen. Auch wenn das wie hier auf den ersten Blick witzig klingt. Auf den zweiten Blick: reißerisch. Ginge bestimmt auch anders der Titel, die Geschichte ist ja im Grunde die gleiche wie bei Asterix und Obelix bei den Römern, als die ein Formular suchen. Uralter menschlicher Konflikt Mensch contra Verwaltung.

    • F
      fr.osch
      @David:

      Hier wird kein Mensch beschrieben, sondern eine Institution, mithin eine Maschinerie. Die darf ruhig "fressen"... zudem ist das eine ironische Überspitzung, vergleichbar mit dem Filmtitel "Das große Fressen". Denn auch Menschen, die beim "Essen" das Maß verlieren, "fressen". Und um verlorenes Maß geht es hier allemal.

       

      Der Konflikt ist tatsächlich alt, aber offenbar immer noch ungelöst und wahrscheinlich dauerhaft unlösbar - wenn auf der einen Seite der einfache und ebenso gutgläubige wie gutwillige Bürger steht und auf der anderen Seite eine überbordende Bürokratie, die ihre eigene Existenz als Selbstzweck empfindet und dabei ihre eigentlichen Aufgaben so ineffizient wie nur irgend denkbar erledigt. Derlei Vorkommnisse sind einerseits belustigend, andererseits tragisch, und lassen sich leider nur mit humoristischem Blick ertragen.