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Widerstand nur im Konsens

Attac will sich morgen eine richtige Verfassung geben: Mit Delegierten und Repräsentation, aber „abgestimmt wird nur im Notfall“. Das Ziel, Weltbank oder EU abzuschaffen, dürfte in der neuen Selbstverständniserklärung keine Chance haben

von ULRIKE WINKELMANN

„Das ist natürlich ein Haufen sektiererischer Quatsch.“ Peter Wahl, Gründungsmitglied von Attac Deutschland, kann sich auch nicht erklären, wie die Forderung, die Europäische Union abzuschaffen, in die Grundsatzerklärung kommt, die mit „Was will Attac“ überschrieben ist.

Immerhin soll darüber aber heute und morgen auf dem „Ratschlag“, der Hauptversammlung des globalisierungskritischen Netzwerks, abgestimmt werden. Wahrscheinlich ist es nicht, dass die Forderungen der ganz besonders institutionenfeindlichen Attac-Teile – auch die Abschaffung von Weltbank, Internationalem Währungsfonds und der Welthandelsorganisation gehören dazu – eine Mehrheit finden. Aber: „Die Debatte müssen wir halt führen“, sagt Wahl.

Zum sechsten Mal seit der Gründung im Januar 2000 trifft sich Attac Deutschland, wieder einmal in Frankfurt am Main. Es wird dieses Mal ein besonderer Ratschlag werden: Denn die Organisation, mittlerweile auf über 6.500 Mitglieder angewachsen, bekommt nicht nur eine neue Selbstverständniserklärung, sondern auch eine Verfassung. Attac wird jetzt ein ganz normaler Verein. Nein, eine Partei. Nein, ein Buchclub. Nein, ein Dachverband für Ex-Grüne.

Mit der Frage der Identität fängt das Problem der Verfassungsgebung auch schon an: Wie will Attac seinen Charakter als Bewegung erhalten und sich gleichzeitig ein übersichtliches Mitbestimmungssystem geben? Wie sollen die Ortsgruppen mitwirken, wie die Gewerkschaften, Umweltschutzgruppen und Drittweltinitiativen? Klar ist, dass die Anforderungen an Attac seitens der Öffentlichkeit wachsen: Längst nicht mehr nur zu Fragen der wirtschaftlichen Globalisierung werden Stellungnahmen erwartet, auch zur Nahostpolitik und zum Bush-Besuch. Das komplizierte Thema „Gesundheitspolitk“ hat sich Attac Deutschland in diesem Jahr ganz selbst verordnet. Wie sollen der „Koordinierungskreis“, das bestimmende Gremium, und das Büro damit fertig werden?

Die Debatte im Vorfeld war von dem Konflikt um Konsens und Repräsentation bestimmt: Vor allem die „Linksruck“-Sparte von Attac verlangte, dass nur individuelle Mitglieder zählen; Delegierte wählen und bei der Zusammensetzung der bundesweiten Gremien mitstimmen sollten. Die Gründungsriege, die vor allem im „Ko-Kreis“ vetreten ist, wollte dagegen das Konsens-Prinzip und die Teilhabe der „korporativen Mitglieder“, also etwa der Gewerkschaften, erhalten. Dies hat sich im Wesentlichen durchgesetzt.

Der Verfassungsentwurf, der morgen vom Ratschlag abgestimmt werden soll, begrenzt zwar insgesamt den Einfluss der Organisationen bei Abstimmungen. „Grundsätzlich aber“, sagt Sven Giegold vom Attac-Büro, „soll nur im Notfall überhaupt etwas abgestimmt werden.“

Konsens, Konsens, Konsens ist das Mantra des Ko-Kreises. Nur wenn es Attac gelingt, Positionen zu bilden, gegen die es in der Attac-Öffentlichkeit keinen Widerspruch gibt, sei die Natur der Bewegung bewahrt. „Dadurch wird auch ausgeschlossen, dass es Machtkämpfe zwischen Interessengruppen gibt“, sagt Giegold. Das Vertrauen der Gründergeneration in die Selbsterhaltungskräfte von Attac ist ungebrochen – das Wochenende wird zeigen, ob sie damit Recht hat.

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