Widerstand anfeuern: Stille Nacht für Bambule
Die einfachen Rezepte zeitigen die heftigsten Risiken und Nebenwirkungen. Wie der Versuch von Schwarz-Schill, Wildwest-Prinzipien wiederzubeleben: Erst schießen, dann fragen – in Sachen Bambule wurde es zum Rohrkrepierer.
Kommentarvon SVEN-MICHAEL VEIT
Die jetzige Bereitschaft des Senats, mit den Bauwagenleuten zu verhandeln, ist mehr als ein Zeichen von Schwäche. Es ist das Eingeständnis einer polittaktischen Fehleinschätzung. Aus einer kleinen Zündelei wurde rasch ein Flächenbrand, der vollkommen außer Kontrolle zu geraten verspricht.
Ein paar Bauwagen sind der Kristallisationspunkt für die Wiederauferstehung der Protestkultur in Hamburg. Längst sind die Demos Ausdruck des Widerstandes gegen die gesamte Politik der Rechtskoalition: Sozialabbau, Bildungsnotstand, Anti-Terror-Terrorismus und natürlich das Symbol Schill als solches sind die Ziele.
Die erste Wirkung zeigte sich bereits in der Finanzpolitik. Das neuerliche Steuerloch will Schwarz-Schill durch Verkauf von Vermögen stopfen, nicht durch noch härtere Sparvorgaben. Ein zweites Jesteburg wäre politisch kaum zu überleben.
Das vom Bürgermeister verordnete Einlenken in Sachen Bambule hat noch ein weiteres Motiv: Den Druck von Einzelhandel und Handelskammer, die um das Geschäft mit Weihnachten fürchten. Bei stiller Nacht in der Mönckebergstraße hört für jeden hanseatischen Kaufmann die Freundschaft auf.
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