piwik no script img

Wider die Bausünde

■ Bezirksamt bietet Baukultur-Beratung in den Vier- und Marschlanden an

Die Vier- und Marschlande drohen, ihr Gesicht zu verlieren. 750 Jahre lang haben Bauern hier ihre Häuser hinter die Deiche gesetzt. Veränderungen geschahen allmählich, über die Jahrhunderte entwi-ckelte sich ein einheitliches Bild dieser Landschaft. Weil die Schönheit des Bildes in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend gelitten hat, können sich Bauherren jetzt kostenlos beraten lassen. Initiator der Aktion ist der Bezirk, finanziert wird sie von der Baubehörde.

„Das Thema ist ein Dauerbrenner“, sagt Bezirksamtsleiter Christoph Krupp (SPD). Wer um-, neu- oder anbauen will, plant munter drauflos. Meist hat er nur das eigene Grundstück im Blick und den Wunsch, dieses optimal auszunutzen. Gleichzeitig ist die Zahl der Formen und Stile nicht zuletzt mit der Zunahme der Wohnbebauung explodiert, Architekten sind immer weniger zu Rate gezogen worden – mit dem Ergebnis, dass es an den Deichen mitunter aussieht wie Kraut und Rüben.

Ein Beispiel dafür ist der Neuengammer Hausdeich etwa auf Höhe der Nummer 354. Direkt nebeneinander stehen ein schlichtes Klinker-Häuschen mit Satteldach aus den 50er Jahren, ein moderner Flachdachbau aus den 70ern in schwarz-weiß und ein großes grau verputzes Wohnhaus aus der Kaiserzeit. Weiter östlich verunziert ein bunkerartiger Block der Telekom die Nachbarschaft eines Hufnerhauses. Die 354 selbst ist zwar modern, nimmt aber traditionelle Formen auf und passt sich auf diese Weise gut ein ins allgemeine Bild der alten Kulturlandschaft.

Um einem solchen Sammelsurium entgegenzuwirken, ließ das Bezirksamt vor zwei Jahren untersuchen, was das Stadtbild der Vier- und Marschlande ausmacht und woran Neubauten sich orientieren sollten. In manchen Fällen sind es nur Details, die das Stadtbild zerstören: die Fertiggarage vor dem Wohnhaus, eine fensterlose Fassade, übergroße Dachgauben, Glasbausteine statt Fenstern.

Die Architektin Brigitte Siemonsen will zusammen mit Uta-Karina Mansel von der Bauprüfabteilung der Vier- und Marschlande das Bewusstsein für solche Sünden schärfen. Die meisten ließen sich ohne Mehrkosten vermeiden.

Gernot Knödler

Kontakt über Uta-Karina Mansel 428 91 23 39

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen