Wichtige „Ende Gelände“-Begriffe: So spricht die Bewegung

Von „Deli-Plenum“ bis „Strohsis“: Wer bei „Ende Gelände“ mitmachen will, sollte auch deren Sprache kennen. Ein Glossar.

Demonstranten mit Banner

Klar soweit. Aber wer sagt das? Etwa die „Strukturleute“? Foto: dpa

Jede Bewegung hat ihre Sprache, auch die von „Ende Gelände“. Abgesehen von den nonverbalen Codes – Hände oben wedeln: Zustimmung, Hände unten wedeln: Ablehnung – gibt es Wörter, die verstanden werden sollten. Hier sind sieben davon:

Das „Deli-Plenum“: Damit nicht alle bei allem mitquatschen, wählen sogenannte Bezugsgruppen ihre jeweiligen Delegierten und schicken diese ins große Plenum – ins Deli-Plenum. Bezugsgruppen sind Kleingruppen von Leuten, die einander vertrauen und etwa während einer Blockadeaktion aufeinander aufpassen. Im Deli-Plenum wird über geplante Protestaktionen diskutiert und über Strategien im Umgang mit der Polizei während einer Blockade. Gehen? Bleiben? Nachverhandeln? Darüber entscheidet das Deli-Plenum.

Die „Schulis“: Das sind die, die seit einigen Monaten die Schlagzeilen in Deutschland bestimmen und nun auch kampferprobten AltaktivistInnen Veränderung in der Bewegung abringen: Schülerinnen und Schüler, meistens minderjährig, freundlich von oben betrachtet als ein neues politisches Subjekt, das zwar noch irgendwie klein ist, aber groß genug, um eine eigene Bezeichnung zu bekommen. „Schulis“, das ist übrigens auch ein geschlechterneutrales Wort.

Die „Finger-Polko“: Wichtige Einheit beim zivilen Ungehorsam. In jedem Finger, also in jeder großen Gruppe von Menschen, die gemeinsam loszieht, um Blockaden zu errichten, sind einige AktivistInnen, die die Kommunikation mit der Polizei übernehmen – die „Polko“. Das sind oft freundliche, ruhige Leute, die im Reden und Verhandeln erprobt sind. Sie erklären der Polizei häufig, warum es jetzt erst mal noch etwas dauert: weil das Deli-Plenum sich noch besprechen muss.

Die „Gesa“: Das ist der Ort, an dem Blockierende im Laufe eines Blockadewochenendes landen könnten: Die Gefangenensammelstelle. Um ihr zu entkommen, schreiben sich viele Aktivistinnen und Aktivisten vorher mit Edding eine Telefonnummer auf den Arm, die sie anrufen können, wenn sie eingelocht werden. Manche sind noch besser vorbereitet: Sie verkleben sich die Fingerkuppen mit Sekundenkleber, um nicht erkennungsdienstlich behandelt werden zu können.

Die „Strukturleute“: Die sind wichtig, weil sie manchmal gar keine Lust auf irgendwelche Ak­tio­nen und Besetzungen haben, aber dafür sorgen, dass alles da ist – zum Beispiel im Protestcamp. Sie fahren Dinge von einem Ort zum anderen, sorgen für Toiletten und mit Flatterband abgezirkelte Gehwege auf Zeltplätzen. Und sie kümmern sich um alles, was mit der Logistik und Infrastruktur des Protests zu tun hat. Dies ist, bei Tausenden Menschen, die sich selbst organisieren, eine beachtliche Herausforderung. Weil man als Strukturmensch viel Internes mitkriegt, ist das auch die für den Verfassungsschutz attraktivste Gruppe. Wenn in der Vergangenheit V-Leute im Aktivistenmilieu aufflogen, waren es meist zurückhaltende Typen, die in der Logistik tätig waren.

Die „Küfa“: Das steht für „Küche für alle“ und ist Ausdruck eines sich wandelnden Volksbewusstseins in der Bewegung. Einst hieß die gemeinschaftlich und solidarisch organisierte Küche Volksküche. Mit dem Vegetarismus, dem Veganismus und dem Spontitum der letzten Jahrzehnte änderte sich dies zunächst in „Volxküche“, ehe auch diese ironische Volksreferenz infrage gestellt wurde. „Küfa“ gilt daher inzwischen vielen AktivistInnen als adäquater Begriff. Wichtig ist sie auch, denn in ihr muss es schmecken. Tut es auch meist. Statt Nutella gibt es da etwa eine Paste aus frischer Banane und Kakao – durchaus konkurrenzfähig.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Die „Strohsis“: Nichts ist wichtiger als ein schöner Strohsack in der Schienenblockade, weil er als Kopfkissen dient oder als Gemütlichkeits- und damit Luxusaccessoire. Die Strohsäcke werden handgestopft in marschtaugliche Mitnehmgrößen und haben noch einen zweiten, wichtigen Zweck: Mit ihnen können Schlagstockeinsätze der Polizei abgewehrt werden. Nur ein gutes Wort gibt es für die Strohsäcke noch nicht. Die taz tauft sie „Strohsis“. Das ist nicht so lang.

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