Ein schlanker Mann im dunklen Anzug, mittleres Alter, ernster Blick, wartet im hohen Gras auf die Ankunft eines Helikopters. Wie eine Skulptur seiner selbst steht er zunächst noch auf der Wiese; aber im Sturm, den die sich nähernden Rotoren um ihn entfachen, kann er sich kaum halten.
So erscheint Boris in diesem Film: als schwankende, in seinem Stolz und seinem Stehvermögen gefährdete Gestalt, als Mängelwesen, wie der dazu geblendete Titel lakonisch feststellt. „Boris sans Béatrice“ (Regie: Denis Coté) berichtet von einem eitlen und steinreichen Unternehmer, der die schwere depressive Erkrankung seiner Frau (Simone Élise-Girard) mit Affären und Egozentrik zu kompensieren sucht.
Diesem humorlosen Zeitgenossen, dessen elitäres Gehabe im Alltag zu Dauerkonflikten führt, sieht man ungern 90 Minuten lang beim Durchleben einer existenziellen Krise zu.
Variantenarm gespielt
Berlinale 2016
Der „Goldene Bär für den besten Film“ ging an „Fuocoammare“. Der Preis ist ist die höchste Auszeichnung der Internationalen Filmfestspiele in Berlin. „Fuocoammare“ hält das Leben der Menschen auf Lampedusa fest. Er wurde erstmals am 13. Februar im Wettbewerb der Berlinale gezeigt.
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Blitzlichtgewitter, ein selbstfahrendes Auto und jede Menge Stars – das war die Berlinale 2016. Am Sonntag geht sie zu Ende.
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Silberne Bären bekamen Majd Mastoura als „Bester Darsteller“ in „Inhebbek Hedi“ und Trine Dyrholm als „Beste Darstellerin“ in „Kollektivet“ (v.l.). Außerdem erhielt Danis Tanovic den „Silbernen Bären Großer Preis der Jury“ für seinen Film „Smrt u Sarajevu“. Der „Silberne Bär Alfred-Bauer-Preis“ ging an den Film „Hele Sa Hiwagang Hapis“ von Lav Diaz.
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Preisträgerin Mia Hansen-Love ist glücklich über ihren Silbernen Bären für die beste Regie von „L'avenir“. Auch Tomasz Wasilewski erhielt einen für das Beste Drehbuch von „United States of Love“. Auch Mark Lee Ping-Bing konnte sich glücklich schätzen: Er erhielt einen „Silbernen Bären für eine Herausragende Künstlerische Leistung“ in „Crosscurrent“.
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Kameramann Michael Ballhaus hat den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk bekommen. Sein Markenzeichen: 360-Grad-Kamerafahrten. Bei der Preisverleihung wurde auch „Gangs of New York“ mit Leonardo DiCaprio und Cameron Diaz gezeigt.
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Meryl Streep erhielt 2012 auch einen Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk. Die dreifache Oscar-Gewinnerin war in diesem Jahr die Präsidentin der internationalen Jury. Diese verleiht den Goldenen und den Silbernen Bären der Berlinale. Die US-Schauspielerin ist derzeit im Film „Suffragette“ zu sehen.
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Nur durch seine bloße Anwesenheit stach George Clooney bei der Eröffnung der Berlinale am 11. Februar hervor. Selfies mit Fans zu machen gehört zur Berlinale einfach dazu. Clooney spielt die Hauptrolle im Film „Hail, Caesar!“ und zeigte sich mit seiner Frau Amal Alamuddin auf dem Roten Teppich. Am 12. Februar sprach er mit Kanzlerin Angela Merkel über die Flüchtlingskrise.
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In „Hail, Caesar!“ mimt George Clooney den Hollywoodstar Baird Whitlock. Der Film von den Coen-Brüdern entführt den Zuschauer in eines der großen Filmstudios im Hollywood der frühen Fünfzigerjahre. 2011 eröffneten die Coens bereits mit „True Grit“ die Berlinale. „Hail, Caesar!“ ist seit dem 18. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.
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Der deutsche Filmstar Daniel Brühl erregte ebenfalls Aufsehen, als er zur Eröffnungsgala der Berlinale in einem selbstfahrenden Auto erschien. Zudem spielt er im Berlinale-Film „Alone in Berlin“ einen Kommissar, der die Herkunft von Anti-Hitler Postkarten aufdecken soll. Mit Emma Watson ist Brühl abseits der Berlinale auch im Kinofilm „Colonia Dignidad“ zu sehen.
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Der Künstler Ai Weiwei hat am 13. Februar das Berliner Konzerthaus mit Rettungswesten von der griechischen Insel Lesbos einkleiden lassen. Damit will er auf die Flüchtlinge, die auf ihrer Flucht nach Europa ertrunken sind, aufmerksam machen. Ai Weiwei ist Ehrenpräsident des „Cinema for Peace“, das zeitgleich zur Berlinale stattfand.
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Der einzige deutsche Film im Wettbewerb heißt „24 Wochen“. Was macht ein Paar, bei dessen ungeborenem Kind Trisomie 21 diagnostiziert wird?
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Außerdem war im Wettbewerb: der Film „Chang Jiang Tu“. Kapitän Gao Chun fährt mit seinem Frachter auf dem chinesischen Jangtse flussaufwärts. Er soll die Seele seines verstorbenen Vaters befreien und ist gleichzeitig auf der Suche nach der großen Liebe. Der Film ist am 21. Februar im Haus der Berliner Festspiele zu sehen.
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Johnny Oritz ist erst 19 Jahre alt und hat bereits seine erste Hauptrolle im Film „Soy Nero“, der im Wettbewerb gezeigt wurde. Darin verkörpert er den mexikanischen Jungen Nero, der US-Bürger werden will. Oritz hat eine besondere Verbindung zum Thema: Seine Familie ist auch in die USA migriert.
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Der Schauspieler Gérard Depardieu bewarb am Freitag „Saint Amour“. Der Film gewann keinen Bären, er lief außer Konkurrenz.
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15. 2., 12.30 Uhr, Haus der Berliner Festspiele, 21.30 Uhr Acud-Kino, 21. 2., 17 Uhr Friedrichstadtpalast.
Boris, von James Hyndman wenig variantenreich verkörpert, fühlt sich bald von einem seltsamen Fremden (gewohnt absonderlich: Denis Lavant) verfolgt, der alles über ihn zu wissen scheint und ihm erklärt, dass die Krankheit der Ehefrau eine Folge seiner Kaltherzigkeit und nur durch seine sofortige Rückkehr zu Empathie zu kurieren sei. Die Liebe Boris’ zu seiner Frau und das einstige Glück zu zweit, das in knappen Rückblenden aufblitzt, bleiben ungedeckte Behauptungen des Drehbuchs.
Als sich Boris, gegen seine Natur, um Ehrlichkeit und Verantwortungsgefühl bemüht, erwacht die Gemahlin aus ihrer Katatonie. So verwandelt sich das Drama eines Widerlings in ein Planspiel der Schuld und eine Parabel über die Heilkraft der Herzlichkeit.
Um die Betulichkeit seines Unterfangens zu kaschieren, verkünstelt Coté seinen Film mit „mysteriösen“ Montagen und ein bisschen exzentrisch gesetzter Musik. „Boris sans Béatrice“ ist eine überformalisierte, zur Allegorie verdrehte Tragikomödie angeschlagener Beziehungsmoral, in der die handelnden Personen Funktionsträger in einer staubtrockenen Verbindlichkeits- und Liebesstudie sind.
Immerhin ist Bruce LaBruce am Start
Etliche Szenen dieser Inszenierung sind wohl hintergründig-komödiantisch gemeint, aber bloß umständlich erzählt; zähe Dialoge und die schlichte Kameraarbeit sorgen nicht gerade für Spannungsmomente – vom eigenwilligen Frauenbild Cotés ganz abgesehen: Der Emotionshaushalt seiner Heldinnen definiert sich stets direkt über den begehrten Mann.
Immerhin der Kurzauftritt der Queer-Porn-Legende Bruce LaBruce als (ausgerechnet) Kanadas Premierminister beglückt – weist indes überdeutlich darauf hin, wie sehr es diesem Film an komischer Energie und narrativer Substanz mangelt.
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