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Westliches Gedankengut

■ Ist Feminismus „unafrikanisch“?

Um diese Frage kreist das Interview, das Adewale Maya-Pearce im Juli diesen Jahres in Harare mit der ghanischen Schriftstellerin Ama Ata Aidoo führte. Hier ein Ausschnitt.

Ama Ata Aidoo: ...ich kann keine strikte Trennung machen zwischen meinem Denken als Feministin, afrikanischer Nationalistin und Sozialistin. Ich sehe nicht einmal, wie man überhaupt von sich behaupten kann, afrikanischer Nationalist und nicht feministisch zu sein, ob als Mann oder als Frau. In aller Bescheidenheit möchte ich die Männer Afrikas, die sogenannte politische Elite Afrikas, auffordern, sich doch einmal umzusehen und gefälligst zuzugeben, daß sie in 500 Jahren nicht in der Lage waren, gewisse Veränderungen allein durchzuführen; es ist wirklich höchste Zeit, daß sie sich das Resultat einmal genau ansehen und endlich aufhören, die Frauen auszuschließen. Die Tatsache, daß eine Frau vielleicht nicht die Ausbildung hat, heißt schließlich nicht, daß sie nicht denken kann und nicht sieht, was um sie herum vorgeht.

Ich habe oft das Argument gehört, bestimmte feministische Ideen seien nichts anderes als westliches Gedankengut. Ein Teil der heutigen Malaise in Afrika ist, daß wir es geschafft haben, alles, was uns bedrohlich erscheint, als „westliches Gedankengut“ zu denunzieren. Wenn wir uns mit bestimmten Ideen nicht beschäftigen wollen, dann sind die eben westlich, und wenn wir Ideen aufgreifen wollen, nennen wir sie afrikanisch. Dies ist Teil des Bankrotts (in Afrika). Ich empfinde die Behauptung, daß afrikanische Frauen den Feminismus nur aus dem Westen übernommen hätten, als besonders empörend. Jene Frauen, die Anfang der zwanziger Jahre im ostnigerianischen Aba rebellierten, haben nicht Virginia Woolf um Erlaubnis gefragt. Wenn überhaupt, dann haben die Frauen des Westens von uns die Idee des Frauenkampfes übernommen. Denn wer hat mit der Bürgerrechtsbewegung angefangen? Und die feministische Bewegung kam erst im Zusammenhang mit der Bürgerrechtsbewegung zustande. Es waren unsere Leute, die der gesamten Gesellschaft einen Begriff davon gegeben hat, daß man aufstehen kann und sagen: Genug ist genug!

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