Werner Franke über Sportfans und Doping: "Dumme Kontrollen"
Die Öffentlichkeit glaubt, das Dopingkontrollsystem sei effizient, sagt der Zellbiologie Werner Franke. "Aber das ist es nicht". Die nationale Anti-Dopingagentur setze auf die falschen Personen.
taz: Herr Franke, wie gut weiß der deutsche Sportfan nach den diversen Dopingskandalen im Radsport über all die Tricks und Finessen beim Doping Bescheid?
Werner Franke: Der Radsport gilt allgemein als versaut. Man hat zur Kenntnis genommen, dass ARD und ZDF ausgestiegen sind aus der Liveberichterstattung. Eine Schar von Fans schaut jetzt Eurosport und hört sich an, wie die Moderatoren bei Dopingfällen herumeiern. Aber das wichtigste ist natürlich, dass und was die Weltexpertin für organisierte Kriminalität, Letizia Paoli, derzeit alles mit der Aufklärungskommission der Uni Freiburg dazu ermittelt. Dopingdreck ohne Ende!
Und neben dem Radsport?
Der normale Sportfan hat doch einen recht schlechten Bildungsgrad in naturwissenschaftlichen Dingen. Natürlich sieht er, wenn ein Ball ins Tor geht, aber die Einzelheiten anderer Sportarten kennt er eben nicht.
Muss er das, um Dopingmissbrauch zu erkennen?
WERNER FRANKE Der 71-Jährige ist Professor für Zell- und Molekularbiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum der Universität Heidelberg und einer der engagiertesten Kämpfer wider das Doping im Sport.
Nicht unbedingt, aber viel schlimmer ist doch, dass die Öffentlichkeit glaubt, das Dopingkontrollsystem sei effizient. Aber das ist es nicht. Die Kontrollen sind wieder dumm und inkonsequent. Schlechter als in den 90er Jahren, als ein ehemaliger Kriminalbeamter als Dopingkontrolleur unterwegs war.
Klaus Wengoborski, der auch Katrin Krabbe überführt hat.
Der Mann war ein Profi. Solche Leute braucht die Nada [Nationale Anti-Doping-Agentur; d. Red.], Denn wer die Tricks nicht kennt, braucht gar nicht erst zu suchen. Weil die Kontrollen unintelligent waren, konnte eine Marion Jones [des Dopings überführte Leichtathletin; d. Red.] sagen: Ich wurde 170-mal kontrolliert und war immer negativ. Inzwischen war sie wenigstens als Lügnerin vor Gericht. Das gibt es bei uns leider nicht.
Was muss sich ändern?
Man kann nicht mit angeheuerten Nichtwissern Kontrollen machen. Mein Vorschlag: Holt Leute wie Wengoborski zurück und lasst sie neue Kontrolleure gescheit ausbilden. Auch bei der Nada müsste sich einiges ändern. Der personelle Umbruch hat die Nada geschwächt. Außerdem hat sie auf die falschen Leute gesetzt. Bis 2007 durfte da einer mitwirken, der selbst Oberdoper war.
Sie meinen Dr. Georg Huber von der Uni Freiburg …
Der hat ja selber gegen alle ärztlichen Regeln Drogen weitergegeben und auch verabreicht. Solange solche Leute immer wieder an die Spitze des Kontrollsystems vordringen, wird die Öffentlichkeit erbarmungslos veräppelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!