Werkschau des Künstlers César Klein: Einer, der die Zeit aufnahm

Wer die César-Klein-Ausstellung in Eutin besucht, lernt einen einst sehr umtriebigen, vom NS-Regime verdrängten und schließlich in Vergessenheit Geratenen kennen.

Die letzten Tage des Impressionismus: César Klein, Ahrenshoop IV ("Badehaus am Strand") aus dem Jahr 1909. Bild: © VG Bild Kunst, Bonn 2011

EUTIN taz | Sein „Meergeist“ hat es in sich: Ein Wesen, halb Frau, halb Fisch, steht auf einer kleinen, meerumtosten Insel, eingerahmt von einem bedrückend schwarzen Kasten. César Klein hat das Bild 1933 gemalt, um die Zeit zog er sich gerade aus Berlin zurück in ein kleines Dorf in Ostholstein.

César Klein? Nie gehört? „Nicht weiter schlimm“, sagt Julia Humme, Leiterin des Ostholstein-Museums in Eutin. Zwar sei der „nach dem Krieg noch einmal sehr aktiv geworden und hat ein großes und spannendes Alterswerk hinterlassen, aber dann ist er nach und nach in Vergessenheit geraten.“ Damit sich das ändert, widmet das Museum ihm eine umfassende Retrospektive – immerhin steht sein 60. Todestag bevor.

Solide ausgebildet

César Klein wurde im September 1876 in Hamburg geboren. Mit dem Wunsch, Künstler zu werden, war er bei seinen Eltern an der falschen Adresse. Der Sohn fügte sich, absolviert eine Lehre als Maler und Lackierer. Doch kaum hatte er die abgeschlossen, wechselte er erst an die Hamburger Kunstgewerbeschule, ging dann kurz auf die Kunstakademie in Düsseldorf und fand schließlich an der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums eine Heimat.

Seine Verankerung im künstlerischen Handwerk ermöglichte ihm einen behenden Wechsel zwischen freier Kunst einerseits und soliderem Kunstgewerbe/-handwerk andererseits: Er arbeitete als freier Maler wie auch als Buchillustrator, entwarf Wandbilder für Treppenhäuser, Mosaikfußböden für Verwaltungsgebäude und Glasfenster für den Lichthof des damals angesagten Berliner Kaufhauses Wertheim.

Als Bühnenbildner interessierte ihn auch der junge, noch stumme Film, der für seine oft traumwandlerischen Geschichten die passenden Kulissen suchte. Und als ob ihn das alles nicht ausgelastet hätte, war Klein stets auch kunstpolitisch tätig: Mit Emil Nolde und August Kirchner begründet er 1910 die „Neue Sezession“, gehörte auch zur „Novembergruppe“, die nach der Revolution 1918 die Kunst in die Haushalte der Arbeiter schaffen will.

Künstlerisch – und das ist in der Eutiner Ausstellung sehr schön nachzuvollziehen – führte ihn sein Weg von den letzten Tagen des Impressionismus hin zum aufbrechenden Expressionismus und dann in den Kubismus. Der italienische Futurismus hinterließ Spuren, die Einflüsse Max Ernsts und Pablo Picassos sind unverkennbar. Walter Gropius versuchte zweimal erfolglos, Klein nach Weimar zu holen, ans Bauhaus.

1933 endet die Karriere

Der aber wollte lieber in Berlin bleiben, zudem war seine Ehefrau, die erste, schwer krank. 1931 wurde Klein zum ordentlichen Professor ernannt, und er gründete die Gruppe „selection“, zu der Maler wie Oskar Schlemmer und Paul Klee gehörten.

Als Anfang 1933 die Nationalsozialisten auch die Kunst nach ihren Maßstäben gestalten wollen, endet seine Karriere: Klein wird sofort beurlaubt, er erhält Malverbot. Eine Weile noch hielten alte Kontakte, er pendelte zwischen Berlin und Ostholstein. Gelegentlich arbeitete er noch in Hamburg und auch in Wien als Bühnenbilder fürs Theater, gedeckt und unterstützt von Gustav Gründgens und dem Lieblings-Theaterregisseur der Nazis, Jürgen Fehling.

Dann wurde aus der Beurlaubung die Entlassung, Kleins Arbeiten wurden bei der berüchtigten Wanderschau „Entartete Kunst“ von 1937 vorgeführt. Er verkaufte sein Berliner Haus, zog sich endgültig ins ostholsteinische Pansdorf bei Lübeck zurück. Das Ende des „Dritten Reiches“ empfand er erklärtermaßen als Befreiung.

Sein Bild „Amazone“ von 1946 erzählt davon: Geradezu heiter, dabei mit zwei Speeren bewehrt, reitet sie auf einem tierähnlichen Wesen wie durch die Lüfte. In den folgenden neun Jahren griff Klein viele seiner Themen wieder auf: Maria mit dem Kind, die Frau im Sessel sitzend, die Frauengruppe vor dem Haus, dazu griechische Sagenstoffe: Immer weiter entfernt er sich vom Konkreten, experimentiert mit freien, zuletzt nahezu gegenstandslosen Kompositionen.

Unaufdringlich, aber pointiert stellt die Ausstellung immer wieder Arbeiten aus verschiedenen Epochen gegenüber: Da wird ein Künstler sichtbar, der sich in seiner Motivwahl einerseits treu blieb, zugleich aber die Strömungen seiner Zeit aufgriff und einarbeitete. Anders gesagt, zieht in Eutin die Kunstgeschichte von 1900 bis 1950 sehr galant an einem vorbei.

Auch ans Theater kehrte Klein nach 1945 zurück: Nicht mehr der Jüngste, arbeitete er als Bühnenbildner an der Hamburgischen Staatsoper und am Schauspielhaus an der Kirchenallee. Am 13. März 1954 starb er in Pansdorf.

Sein malerisches Spätwerk – auch das zeigt die Eutiner Ausstellung – lebt bei aller Offenheit für das Abstrakte von den Traditionen der Weimarer Moderne. Umso verständlicher vielleicht, dass sein Werk in den 50er- und 60er-Jahren kaum von den nachfolgenden Künstlergenerationen aufgegriffen wurde: Die orientierten sich an Amerika und dortigem Geschehen, dem abstrakten Expressionismus, der Minimal Art und bald der Pop-Art.

Vergessenes Exempel

Dass César Klein nach 1945 dagegen zunächst noch eine Art Leerstelle besetzen konnte, zeigen zwei Ausstellungsprojekte direkt nach Kriegsende: Er war der erste deutsche Künstler, der wieder in London gezeigt wurde. Und als die Hamburger Kunsthalle nach Beseitigung der Kriegsschäden wieder eröffnete, zeigt sie als erstes – Malerei von César Klein.

■ „César Klein – Leben und Kunst“, ab 9. März, Ostholstein-Museum, Eutin; bis 4. Mai
Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.