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Werber über SPD-Wahlkampfmotto„Ein gelungener medialer Coup“

Karsten Göbel, Chef der Agentur, die für die SPD den Slogan „Das Wir entscheidet“ konzipiert hat, findet nichts Schlechtes an den Plagiatsvorwürfen.

Am Ende hat er gut Lachen: Peer Steinbrück. Bild: reuters
Paul Wrusch
Interview von Paul Wrusch

taz: Herr Göbel, ist es ihnen als Werbeprofi eigentlich peinlich, dass das von ihnen miterdachte Motto „Das Wir entscheidet“ schon seit Jahren von einer Leiharbeitsfirma verwendet wird?

Karsten Göbel: Im Gegenteil. Die Diskussion ist doch ein gelungener medialer Coup.

Wie bitte?

Noch nie hatte ein politischer Wahlkampfslogan eine so starke mediale Aufmerksamkeit, noch bevor er überhaupt richtig veröffentlicht wurde. Ab jetzt kennt jeder in Deutschland den Wahlkampfclaim der SPD.

Dass sich die SPD von einer Leiharbeitsfirma den Spruch leiht, ist doch misslich. Immerhin verspricht sie die Leiharbeit zu bekämpfen.

Ganz genau. In der Diskussion wird jetzt ständig die Position der SPD zum Thema Leiharbeit in den Fokus gerückt, überall wird das diskutiert. Das ist gute Werbung für die Inhalte der Partei. Außerdem wird jetzt auch ausführlich über die Begründung der SPD für die Wahl des Claims berichtet. Dass sie etwa Gemeinwohl damit verbinden, Politik aus der Mitte der Gesellschaft anbieten will.

Bild: Super an der Spree
Im Interview: Karsten Göbel

43, ist Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Super J+K in Berlin. Seit 2011 macht er Kampagnen für die Sozialdemokraten.

Wussten sie als Werbeprofi tatsächlich nicht, dass der Claim seit Jahren von dieser Leiharbeitsfirma genutzt wird?

Nein. Ich habe das selbst vor sechs Wochen gegoogelt, da war von propartner nichts zu finden. Sie haben den Spruch nicht eintragen lassen, deshalb war es über die herkömmlichen Checkverfahren für uns nicht auffindbar. Heute lässt es sich leichter googlen, das Ranking scheint sich in der Suchmaschine geändert zu haben.

Haben Sie von der SPD eins auf den Deckel bekommen?

Unsere Agentur arbeitet seit 2011 für die SPD. Und auch am Mittwoch habe ich den ganzen Tag Filme für die Partei gedreht.

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23 Kommentare

 / 
  • E
    Enemy

    "Das WIR enscheidet" ? ........Wer soll das sein ? Das Peer, das Sigmar oder das Nahles ?

     

    Wieviel hat dieser Nichtsatz dem brav zahlenden Nochmitglied gekostet ? Oder dem Steuerzahler über eine evtl. Abschreibung als Werbungskosten ?

     

    Warum braucht man für dermaßen plattes Zeugs eine Agentur ? Mit schönen Worten nichts zu sagen, dafür hat die SPD doch genügend Fachkräfte. Wie z.B. die Parteibeauftragte für Irgendwasmitmagenta und leere Worte, Frau A.Nahles. Nachzulesen jederzeit z.B. bei Abgeordnetenwatch.

  • VB
    Volker Birk

    Unter dem sogenannten “Merken” versteht man das Zeigen von wesentlichen Verhaltensänderungen aufgrund von Kommunikation mit denkenden Wesen.

     

    Unter “Googlen” wiederum versteht man das Nachschlagen von Text über eine sogenannte “Suchmaschine” um vorab zu erkennen, ob und wer den Text bereits vorher verwendet hat.

     

    Und unter “Fettnäpfchensuchmaschine” versteht man bisher eigentlich nur den Vizekanzlerkandidaten der SPD, im erweiterten Sinne (“Fettnäpfchensuchmaschinerie”) jedoch dessen gesamtes Wahlkampfteam.

  • J
    JadotA

    Hat nicht Steinbrück als Leih Conférencier in BO fungiert?

    Für ein irrwitzigen Stundenlohn?

    Das wir nicht entscheidet.

  • J
    JadotA

    Zynismus macht schlagfertig.

    Und niemand, wirklich niemand aus der „Super J&K Kommunikationsagentur“ hatte von dem Spruch vorher gehört.

    Hand aufs Herz, ich glaube es 100 pro, Herr Göbel.

  • N
    Nordwind

    Mir ist noch nie ein Marketingheinie begegnet der auf Nachfragen einen hellen Eindruck machte.

  • J
    JadotA

    Zynismus macht schlagfertig.

    Und niemand, wirklich niemand aus der „Super J&K Kommunikationsagentur“ hatte von dem Spruch vorher gehört.

    Hand aufs Herz, ich glaube es 100 pro, Herr Göbel.

  • 1V
    1914 Verdun

    Schon 1914 hat der rechte Flügel der SPD mit Hurra für Kriegsanleihen gestimmt und die Arbeiter vor die Maschinengewehre von Verdun getrieben. Auch den Genozid an den Armeniern haben sie damals wohlwissend toleriert.

     

    Im Prinzip die gleichen Leute haben mit der Agenda 2010 die Arbeiter dem internationalen Kapital zum Fraß vorgeworfen.

     

    Oskar, hilf!

    Komm zurück und mach diesem unseligen Spuk endgültig den Garaus!

  • L
    LocksteinW

    Eventuell muss zukünftig in Internetsuchmaschinen alles abrufbar sein, was Firmen schon einmal ersonnen haben und was Einzelpersonen schon einmal jemals zum besten gegeben haben.

     

    Leute, Leute... Nachdem in Umfragen ein Weiterregieren von Schwarz-Geld, tschuldigung -b, möglich erscheint, sollten sich alle, die es mit den Grünen halten, wieder darauf besinnen, dass der Gegner nun mal nicht Steinbrück heisst.

     

    Steinbrück-Bashing hilft also Merkel und Merkel braucht die Grünen nicht. Steinbrück braucht die Grünen.

     

    Die SPD hat jetzt ein Wahlkampfmotto - kein Grund zur Aufregung.

  • R
    RedHead

    Also ich kann Herrn Göbel schon verstehen, für die SPD Werbung zu machen ist etwa so schwierig wie Werbung für einen Haufen Scheiße zu machen. Kein klar denkender Mensch will so etwas. Besonders Leute mit einem sozialen Gewissen werden die SPD wohl eher nicht wählen.

    Ich will nochmal daran erinnern, dass Wolfgang Clement letzten Monat "die Lohnzurückhaltung der Deutschen" gelobt hat (http://www.heise.de/tp/artikel/38/38712/1.html), ein zynischer Euphemismus für den Umstand, dass die SPD auch noch stolz auf das von ihnen selbst angerichtete Elend ist. Ich habe keinen Zweifel daran, dass diese Spezialdemokraten auch in Zukunft weiter nach unten treten werden.

  • S
    sigibold

    Na liebe taz, das ist wieder ein gefundenes Fressen für dich nicht wahr? Wie ihr diese (ist überhaupt eine?) Ungeschicklichkeit wieder ausschlachtet um der SPD wieder mal eins reinzuwürgen. Das hat schon BILD Format. Das ganze Thema wäre allenfalls eine Randnotiz wert gewesen, aber ein Aufmacher - nicht dieser aber der andere Artikel (oder besser Pamphlet) Zu blööd zum Googeln, der mich heute von der Titelseite anätzte - zeigt wie sehr ihr von der Aufgabe des berichtenden Journalismus hin zum Propagandablatt verändert habt. Ich habe das starke Gefühl, die taz ist mittlerweile zu blöd anständigen Journalismus zu machen. Die Nähe zum Springerbau scheint doch erdstrahlenmäßig gefährlich zu sein.

  • P
    P.Haller

    @Hans

    Was bitte sind denn "Facepalm-Smileys " ???????

    Bin ich jetzt schon ganz vertrottelt ??

    Muss ich jetzt ins Heim ??

    Oh Gott....

  • N
    neubau

    "Ab jetzt kennt jeder in Deutschland den Wahlkampfclaim der SPD."

     

    Genau - jetzt weiß jeder, dass sich die alte Tante SPD mit der Lobby der Arbeitsverleiher ins Bett gelegt hat - UND ES IHR AUCH NOCH GEFALLEN HAT!

     

    Die SPD ist eine Hure der Neoliberalen - q.e.d.

  • DB
    Der Bär

    Der größte "Wahlkampf-Claim" der SPD ist doch der Kandidat und seine -nach eigener Meinung- haupt-verantwortliche für den Wahlkampf Nahles. Da braucht man keine Sprüche mehr .........

  • T
    Tortes

    Dass der Werbeslogan der SPD auch "rein zufällig" der einer Zeitarbeitsfirma ist, enthält mehr Wahrheitsgehalt zur politischen Lage, als es Steinbrück lieb sein dürfte.

    Das ist ein unübersehbarer Querverweis auf die tatsächliche Urheberschaft der derzeitigen sozialen Lage in unserem Land, speziell in Bezug auf den Arbeitsmarkt.

    War es doch rot-grün unter einem "Genossen der Bosse" als Kanzler, die mit ihren "Reformen" erst die "Armut per Gesetz" mit schlecht bezahlter Leiharbeit, Harz IV usw. erst möglich gemacht hat.

     

    Das Arbeitsprekariat in der heutigen Form ist auf Schröders's Misthaufen entstanden.

     

    Ein alter Sinnspruch der Arbeiterklasse lautet:

     

    "Wer hat uns verraten ? Sozialdemokraten !"

     

    Geschichte wiederholt sich eben ...

  • A
    Albano

    Der Besitzer der Agentur heißt Heiko Kretschmer und der ist früher im Juso-Bundesvorstand gewesen. Er hat immer bei den SPD-Ministern ganz gut mit seiner PR verdient. Er arbeitet praktisch immer für die SPD und er kennt seinen Kunden ganz gut - vielleicht sollte das Ganze tatsächlich so ablaufen. Mir kommt's reichlich sonderbar vor, aber für Steinbrück kann Kretschmer ja auch nix, denn hat sich die SPD selber ausgesucht.

  • E
    eksom

    Eigentlich ein Armutszeugnis für eine Agentur und dessen Auftraggeber, die SPD! Beide haben es anscheinend nötig, die ausgewälzten Ideen anderer sich kostenlos nach Jahren anzueignen ("zu klauen"), weil Sie selber nichts neues mehr erfinden, entwickeln und umsetzen können. So eine Partei und so eine Agentur würde bei mir sofort die rote Karte bekommen, wenn ich die Wahl hätte! Es ist unfair sich auf Kosten der anderen indirekt zu bereichern und dabei auch noch von einem gelungen Cuop zu reden. Ein weiterer Armutszeugnis für die SPD in Deutschland.

  • A
    and

    ein perfekter marketingstratege: total inhaltsfrei, ethikfrei und selbstreflefktionsfrei. und dabei auch noch offensichtlich stolz darauf. so weit so schlecht,

    aber ich frage mich je länger je mehr: was ist das für eine partei, die das aussucht, beauftragt und bezahlt!?

    s. dazu auch kanzlerkandidat steinbrück ("kanzlergehalt zu niedrig", "clowns in der italinischen regierung" ...), wowereit in berlin (verlängerung A 100 durchgedrückt gegen die mehrheit der berlinerInnen, east side gallery abreissen lassen gegen die mehrheit der berlinerInnen, ...).

    und dann die nächste frage: wer wählt diese partei noch? und wieso eigentlich?

  • K
    Kaboom

    Selten in den letzten Jahren hat ein Interview den desaströsen Zustand der SPD besser beleuchtet als dieses.

    Wenn der Mann ernsthaft nicht versteht, dass dieser Slogan jeden Bürger nun bei jeder Nennung daran erinnert, WER dafür verantwortlich ist, dass hunterttausende Bürger für Hungerlöhne arbeiten und ihre Zukunft nicht mehr planen können, und dass der aktuelle SPD-Kandidat ein gerüttelt Maß Mitverantwortung daran hat, ist ihm wirklich nicht zu helfen.

    Andererseits wäre ein weiteres Desaster für die SPD bei den BT-Wahlen im Herbst eine weitere Chance für die Genossen, sich personell und inhaltlich neu aufzustellen. Was objektiv dringend erfolderlich wäre.

  • D
    Dietmar

    Karsten Göbel will auch nicht Bundeskanzler werden, sondern er bekommt sein Geld für diese Dienstleistungen für die SPD.

     

    Und der SPD ist sowieso nicht zu helfen. Die SPD schläft erst drei oder gar vier Jahre, dann kommt der Wahlkampf, dann denken sie dort, sie könnten einen Wahlkampf wie im Katalog zusammenstellen und würden 1:1 das Ergebnis auch erhalten, nur dem ist nicht so. Politik lebt geradezu von der Klarheit, der Langlebigkeit und der Positionierung von Personen. Wenn die SPD jahrelang das Lied der neoliberalen Modernisierer singt, wenn sie immer mehr die Wortwahl und den Duktus des Vorstand plus McKinsey übernimmt, wenn sie auch noch den neoliberalen Modernisierer Steinbrück aufs Schild heben, dann suchen sie Wähler in einer Elite von 10 oder 20 Prozent. Eine Mehrheit suchen sie doch gar nicht.

     

    Die SPD kann nur mit der unteren Mittelschicht und der oberen Unterschicht die Marke von 30 Prozent knacken. Früher knackten sie damit die 40-Prozent-Marke, aber das ist Geschichte. Heute ist dies genau die Gruppe von Menschen, die man als Agenda-Verlierer bezeichnen kann. Und dort ist die Wut gegen die SPD groß.

     

    Insofern geht es Karsten Göbel und seiner Agentur wohl eh nicht besonders gut, denn wer will heute noch für die SPD arbeiten? Sie gewinnen sowieso nicht, aber das miese Image und die Probleme der Partei werden an der Agentur kleben bleiben. Wahrscheinlich gehört sie indirekt sowieso der Partei oder wird dann 2014 mit einem neuen Namen wieder antreten.

  • S
    Sebastian

    Stupide Werbe-Ideologie in Reinform.

    Hauptsache man redet darüber (das alle darüber lachen wird natürlich verdrängt).

    Aufmerksamkeit erzeugt = Ziel erreicht.

     

    Das ist das eine.

     

    Das andere ist, dass durch diesen Claim (unbewusst) mal wieder bestätigt wurde, wie austauschbar die Inhalte der SPD sind. Das Image der SPD dürfte damit sicher noch ein Stück mehr leiden.

     

    Ein „gelungener medialer Coup“ wäre es dann, wenn Karsten Göbels Kampagne von der Gegenseite bezahlt worden wäre ...

  • H
    Hans

    Ich kann hier gar nicht so viele Facepalm-Smileys anbringen, wie es angebracht wäre...

     

    Wann räumt jemand endlich diesen Kadaver, der mal SPD war von der Straße?

  • OW
    Onkel Willy

    Fettnäpfchen, wo seid ihr?

    Steinbrück ist mir nicht glaubwürdig und außerdem eine Fehlbesetzung. Das trifft auch für das unmittelbare Umfeld zu. Das Ganze entwickelt sich zum Kanzlerverhinderungsverein. Gut so, denn einen männlichen Merkel brauche ich auch nicht.

  • F
    Falmine

    Eine Agentur, die den Sozialdemokraten eine Art Guerilla-Marketing empfiehlt, bei dem es nur wichtig ist, überhaupt in den Medien zu erscheinen - auch negativ - würde ich sofort nach Hause schicken! Sie hat weder die besondere Problemlage der SPD noch des Kanzlerkandidaten erkannt.

    Was ist nur im Willy-Brandt-Haus (nicht) los, dass sie nicht gleich vor einer Agentur zurückschrecken, die "Super" im Namen führt? :-)))