Werbekampagne in Kanada: Wie der Bär den Biber anlockte
Die politischen Entwicklungen in den USA sorgen dafür, dass Kanadier:innen ihr Lieblingsreisedomizil ändern. Nun wirbt Berlin um sie.
D ass Bär und Biber gemeinsam Abenteuer erleben, ist guter Stoff für eine Kinderbuchgeschichte. Zum Beispiel wie sie in Berlin zusammen mit dem Kajak auf der Spree langpaddeln und beinahe mit einem Ausflugsdampfer zusammenstoßen. Denn der Bär vergisst vor lauter Staunen das Lenken. Der Biber entschuldigt sich daraufhin direkt mit einer Flaschenpost bei der Berliner Wasserschutzpolizei.
Die beliebte Tierfreundschaft hat nun auch visitBerlin erkannt. Zumindest vor dem Brandenburger Tor liegen sich Kanadas National- und das Berliner Wappentier schon innig in den Armen. Mit diesem Bild und dem Slogan „Come for a hug. Visit Berlin“ wirbt Berlins offizielles Reiseportal visitBerlin nun in Kanada um Tourist:innen.
Bisher war es so, dass Kanadier:innen gern in den USA Urlaub gemacht haben, das Nachbarland war das beliebteste Reiseziel. Doch Trumps Pläne, Kanada zu einem US-Staat zu machen, haben die Beziehung abgekühlt: Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Buchungen für Reisen in die USA um 40 Prozent zurück. Das zeigt eine Branchenanalyse. Diese verzeichnet außerdem, dass Kanadier:innen 25 Prozent bereits gebuchter USA-Reisen stornierten.
Richtung Berlin gibt es nun sogar eine neue Langstreckenverbindung. Ab Juni bis Oktober bietet die kanadische Fluglinie Air Transat Direktflüge zwischen Toronto und Berlin an. Burkhard Kieker, Geschäftsführer von visitBerlin, freut sich: „Das ist ein guter Zeitpunkt, Berlin dort als spannendes Reiseziel ins Gespräch zu bringen“, verkündet er. „Ich rechne damit, dass die Zahl der Gäste aus Kanada in Berlin deutlich steigen wird.“ Bereits 2024 konnte Berlin demnach knapp 11 Prozent mehr kanadische Reisende als im Jahr zuvor gewinnen.
Berlin: Eine Insel ohne Meer
Klar: Berlin ist kein klassischer Industriestandort und auf Tourismus angewiesen. Deshalb wirbt visitBerlin auch stets fleißig im Inland – in der baden-würtembergischen Landeshauptstadt Stuttgart zum Beispiel mit einem Foto der Museumsinsel und dem Slogan: „Eine Insel ohne Meer, trotzdem wollen alle hin“. Von dort aus zieht es ja schon seit Jahren Menschen nach Berlin. Aber Kanada? Lohnen sich die investierten Steuergelder wirklich, und schlagen sie sich auch in Einkünften für das Land nieder? Oder könnte man Kunst und Kultur nicht vielmehr direkter fördern?
Biber und Bär lassen sich nicht beirren und pflanzen derweil nach ihrer Spree-Fahrt Ahornbäume auf dem Tempelhofer Feld, um ihren Flug-CO2-Verbrauch auszugleichen. Sie verstehen sich blendend. Denn auch die Sprache stellt für den kanadischen Biber weniger Hindernis dar als für manchen Schwaben im kosmopolitischen Berlin: „It’s nice here, eh?“
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