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■ Mit Euro-Fliegern auf du und duWer will mit wem?

Den Haag/Berlin (taz/dpa) – Auf das Scheitern des Luftfahrtprojekts „Alcazar“ haben gestern die Belegschaften der beteiligten Fluglinien mit Jubel reagiert. Die angestrebte Fusion zwischen der niederländischen Luftfahrtgesellschaft KLM, der Swissair (Schweiz), der SAS (Schweden) und der AUA war am Wochenende aufgegeben worden. Vermutlich aber freuen sich die Beschäftigten, die bei der Fusion einen massiven Beschäftigungsabbau befürchteten, zu früh. Denn mit der Liberalisierung des Luftverkehrs im europäischen Binnenmarkt ist zwischen allen europäischen Fluglinien ein ruinöser Preiskampf ausgebrochen.

SAS-Chef Jan Carlzon schätzt, daß von den 22 Europa- Fliegern letztlich kaum mehr als fünf große überleben werden. Denn die Ideologie, daß überall, wo man den Marktkräften freies Spiel gewährt, automatisch mehr Wettbewerb entsteht, geht beim Flugverkehr nicht auf. So setzte in den USA, nach anfänglichen Neugründungen ein Konzentrationsprozeß ein, nach dem heute genauso viele Anbieter vorhanden sind wie 1978, als die Deregulierung begann. Auf der Strecke blieben dabei die Tarife der Beschäftigten und der Sicherheitsstandard.

In Europa, wo sich noch jeder Staat seine Fluglinie hält, hat erst gar niemand privat versucht, ein Konkurrenzunternehmen zu gründen. Schon heute sind hiesige Fluggesellschaften wegen der Engräumigkeit Europas stark vom kostenintensiven Interkontinentalverkehr abhängig.

Die vier mittelgroßen Alcazar-Flieger wären gemeinsam nach Passagierkilometern zur zweitgrößten Fluglinie der Welt geworden, hinter der British Airways. Von den vieren hat die KLM noch die besten Chancen, alleine zu überleben – weshalb es auch die KLM-Unterhändler waren, die die Fusionsverhandlungen platzen ließen. KLM hätte seine Beteiligung an den Northwest Airlines aufgeben müssen – zugunsten der Swissair-Partnerin Delta. Die Partnergesellschaften übernehmen für die Euroflieger die Weiterflugmöglichkeiten innerhalb der USA.

Als große Gewinnerin aus den gescheiterten Fusionsplänen könnte die Lufthansa hervorgehen. Deren Chef Jürgen Weber hatte zur Verhinderung des Alcazar-Prjekts der AUA bereits angeboten, daß sich die Lufthansa aus Österreich zurückzieht, wenn die AUA im Gegenzug ein paar Interkontinentalstrecken aufgibt. Mit der Swissair würden die Lufthanseaten ebenfalls gerne kooperieren. AUA-Aufsichtsratschef Rudolf Streicher kündigte gestern bereits an, nunmehr nach einer intensiven Kooperation mit einer ausländischen Linie Ausschau halten zu wollen. dri

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