piwik no script img

Wer in St. Andreasberg nicht länger Flüchtlinge bewachtWolf im Sicherheitspelz

Foto: Jungsfoto: dpa

Das Arbeitsverhältnis in der Flüchtlingsunterkunft war nur kurz – sehr kurz. Nach vier Tagen muss Viktor S. gehen. Bei der Einrichtung im Harzort St. Andreasberg, in dem der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) 1.500 Flüchtlinge betreut, gehörte der Mann, der gerne bei Pegida-Aufmärschen spricht, zum Sicherheitsdienst. Er wurde sofort entlassen, nachdem seine Aktivitäten im Internet aufgefallen waren“, sagt Matthias Eichler, Sprecher des Niedersächsischen Innenministeriums.

Im Internet, genauer: beim sozialen Netzwerk Facebook, hatte S., der an der Universität Kassel ein Lehramtsstudium begonnen hat und auch schon als Türsteher jobbte, selbst seine Beschäftigung öffentlich gemacht. Einer örtlichen Antifa-Initiative fiel der Eintrag vor ein paar Tagen auf.

Seit Monaten tritt S. bei Pegida-Märschen auf, nicht nur in Kassel, auch in Lübeck oder Braunschweig. Auch beim „Sternmarsch“ Ende Februar in Berlin trat S. auf, so wie etwa der Herausgeber des Magazins Compact, Jürgen Elsässer. In seinen Reden führt er etwa aus, dass „die Chefredakteure der großen meinungsbildenden Informationsquellen“ in „transatlantischen Lobbyverbindungen“ stecken, fordert ein Ende für den „deutschen Schuldkomplex“ und beklagt „Unterdrückung und Umerziehung des deutschen Volkes“. Wer die „Wahrheit“ erkannt habe, werde von „Lügenpresse“, Politik und Antifa als Nazi betitelt.

In der Flüchtlingsunterkunft will S. eine leitende Funktion innegehabt haben – dem widersprechen ASB und Innenministerium. Eingestellt worden sei S., da er nach Aussagen seines Arbeitgebers alle Qualifikationen und auch ein Führungszeugnis vorlegen habe können. Die standardisierte Prüfung – Ordnungsamt, Sicherheitsbehörden, so Eichler – war demnach aber noch nicht abgeschlossen.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

Schon vor mehr als einem Jahr hat das Land Niedersachsen erklärt hohe Standards für die Sicherheitsdienste in Flüchtlingsunterkünften gesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen