Wer darf Mitglied beim HSV werden?: Antrag auf Ablehnung von AfDlern
Auf der kommenden Mitgliederversammlung will der Hamburger SV entscheiden, ob AfD-Anhänger dem Verein beitreten dürfen. Die AfD ist empört.
Der Antrag des langjährigen Vorsitzenden des Seniorenrates, Peter Gottschalk, ist deutlich. Die Mitgliederversammlung solle das Präsidium auffordern, dafür zu sorgen, dass „AfD-Mitglieder oder gleichgesinnte Personen nicht Mitglied im Hamburger-Sport-Verein e.V. werden oder der HSV Fußball AG angehören“, schreibt Gottschalk. Die Begründung des HSV-Mitglieds seit 1954 ist knapp: „Kein Platz für Rassismus! Toleranz und Solidarität sind Werte, die innerhalb jeder Sportart zählen.“
Seit Jahren setzen sich der Verein und seine Fans immer wieder gegen Rechtsextremismus und Rassismus ein. In der Fankurve hängen bei Spielen große Transparente mit der Aufschrift „Hamburg, das Tor zur Welt – Refugees Welcome!!!“; ein Fanshirt „Love Hamburg – Hate Racism“ mit der Raute ist zu erwerben; Workshops zum HSV im Nationalsozialismus werden angeboten, Gedenkstättenfahrten in das ehemalige Konzentrationslager Neuengamme werden organisiert, wie auch Antifaschistische Stadtteilrundgänge.
Geschlossene rechtsextreme Fangruppen agieren schon lange nicht mehr offen beim HSV. Doch das rechtsradikale Gedankengut ist nicht verschwunden. Die Ressentiments offenbaren sich in antisemitische Schmierereien beim Stadion.
In der aktuellen Stadionordnung hat der Verein festgeschrieben, dass „rassistisches, fremdenfeindliches, diskriminierendes sowie politisch radikales Propagandamaterial“ untersagt ist. Entsprechende Schriftzüge und Symbole seien verboten. Wer mit beliebten Modemarken aus der rechten Szene – wie Thor Steinar – in die Arena will, wird abgewiesen.
Der Antrag passt zur Vereinspolitik
Der Antrag des Alt-Mitglieds Gottschalks passt zur Vereinspolitik. Zu der Idee könnte ihn der Präsident von Eintracht Frankfurt, Peter Fischer, inspiriert haben. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte er unlängst zum Thema AfD: „Es kann niemand bei uns Mitglied sein, der diese Partei wählt, in der es rassistische und menschenverachtende Tendenzen gibt.“ In dem Sender hr-sport legte er nach: „Es gibt für die braune Brut keinen Platz. Solange ich da bin, wird es keine Nazis bei Eintracht Frankfurt geben.“ Die AfD Hessen hatte daraufhin Anzeige gegen Fischer gestellt.
An der Elbe beklagt AfD-Fraktionschef Wolf nicht bloß, dass Sport mit Politik vermengt werde. „Während führende Sportfunktionäre, Verbände und Spitzensportler immer wieder zu Toleranz aufrufen, wird hier das genaue Gegenteil gefordert – Intoleranz pur“, kritisiert er. Geflissentlich ignoriert Wolf dabei, dass diese Reaktion den ausgrenzenden Ressentiments der AfD geschuldet ist.
Die AfD macht auf Opfer
Stattdessen bemüht er einen historischen Vergleich und macht die AfD selbst zum Opfer: „Diese undemokratische Ausgrenzungspolitik erinnert an ganz dunkle Zeiten der deutschen Geschichte.“ Das sagt der Mann, der vor Kurzem in die Kritik geriet, weil er vor vielen Jahren ein Liederbuch veröffentlichte, das auch die Hymne der „Hitler Jugend“ (HJ) beinhaltete; und der kurz vor der Bürgerschaftswahl gegenüber der taz einräumte, Alter Herr der vom bayrischen Verfassungsschutz beobachten Burschenschaft Danubia München zu sein.
Wolfs Parteikollege Kay Gottschalk, stellvertretender Bundesvorsitzender und nicht mit dem Autor des Ausschluss-Antrages verwandt, gibt sich moderater: „Ich bin relativ entsetzt“, sagt er. Seit 2005 ist Gottschalk, Mitglied des Bundestags über die Landesliste Nordrhein-Westfalen, HSV-Mitglied und hat als Jugendlicher bei dem Verein Fußball gespielt. Er hat angekündigt, bei der nächsten Mitgliederversammlung „auch das Wort ergreifen“ zu wollen.
Im Mittelpunkt der Versammlung soll eigentlich die Wahl des Präsidenten stehen. Amtsinhaber Jens Meier und der ehemalige Vorstandschef Bernd Hoffmann bewerben sich um den Posten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren