: Wer Spiele gewinnt, ist selber schuld
Hätten die Bayern in Freiburg gewonnen, wäre das für ihre Moral zwar hervorragend gewesen, psychologisch aber verheerend. Dies hat zumindest Lothar Matthäus erkannt, der in vielen Berufsjahren zum mentalen Schlitzohr gereift ist und den ewigen Rekonvaleszenten diesmal wieder ganz passabel spielte – zumindest vor dem Mikrophon. Als einziger Bayern- Spieler war er zu Auskünften bereit und teilte gleich die folgende Weisheit mit bzw. aus: „Nach diesem Spiel sieht die Öffentlichkeit wieder Dortmund als Favorit. Das kann uns nur recht sein.“ Das Debakel beim SC Freiburg in Wahrheit ein raffinierter Trick zur endgültigen Eliminierung der westfälischen Konkurrenz? Das Chaos in der Abwehr lediglich ein kleiner Schabernack, von dem nur Coach Otto Rehhagel nichts merken durfte? Gut möglich, und zu funktionieren scheint die Sache auch.
Dortmunds Trainer jedenfalls hat nicht begriffen, wie abgefeimt ihn Matthäus reingelegt hat. „Ich bin froh, daß wir wieder Erster sind“, sagte Ottmar Hitzfeld unbekümmert nach dem beschwerlichen 1:0 gegen den FC St. Pauli, und lobte seine Mannschaft für ihre „positive Reaktion“, anstatt ihr gehörig die Leviten zu lesen, weil sie sich leichtfertig das psychologische Handicap der Tabellenführung eingehandelt hat. Hitzfeld sollte sich ein Beispiel an seinen Kollegen Ristic, Körbel, Rausch oder Engels nehmen. Nicht im Traum würden diese Strategen daran denken, ihre Mannschaft durch irgendwelche Siege in Gefahr zu bringen. Geniale Mentaltheoretiker eben, die ihren Matthäus gelernt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen