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Weniger Geld für Gewalt-PräventionKritik an Kürzungsplänen des Senats

Initiativen kritisieren Pläne von Schwarz-Rot, bei Bildungsangeboten gegen Gewalt an Minderheiten zu kürzen. Der Bedarf steige ständig, sagen sie.

Präventionsprogramme sollen helfen, Kinder vor häuslicher Gewalt zu schützen. Doch das kostet Geld Foto: dpa

Berlin taz | Immer mehr Frauen und Kinder sind von häuslicher Gewalt betroffen, der Hass auf queere Menschen nimmt zu, es gibt mehr Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Trotz dieser bedrückenden Realität kürzt oder streicht der Senat die Mittel für Bildungsangebote gegen Gewalt und für Demokratieerziehung.

Acht betroffene Initiativen, darunter der Migrationsrat und die Fachstelle für queere Bildung Queerformat, wenden sich mit einem offenen Brief an den Senat und die Regierungsparteien CDU und SPD. „Demokratie ist Arbeit und Demokratiefähigkeit muss gelernt werden. Der Bedarf an unseren Angeboten steigt stetig. Wir stellen uns antidemokratischen Entwicklungen mit unserer Entschlossenheit, unserer Haltung und dem Engagement unserer Projekte für eine offene, solidarische Gesellschaft entgegen“, heißt es in dem Brief.

Eine der Betroffenen ist die BIG Prävention. Die Initiative besucht unter anderem seit 2006 Grundschulen und klärt über häusliche Gewalt auf. Nun könnten Kürzungen von etwa 30.000 Euro auf sie zukommen. Die Nachricht sei ein „Schock“ gewesen und „total unverständlich“, sagt Oliver Hagemann, Koordinator bei BIG Prävention. „Wir können jetzt schon der Nachfrage nicht nachkommen“, bis 2025 sei die Initiative ausgebucht. Sollte das Geld wirklich wegfallen, müsse man Stunden beim Fachpersonal kürzen. Hagemann befürchtet, dass die Fachkräfte sich dann neue Stellen suchen würden. „Dadurch können wir unsere Standards nicht mehr halten“, so der Koordinator.

Wie wichtig BIG Prävention für die Kinder ist, weiß auch die Grundschullehrerin Silke Anders. 2019 machte sie zum ersten Mal einen Workshop mit ihrer Klasse, damals hatte sie einige Kinder aus schwierigen Verhältnissen. In diesem Jahr ist sie wieder mit einer Klasse gekommen. „Die Kinder sind viel selbstbewusster geworden und ihnen wurde die Angst genommen, nach Hilfe zu fragen“, erzählt Anders. Während des Workshops rufen die Kinder zusammen den Kindernotruf an, in einer privaten Sprechstunde können sie sich öffnen und von zu Hause erzählen. „Ohne diesen Workshop bleiben viele Täter unsichtbar“, ist Anders überzeugt.

Eine taz-Anfrage an den Senat zu den Kürzungsplänen blieb bis Redaktionsschluss am Dienstag unbeantwortet. Dem Tagesspiegel sagte Martin Klesmann, Sprecher der Bildungsverwaltung: „Die Haushaltslage ist und bleibt angespannt. Bei steigenden Ausgaben ohne wesentlich steigende Einnahmen müssen Prioritäten gesetzt werden, um Projekte und Investitionen zu ermöglichen, die bisher nicht möglich gewesen sind.“

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1 Kommentar

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  • Das Problem solcher Berichte ist immer wieder das gleiche: man kann überhaupt nicht einschätzen, welcher Bedarf angemessen und und was einfach "mitgenommen" wurde. Siehe neulich die "temporären" Spielstraßen, wo eine sehr hohe Summe im 5-stellinge Bereich angeblich viel zu wenig wäre, während viele Vereine, die Woche für Woche Kindern und Jugendlichen Angebote machen, von solchen Beträgen nur träumen können.