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Weltweite MilitärausgabenWarnung vor Aufrüstungsspirale

Die Stockholmer Friedensforscher warnen im Sipri-Bericht vor einer „Aktions-Reaktions-Spirale“. Vor allem der Ukrainekrieg hat die Rüstung hochgetrieben.

Das Stockholmer Friedensinstitut warnt vor einer weltweiten Aufrüstungsspirale Foto: Armin Weigel/dpa

Stockholm dpa | Die weltweiten Militärausgaben haben 2023 wieder einen Höchststand erreicht. Bereits zum neunten Mal in Folge übertrafen die Zahlen die Ausgaben des Vorjahres, wie aus einem neuen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervorgeht, der am Montag veröffentlicht wurde.

Demnach stiegen die Ausgaben im Jahr 2023 inflationsbereinigt um 6,8 Prozent auf 2,44 Billionen US-Dollar (rund 2,28 Billionen Euro) – der größte Anstieg im Jahr-zu-Jahr-Vergleich seit 2009. 2022 waren es noch 2,24 Billionen Dollar (rund 2,04 Billionen Euro) gewesen. Die größten zehn Geldgeber haben allesamt ihre Ausgaben deutlich erhöht.

Mit für diesen beispiellosen Anstieg verantwortlich sei auch der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. „Alle Regionen, die wir abbilden, haben zugenommen. Das gibt uns eine Perspektive für eine Welt, die sich weniger sicher fühlt und vielleicht eher auf harte Sicherheitsmaßnahmen als auf diplomatische Mittel zurückgreift“, sagte Sipri-Forscher Lorenzo Scarazzato.

Ein Land nehme Spannungen und Instabilität wahr und strebt daher statt diplomatischer Mittel lieber nach harter Sicherheit, investiere also möglicherweise mehr in Militärausgaben. „Einer der Hauptgründe ist natürlich die russische Invasion in der Ukraine. Wir haben gesehen, wie das in Europa zu einem Anstieg der Militärausgaben geführt hat“, erklärte Scarazzato.

Deutschland in Europa die zweitgrößten Ausgaben

Die USA bleiben ungeschlagen an der Spitze der Staaten, die die meisten Ausgaben für das Militär haben. Sie alleine machten mit 916 Milliarden US-Dollar (knapp 859 Milliarden Euro) mehr als ein Drittel (37 Prozent) der weltweiten Militärausgaben aus – etwa das Dreifache vom zweitplatzierten China. Mit 12 Prozent der weltweiten Ausgaben gab China geschätzte 296 Milliarden Dollar für das Militär aus – 6 Prozent mehr als im Vorjahr. Zusammen machten nur diese beide Staaten etwa die Hälfte der weltweiten Ausgaben 2023 aus.

Insgesamt blieben die obersten sieben Plätzen nach Angaben des Berichts konstant. Auf Platz drei stand demnach Russland, gefolgt von Indien und Saudi-Arabien, wie auch bereits 2022. Deutschland rangierte abermals auf dem siebten Platz der Staaten mit den größten Ausgaben – kurz hinter Großbritannien.

„Wenn es um Deutschland geht, wird es oft kritisiert, weil es das Zwei-Prozent-Ziel der Nato noch nicht erreicht hat“, sagte der Sipri-Forscher im Bezug auf die Auswertungen. „Was wir vielleicht nicht vergessen sollten, ist, dass Deutschland eine der wichtigsten Wirtschaftsmächte in Europa ist und nach dem Vereinigten Königreich die zweitgrößten Militärausgaben in Europa tätigt.“ Deutschland habe damit einen effektiven Anteil an den Ausgaben. Die Bundesregierung stellte für 2024 das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels in Aussicht. „Ich denke also, wir sehen, wie sich in Deutschland das Narrativ ändert“, sagte Scarazzato.

„Deutschland trägt mittlerweile einen erheblichen Teil zur globalen Aufrüstungsspirale bei“, meint dazu Alexander Lurz, Abrüstungsexperte bei Greenpeace. „Der unrühmliche Platz 7 in der Liste der Staaten mit dem größten Militärbudget sollte alle zum Nachdenken bewegen, die jetzt auch noch ein zweites Sondervermögen oder die Reform der Schuldenbremse zur Aufrüstung der Bundeswehr fordern“. Generell gebe es seiner Ansicht nach ein verengtes Verständnis von Sicherheit. Nur mit Rüstung ließe sich diese nicht erreichen. „Wir sehen, dass die massive Aufrüstung die Welt nicht zu einem sichereren Ort macht, sondern die Gewalt allerorten fördert“, sagte er.

2,3 Prozent des globalen BIP

Der größte prozentuale Anstieg in der Gruppe der Top 10 war in der Ukraine zu verzeichnen. Ihre Militärausgaben stiegen um 51 Prozent auf 64,8 Milliarden Dollar (etwa 60,7 Milliarden Euro). Sie wechselten so von Platz 11 im Jahr 2022 auf Platz 8 im Jahr 2023. Die Militärausgaben machten mehr als die Hälfte (58 Prozent) der gesamten Staatsausgaben aus. Dieser Anteil lag somit deutlich höher als in Russland, wo die Militärausgaben im vergangenen Jahr 16 Prozent der gesamten Staatsausgaben ausmachten.

Hinzu kamen Militärhilfen anderer Länder für die Ukraine in Höhe von mindestens 35 Milliarden Euro. Diese Hilfen und die eigenen Militärausgaben der Ukraine machten etwa 91 Prozent der russischen Militärausgaben aus.

In Russland stiegen die Militärausgaben um 24 Prozent auf geschätzte 109 Milliarden Dollar (etwa 102 Milliarden Euro) im Jahr 2023. Die weltweiten Militärausgaben entsprachen 2,3 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts.

Der jährlich erscheinende Sipri-Bericht zu den Militärausgaben in aller Welt gilt als weltweit umfassendste Datensammlung dieser Art. Die Friedensforscher zählen auch Aufwände für Personal, Militärhilfen sowie militärische Forschung und Entwicklung zu den Ausgaben.

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3 Kommentare

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  • Den Teilsatz " ... sondern die Gewalt allerorten fördert." kann ich so nicht nachvollziehen.



    Die aufrüstenden Länder haben sicher eine andere Motivation.

  • „Wir sehen, dass die massive Aufrüstung die Welt nicht zu einem sichereren Ort macht, sondern die Gewalt allerorten fördert“

    Irgendwie kann ich ja nachvollziehen, dass man bei Sipri - komme was da wolle - am alten Mantra festhalten möchte. Solche Platitüden wirken allerdings nicht nur völlig aus der Zeit gefallen, sondern waren immer schon realitätsfern und sind es heute mehr denn je. Die ewigen Minsker Verhandlungen haben den Frieden keinen Deut sicherer gemacht, und die lahme Reaktion des Westens auf russische Annexionen hat Putin im Zweifelsfall eher ermuntert. Die vermeintliche militärische Schwäche der Ukraine hat ihn wohl sogar glauben lassen, das ganze werde in wenigen Tagen vorbei sein (konterkariert, nebenbei bemerkt, auch die hier immer wieder gerne verbreitete These, Russland habe sich bedoht gefühlt). Es ist also genau anderherum, als es Sipri glauben machen möchte. Der freiwillige und einseitige Verzicht auf Atomwaffen hat der Ukraine jedenfalls keinen Deut genützt.

    Inzwischen möchte man ja bekanntlich auch in Schweden selbst nicht mehr darauf vertrauen, dass Neutralität und Diplomatie einen ausreichenden Schutz bieten. Aber das Stockholmer Institut scheint da ja in einer ganz eigenen Welt zu leben.

    • @Schalamow:

      So ist es.

      Der (radikale) Pazifismus ist auch nur moralische Überheblichkeit. Man geht davon aus, dass wenn man seine friedlichen Absichten nur klar genug kommuniziert, die anderen vor dieser edlen Haltung in Ehrfurcht erstarren und sich nichts sehnlicher wünschen, als diesem Beispiel zu folgen.



      Da spielt meiner Meinung nach auch ein bischen Chauvinismus mit....

      Wenn das wirklich so funktionieren würde, wie konnte dann eigentlich der europäische Kolonismus gewaltsam indigene Völker unterwerfen?