Weltkulturerbe: Dresdner Brücke gefährdert Berliner Weltkultur
Die deutsche Unesco ist optimistisch, dass die Berliner Reformsiedlungen als Weltkulturerbe anerkannt werden, wäre da nicht die Sache mit Dresden
Die deutsche Unesco-Kommission sieht gute Chancen für die sechs Berliner Siedlungen der Moderne, auf die Welterbeliste gesetzt zu werden. "Sie erfüllen nach dem Votum des Gutachters alle Kriterien", sagte der stellvertretende Generalsekretär Dieter Offenhäußer eineinhalb Wochen vor der erwarteten Entscheidung. Die Unesco tragt vom 2. Juli an in Kanada, um über mehr als 30 Anträge für die Welterbeliste zu entscheiden.
Die Berliner Bewerbung hat offenbar nur noch ein Manko - und das liegt in Dresden. Dort wird trotz heftiger Proteste die Waldschlösschenbrücke über das Elbtal gebaut. Das ist seit 2004 Welterbe, steht aber wegen der Brücke seit 2006 auf der Roten Liste gefährdeter Stätten. Am 5. Juli berät die Unesco gar über die Aberkennung des Titels.
Offenhäußer räumte ein, dass das Verhalten Dresdens den Berliner Ambitionen "augenscheinlich sehr schade". Die Hauptstadt leide unter Dresdens "Kompromisslosigkeit". Auch die Direktorin des Bauhaus-Archivs, Annemarie Jaeggi, befürchtet negative Auswirkungen. "Da mache ich mir am meisten Sorgen - die Unesco könnte Deutschland abstrafen", sagte Jaeggi der taz.
Die Berliner Siedlungen - Gartenstadt Falkenberg, Hufeisensiedlung Britz, Schillerpark, Weiße Stadt, Siemensstadt und Wohnstadt Carl Legien - sollen als Vorreiter des sozialen Wohnungsbaus gewürdigt werden (taz berichtete). Sie wurden in den Jahren nach 1925 maßgeblich von Bruno Taut und Stadtbaurat Martin Wagner gebaut. Ihre Architektur und Konzeption waren damals revolutionär.
Landeskonservator Jörg Haspel hat stets die weltweite Bedeutung der Quartiere hervorgehoben: Berlin sei Zentrum moderner Architekten gewesen, die gute und lebenswürdige Wohnungen für Menschen mit wenig Geld schaffen wollten. Insofern würden mit einer Aufnahme nicht nur die Ensembles gewürdigt, sondern generell die damalige Reformbewegung.
Die Moderne ist ohnehin auf der Welterbeliste unterrepräsentiert. In Deutschland stehen aus dieser Epoche etwa das Bauhaus und seine Stätten in Weimar und Dessau sowie die Zeche Zollverein in Essen unter besonderem Schutz. Grundsätzlich hat die Unesco Interesse daran, dieses Defizit gegenüber barocken Altstädten auszugleichen. Allerdings falle der Kommission eine Bewertung oft schwer, weil die Stätten noch nicht so alt sind und sich die Frage der langfristigen Wertschätzung stelle, sagte Offenhäuser. "Es entsteht langsam ein Bewusstsein für die Notwendigkeit, die Moderne zu schätzen."
Mit einer Entscheidung zu den Berliner Siedlungen wird für den 8. oder 9. Juli gerechnet
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