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Weltklimagipfel geht in die Verlängerung250-Milliarden-Dollar-Kompromiss zeichnet sich ab

Die Verhandlungen sind zäh: Es geht ums Geld. Wie viel müssen reiche Länder armen Ländern in Zukunft für Klimaschutz und -anpassung zahlen?

Endzeitstimmung – auch beim Mobiliar: Das lässt Aserbaidschan schon mal nach und nach einpacken, während noch verhandelt wird Foto: Rafiq Maqbool/AP photo

Baku taz | Um sechs Uhr am Freitagabend hätte die Weltklimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku vorbei sein sollen – aber noch fetzen sich die Staaten in den Verhandlungen, wohl mindestens noch über die Nacht hinweg. Ein zweiter Entwurf der aserbaidschanischen Gipfelpräsidentschaft für einen gemeinsamen Beschluss der Staaten sorgt bei vielen armen Ländern und Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen für Empörung.

Der größte Streitpunkt: ein neues globales Ziel für die Klimafinanzierung. Das sind die Hilfsgelder für Klimaschutz und Klimaanpassung in armen Ländern, zu deren Zahlung sich die Industrieländer verpflichtet haben. Aktuell liegt der vereinbarte Betrag bei insgesamt 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr, ab 2025 soll der Betrag deutlich höher ausfallen – aber um wie viel?

Im neuen Entwurf ist die Rede davon, die Klimafinanzierung bis 2035 auf 250 Milliarden US-Dollar pro Jahr anwachsen zu lassen. Die Entwicklungsländer fordern für die Zeitspanne von 2025 bis 2035 die jährliche Zahlung von 1,3 Billionen US-Dollar.

Auch diese Zahl findet sich im aktuellen Entwurf, allerdings nicht als Verpflichtung. Die Weltklimakonferenz „ersucht“ demnach die Staaten, ein entsprechendes Anwachsen der Mittel aus öffentlichen wie privaten Quellen zu ermöglichen. Das ist unverbindlich, aber wohl als Kompromiss erwähnt.

„Das wird dem Bedarf in keiner Weise gerecht“

Der Entwurf geht in anderer Hinsicht auf Staaten wie die EU-Länder zu: Er nennt nicht die Industriestaaten als alleinverantwortlich für die 250 Milliarden US-Dollar. Stattdessen heißt es, sie sollten bei der Zahlung „die Führung übernehmen“ – was auch andere Zahlende impliziert.

Das richtet sich in erster Linie an mittlerweile wohlhabende und CO2-intensive Länder wie China oder die Golf-Staaten, die laut Klimarahmenkonvention von 1992 keine Industrieländer sind – und damit bisher nicht zur Zahlung von Klimafinanzierung verpflichtet. Viele Industrieländer wollen, dass sich das ändert.

Jan Kowalzig, Referent für Klimawandel und Klimapolitik bei der Hilfsorganisation Oxfam, bewertet die Summe von 250 Milliarden US-Dollar als unzureichend. „Das wird dem wachsenden Bedarf der einkommensschwachen Länder in keiner Weise gerecht“, so der Experte. „Dieser Entwurf ist inakzeptabel.“ Auch David Ryfisch, Experte für Klimafinanzierung bei Germanwatch, sieht diese Summe noch als nicht beschlussfähig. Es gebe genug Berechnungsmodelle, die zeigen, dass „bequem noch mehr möglich ist.“

Nach einer UN-Auswertung aller nationalen Klimapläne brauchen die Entwicklungsländer bis 2030 zwischen 215 und 387 Milliarden US-Dollar für die Anpassung an die Folgen der Klimakrise und sogar 5,1 und 6,8 Billionen US-Dollar für Klimaschutz. Allein letzteres würde pro Jahr schon 455 bis 584 Milliarden pro Jahr bedeuten.

Die Lücke zwischen dem Klimafinanzierungsziel im aktuellen Entwurf und dem eigentlichen Bedarf sei so groß, meint Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch, „dass wichtige Gruppen der Entwicklungsländer diesen Entwurf so nicht akzeptieren werden.“ Er befürchtet, dass ein niedriges Finanzierungsziel genutzt werden könne, um auch Klimaziele abzuschwächen – wenn arme Länder nämlich argumentierten, dass für eine stärkere Emissionsreduktion das Geld nicht reiche.

Nur vage bei Schadensersatzzahlungen

Kontrovers sind bei den Klimaverhandlungen auch regelmäßig Zahlungen für Verluste und Schäden durch die Klimakrise, also etwa für den Wiederaufbau nach Naturkatastrophen. Arme Länder können die Kosten oft nicht stemmen und müssen sich hoch verschulden. Reiche Länder befürchten, dass Schadensersatzzahlungen wie ein Schuldeingeständnis für die Verursachung der Klimakrise gewertet werden könnten – und eine Haftung nach sich ziehen.

In den vergangenen Jahren gab es in dem Punkt Fortschritte, es wurde etwa ein erster Fonds für Schäden und Verluste eingerichtet, wenn auch nur schwach gefüllt. Im aktuellen Entwurf für einen Beschluss in Baku wird für diesen Zweck keine konkrete Zielsumme genannt. Es wird lediglich ein Bedarf grundsätzlich anerkannt, besonders für die ärmsten Länder und die kleinen Inselstaaten.

Das dürfte den entsprechenden Delegationen nicht annähernd reichen, vermuten Beobachter*innen. „Wenn das so beschlossen wird, wäre das ein Schlag ins Gesicht von Millionen Menschen in den besonders gefährdeten Ländern, denen der Klimawandel die Lebensgrundlagen immer weiter entzieht“, meint Jan Kowalzig von Oxfam.

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7 Kommentare

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  • Die entscheidende Frage ist doch, wer an dem Öl am meisten verdient hat.



    Wo stehen denn die goldenen Paläste, wo die Megawolkenkratzer ?

    Alle haben das Öl genutzt - aber nur manche sind dabei unermeßlich reich geworden.

  • Es sollten nicht die reichsten "Länder" zur Kasse gebeten werden, sondern die reichsten Menschen. Bei den Ländern träfe es wieder mal die, welche den obszönen Reichtum möglich machen.

  • Warum macht man die "Klimafinanzierung" nicht abhängig von den aktuellen CO2-Emissionen, von denen es schließlich abhängt, ob es auf 1,5 oder 2 oder 3 Grad hinausläuft? Je mehr ein Land an Emissionen verursacht, umso mehr muss es in den Klimafonds einzahlen und nur Länder, die ihre Emissionen auf kleinem und kleinsten Level halten bekommen Geld aus dem Klimafonds unter der zusätzlichen und von der UN kontrollierten Bedingung, dass das Geld auch wirklich richtig eingesetzt wird.



    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sehr viele Schwellenländer mit dem vorhandenen Geld, woher es auch kommt, fossile Kraftwerke bauen und ihren oft rasant steigenden Beitrag zum Anstieg der Globaltemperatur "leisten".

  • Eine paradoxe Logik. Wir brauchen mehr Wachstum, um Geld für den Anlasshandel an die geschädigten Länder zu haben.



    Die Logik der Konservativen Wirtschaft oder Klimaschutz. Dann brauchen die Länder noch mehr Geld.



    Wie tun so, als ob der Klimawandel oder die Klimaveränderungen an uns vorbeigehen.

  • Wer soll zahlen? Was versteckt sich hinter dem Begriff die "Industrieländer"?



    Die aktivistischen Vielflieger, die von Konferenz zu Konferenz eilen, oder die Beschäftigten im Niedriglohnsektor, die sich knapp die Miete leisten können.

    Auch in öffentlichen Haushalten ist kein Geld vorhanden, für soziales oder Infrastruktur, woher soll das Geld kommen?

    Und was sollte mit diesem Geld geschehen, wer soll es erhalten? Die gleichen Stellen, die auch die Gelder für Entwicklungshilfe erhielten?

    Glaubt hier jemand, dass die USA oder die Ölstaaten oder die aufstrebenden, neuen, Industriestaaten, etwas zahlen?

    Was wir haben sind Aussagen von Organisationen, die entweder direkte Nutznießer von Transferzahlungen sind, oder wie die EU supranationale Verwaltungs- und Transferstrukturen sind, die Geld ausgeben, dass sie nicht erarbeiten müssen.

    Es ist Geld, das nur dann zur Verfügung steht, wenn die Industrieländer Wachstum und Überschüsse erzielen, aber dieser Widerspruch scheint ja nicht zu stören.

    • @Octarine:

      "Auch in öffentlichen Haushalten ist kein Geld vorhanden, für soziales oder Infrastruktur, woher soll das Geld kommen?"

      Wenn unsere Politiker es nicht dulden oder gar unterstützen würden dass der deutsche Staat geplündert und ausgeraubt wird wäre genug Geld da.

      Schauen sie sich doch die Wirecards und Cum-Ex dieser Welt an ! Da ist unser Geld !

  • "Wie viel müssen reiche Länder armen Ländern in Zukunft für Klimaschutz und -anpassung zahlen?"



    Gar nichts. Geld Geld Geld, die Universallösung. Und immer wieder wird der Elefant im Raum ignoriert...



    Es bringt nichts diese Länder mit Geld zu fluten so lange nicht auch endlich verlässliche Strukturen vorhanden sind die dafür sorgen, dass das Geld auch tatsächlich für den Klimaschutz und die Beseitigung der Folgeschäden fließt.



    Gerade aus den jahrzehntelangen Erfahrung mit der Entwicklungshilfe ist das Problem bestens bekannt - totschweigen beseitigt es nicht, zumal in vielen armen Ländern zumeist zwielichtige Regime am Werk sind oder Eliten, die kein Interesse daran haben, der Allgemeinheit Entwicklung Teil werden zu lassen.



    www.sueddeutsche.d...ngshilfe-1.4853080



    Die Gelder für Entwicklungshilfe und die jetzt geforderten Klimaanpassungshilfen sollten in deutlich höherem Maße in Patenschaften ausgegeben werden. Empfängerländer können dann mit den Gebern über notwendige Maßnahmen beraten und die Geber führen dann vor Ort die Maßnahmen aus. So ist wesentlich besser garantiert, dass viel weniger Geld als mit der Gießkanne in der Korruption versinkt.