Weltflüchtlingstag: Wer kümmert sich um die Syrer?
In und um Syrien sind 6 Millionen Menschen auf der Flucht, dieses Jahr dürften Millionen hinzukommen. Deutschland will 5.000 aufnehmen. Das reicht nicht, sagen Hilfswerke.
BERLIN dpa/epd | Angesichts dramatisch steigender Flüchtlingszahlen weltweit appellieren Flüchtlingshilfswerke anlässlich des Weltflüchtlingstages 20. Juni an die Bundesregierung, mehr Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Die von Bund und Ländern vereinbarte Zahl von 5.000 aufzunehmenden Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien sei angesichts des massenhaften Leids und der Belastung der Nachbarländer Syriens "eine fast lächerliche Zahl", erklärte der Direktor des Caritasverbandes des Erzbistums Paderborn, Josef Lüttig, am Mittwoch.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte am Wochenende angekündigt, Deutschland werde im Juli die ersten Flüchtlinge eines Kontingents von 5.000 Syrern aufnehmen. Der Umgang in Deutschland mit den Flüchtlingen aus Syrien erfordere eine schnelle und unbürokratische Hilfe, sagte Caritas-Direktor Lüttig.
Auch die Organisationm"terre des hommes" forderte, mehr syrische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. "Zu einer humanen Politik gehört auch, dass diejenigen, die sich zu uns retten wollen, nicht an den Außengrenzen der EU abgewiesen oder in Lager gesperrt werden", sagte Kinderrechtsexpertin Sonja Welp.
Keine Besserung zu erwarten
Der Syrien-Konflikt ist ein Hauptgrund für die rapide Zunahme der Flüchtlingszahlen weltweit. Aus dem Bürgerkriegsland sind etwa 1,6 Millionen Menschen in Nachbarländer geflohen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR befürchtet, dass die Zahl der syrischen Flüchtlinge im Ausland bis Ende des Jahres auf 3,45 Millionen Menschen steigt. Innerhalb des Bürgerkriegslandes sind bereits 4,25 Millionen Menschen auf der Flucht.
Angesichts der Eskalation des Bürgerkriegs in Syrien sei für 2013 keine Besserung zu erwarten. Die Weltgemeinschaft müsse nun Syriens Nachbarländer, insbesondere Jordanien und den Libanon, bei der Versorgung der syrischen Flüchtlinge unterstützen, so Guterres. Der Generaldirektion für Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der EU-Kommission (ECHO) zufolge könnten in den kommenden Tagen und Wochen noch mehr Menschen aus Syrien fliehen. Vor allem schwangere Frauen verlassen das Land.
"Viele befürchten, dass die Kämpfe anhalten oder sich sogar verschärfen", sagte Heinke Veit, ECHO-Regionalkoordinatorin im jordanischen Amman dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im Land fehle es an Medikamenten, Nahrungsmitteln und sauberem Wasser. Ähnlich äußerte sich die Hilfsorganisation Care Deutschland-Luxemburg.
Fliehende Kinder brauchen besseren Schutz
Anlässlich des Weltflüchtlingstages am Donnerstag forderte die Diakonie einen Flüchtlingsschutz für alle Kinder und Jugendlichen, die ohne familiäre Begleitung nach Deutschland flüchten. Bisher können sie nur als Flüchtlinge anerkannt werden, wenn sie nachweisen können, dass sie bedroht wurden. Gibt es für eine Bedrohung keinen Beweis, werden sie in Deutschland nur geduldet und können jederzeit abgeschoben werden.
Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier plädierte für einen sicheren Aufenthaltsstatus und eine Perspektive in Deutschland für die Minderjährigen. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Caritasverband. "Ein dauerhafter Duldungsstatus ist für die betroffenen Menschen humanitär inakzeptabel und gesellschaftspolitisch nicht länger vertretbar", sagte Caritas-Präsident Peter Neher.
Weltweit über 45 Millionen auf der Flucht
Am Mittwoch hatte das UNHCR einen Bericht vorgelegt, wonach bewaffnete Konflikte die Zahl der Flüchtlinge weltweit auf den höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten haben steigen lassen. 2012 seien mehr als 45,2 Millionen Menschen auf der Flucht gewesen - der höchste Stand seit 1994, als der Völkermord in Ruanda und der Zusammenbruch von Jugoslawien die Flüchtlingszahlen in die Höhe schnellen ließen, erklärte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres.
„Wir erleben eine Zunahme neuer Konflikte, und es scheint, dass die alten nicht enden“, fügte Guterres hinzu. Die meisten Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, fliehen dem Bericht zufolge vor Kriegen. 55 Prozent der Flüchtlinge stammen aus nur fünf Staaten: Afghanistan, Somalia, Irak, Syrien und dem Sudan. Wachsende Flüchtlingszahlen verzeichneten auch die afrikanischen Krisenländer Mali und Demokratische Republik Kongo.
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