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Weltbild-Verlag ist insolventKeiner will mehr Popenschmöker

Der von der katholischen Kirche bezuschusste Weltbild-Verlag ist zahlungsunfähig. Das Unternehmen aus Augsburg hat den digitalen Umbruch unterschätzt.

Der Insolvenzverwalter steht schon fest: Sitz des Weltbild-Verlags in Augsburg. Bild: dpa

MÜNCHEN rtr | Der Augsburger Weltbild-Verlag hat Insolvenz angemeldet. Das für die Sanierung des verlustreichen Unternehmen notwendige Geld sei überraschend nicht zur Verfügung gestellt worden, begründete die Geschäftsführung am Freitag den Insolvenzantrag beim Amtsgericht Augsburg.

Das Unternehmen mit mehr als 6.000 Mitarbeitern ist einer der größten Buchhändler in Deutschland – und hierzulande einer der wichtigsten Konkurrenten des US-Versandhändlers Amazon. Weltbild gehört den Bistümern der katholischen Kirche in Deutschland, die nach Medienberichten nun kein Geld mehr geben.

Nun soll der Neu-Ulmer Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz Weltbild sanieren. Geiwitz war als Insolvenzverwalter der Drogeriekette Schlecker bekannt geworden. Der Geschäftsbetrieb von Weltbild werde fortgesetzt. Die Filialen sowie die Internet-Tochter bücher.de seien von der Insolvenz zunächst nicht betroffen.

Ein Grund für die missliche finanzielle Lage sei, dass der Umsatz zwischen Juli und Dezember trotz des über Erwarten guten Weihnachtsgeschäfts zurückgegangen sei, erklärte Weltbild. „Das auch für die nächsten drei Jahre erwartete geringere Umsatzniveau verdoppelt den Finanzierungsbedarf bis zur Sanierung“, hieß es in der Mitteilung. Weltbild hatte das Tempo des digitalen Umbruchs in der Branche unterschätzt.

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17 Kommentare

 / 
  • DR
    Der Rächer mit dem B.

    Im Westen nichtss Neues..

     

    Für jeden Sklaven, den sich Weltbild hält, gibt es nichts zu betrauern. Habe selbst bei diesem Verein verdient und daher Einblick in diese Menschenvernichtungsmaschienerie. Unnützes Zeug wird dort am Fließband in Schichtarbeit produziert. Der Hintergrund: "Brot und Spiele", die vergeudung der lieben Zeit, abichtliche Massenverdummung, .. (natürlich sind auch Beispiele der häufigen Auswirkungen).

     

    Toleranz für Intoleranz?

     

    Wenn sich die Menschen systematisch weigern würden, auf diesen Sklavenschiffen anzuheuern, wäre die Arbeitsmarktsituation schon längst auf einem sozialen Weg. Eigentlich.

     

    Der Rächer mit dem Becher

  • W
    Wsewolod

    Hab ich gar nicht gewusst, dass dieser Verlag sich die Veröffentlichungen dieses Verlages vorwiegend an orthodoxe Priester richteten. Oder meint hier jemand mit dem Wort "Pope" die Weltbildkunden verhöhnen zu müssen. Eine Wortschöpfung wie in der Bild - fehlt nur noch der Bindestrich zwischen Popen und Schmöker.

  • A
    Arne

    Falsche Konzeption wie so oft.

    Die unter 50jährigen kaufen per Internet. Einzige Möglichkeit für solche althergebrachten Betriebe ist es, mit ihrer Kundschaft zu altern. Da der Markt da zwar zunehmend schmilzt, sprich: wegstirbt, fehlt wohl eine Strategie, wie man mit der Kundenanzahl schrumpfen kann. Zahlungskräftig sind die Rentner, die dort kaufen, bestimmt größtenteils.

    Aber da das Kapital hier ja alles vorne und hinten reingesteckt bekommt von Merkel, zeigen sich jetzt die Probleme, die eine reine exportorientierte Wirtschaft hat. Die nötigen Innovationen, hier eben für den Binnenmarkt einer alternden Bevölkerung, bleiben aus.

    Dank übermäßiger Verwöhnung des Kapitals wird es bald deutlich sichtbar unter Merkel & Co. mit der BRD bzw. deren Wirtschaftskraft bergab gehen. Das hat man dann davon, dass man Kanzlerinnen wählt, die die echte BRD vor 1989 nicht kennen.

    • U
      Ungläubiger
      @Arne:

      Weltbilds Untergang liegt nicht allein am demographischen Wandel, sondern auch an einer falschen Ausrichtung: Kaum Buchhändler in der Läden, meistens "nur" Verkäufer; Massenware aus der Bestsellerliste des Spiegel; keine sortimenterische Tiefe und auch keine Breite um das zu kompensieren (wie auch auf den kleinen Flächen); aber auch keine Nische oder besondere Kompetenz; dazu Tand, den niemand haben will und billige Selbstauflagen. Kein Wunder, dass das Konzept nicht aufgeht. Hätte man bei Weltbild aber auch früher erkennen können. Das ist das Problem, wenn sich ahnungslose fachfremde BWLer denken "ach Bücher, Kekse, mp3-Player ... egal verkaufen ist verkaufen".

      Tja, zum Leidwesen für die gefährdeten Arbeitsplätze stimmt der Satz "books are different" nur zu sehr. Und nicht umsonst ist "BuchhändlerIn" ein Ausbildungsberuf mit dreijähriger Asubildungszeit (anders als zum Beispiel zwei Jahre für VerkäuferInnen).

      Das kommt allerdings nur zu den von Ihnen erwähnten Problemen hinzu ... aber auch das hätte man bei Weltbild früher erkennen können.

  • G
    Gadson

    für die leute dort ist es traurig. Meine Mutter hat immer gerne dort bestellt. Aber heute ist das Zeitalter der Billigheimer mit Billiglöhnern und Global Player wie Amazon. Diese werden den Bücherverkauf irgendwann wohl monopolisieren.

     

    ich hab schon ein schlechtes Gewissen und hoffe doch das sie überleben. Auch Weltbild hat mittlerweile einen Gebrauchtbüchermarkt online.

    • U
      Ungläubiger
      @Gadson:

      Ja und auch Weltbild betreibt Lohndumping und stattet seine Filialen mit billigen Teilzeitkräften in befristeten Verträgen aus. Wenn Sie ein gutes Gewissen beim Bücherkauf haben möchten, dann ist es unerheblich, ob Sie bei Amazon oder bei Weltbild kaufen. Bei Weltbild arbeiten auch kaum Buchhändler, sondern in erster Linie VerkäuferInnen im Einzelhandel oder Branchenfremde Kräfte.

      Insofern ist es nur schade um die Arbeitsplätze, nicht aber um eine vermeintliche Buchhändlerische Kompetenz (auch bei Weltbild gibt es Ausnahmen, aber die traurige Regel sieht aus, wie oben beschrieben).

      "Echte" Buchhändler (das ist ein Ausbildungsberuf, der ein wenig über das hinausgeht, was zum Beispiel Ikea oder andere von ihrem Angestellten fordern) gibt es bei Osiander, der Mayerschen, selbst bei Thalia und Hugendubel. Und wenn Sie "traditionellen" Buchhandel erleben möchten, sollten Sie sich einen Inhabergeführten Buchladen suchen, in dem Chef/Chefin persönlich im Laden stehen. Leider gibt es davon immer weniger und daran hat auch Weltbild seinen nicht unerheblichen Anteil.

  • "Weltbild gehört den Bistümern der katholischen Kirche in Deutschland" und denen ist es lieber, mal geschmeidig 31 Millionen Euro für ein Bischofsdomizil auzugeben, statt 6000 Arbeitsplätze zu erhalten.

  • J
    J.P.Harrah

    Genau, und weil keiner mehr die

    Popenschmöker will,fordert Verdi

    die Popen auf,den Verlag mit

    hunderten vom Millionen künstlich

    am leben zu halten.

    Wohl dem der ein klares Feindbild

    hat.

    • U
      Ungläubiger
      @J.P.Harrah:

      Naja, bei Weltbild dürfte es wohl auch daran gelegen haben, dass die einzigen wirklichen Bücher, die dort liegen, billige Selbstauflagen uralter Titel und Stapelware aus der Spiegel-Bestseller-Liste sind. Der Rest ist Ramsch und Tinnef, den man ein wenig hübscher auch bei Depot, Buttlers oder der kleinen Boutique um die Ecke bekommt. Da ist Weltbild ja sogar noch schlimmer als Thalia oder Hugendubel.

      Dass man mit Massenware auf kleiner Fläche als Vollsortimenter nicht überleben kann, das haben bisher vor allem die Inhaber geführten Buchhandlungen gespürt, die Weltbild in den letzten Jahren fleißig und mit aggressiver Expansionspolitik bekämpft hat. Jetzt merken die Leute, dass sie dort auch nichts anderes finden als bei Amazon und dort auch keine Buchhändler, sondern Verkäufer arbeiten. Schade um die Arbeitsplätze, in der Tat. Und für unabhängige Buchhändler leider oft zu spät, vor allem, weil der Ramschbetrieb weitergeht.

      Die bei Weltbild haben nicht zwingend den "digitalen Umbruch" verpennt – sie haben schlicht versäumt, sich eine Nische zu suchen und ihren Kunden auch mal ein wenig Fachkompetenz zukommen zu lassen. Zumal im Ebook eh kaum was zu verdienen ist. Und das, obwohl die Titel (fast) das gleiche kosten, wie die Printausagaben.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Weltbild ist ein Symptom der beginnenden Absatzkrise. Weitere Konzerne werden folgen. Die Leiharbeit und der Niedriglohnsektor verschärfen die Binnenmarktschwäche. Doch die deutsche Politik macht unverdrossen weiter.

    • U
      Ungläubiger
      @774 (Profil gelöscht):

      Weltbild setzt auch auf Billiglohn und Massenramsch. Ist also kein großer Unterschied zu Amazon und Co ;)

      Und Weltbild macht deswegen kaum Umsatz, weil ihr Ansatz falsch ist: Wenn ich in einen Buchladen gehen, dann müssen dort Buchhändler und keine Laien im Laden sein. Sonst kann ich auch online bestellen und dort hat leider Amazon einen unschlagbaren Ruf. Leider sind die wirklich gut bei dem, was sie tun ...

  • Z
    Zgorzelec

    "Weltbild hatte das Tempo des digitalen Umbruchs in der Branche unterschätzt."

     

    Die Branche hat noch stürmische Zeiten vor sich, auch trotz des antiquierten Buchpreisbindungsgesetz wird man nicht auf ewig alte Geschäftsmodelle konservieren können. Wie die Musikindustrie sich vor 10 Jahren auch umorientieren musste.

    • U
      Ungläubiger
      @Zgorzelec:

      Die Buchpreisbindung ist nach wie vor sinnvoll, sonst kann es sein, dass Bücher in abgelegenen Dörfern ungleich teurer sind, als in der Großstadt. Und das verstößt gegen den Grundsatz, gleichen Zugang zu Bildung für alle zu schaffen.

      Außerdem hat das fallen der Buchpreisbindung in alle Ländern, die diesen Irrweg eingeschlagen haben zu ein sterben von Verlagen und Buchhandlungen (nicht die großen Buchhandelsketten, sondern kleine Buchhandlungen mit viel Literaturkompetenz) geführt. Damit wäre dann sicher, dass wir in Deutschland in absehbarer Zeit nur noch Bücher von RandomHouse bekommen. Möchten Sie das?

      Die USA, die Schweiz und andere haben da leidvolle Erfahrungen gemacht und rudern mittlerweile wieder zurück. Aber wenn ein Verlag erstmal hin ist, ist er hin.

      Der oberste Richter am "Supreme Court of the United Kingdom" hat gesagt: "Books are different". Und das sollte man sich immer vor Augen führen. Ob es 15 Margarinesorten gibt oder nicht ist ziemlich irrelevant, letzten Endes sind sie auch alle nur mehr oder weniger fett. Wenn Bücher fehlen, fehlen wichtige Wege Ideen und Geschichten zu transportieren und wir bekommen eine Einheitspampe, die uns auf dem Brot nicht auffallen würde, wohl aber in den Köpfen ;)

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    "Keiner will mehr Popenschmöker" kläfft die Auflagenkönigin TAZ mutig unter dem Tisch heraus...

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @738 (Profil gelöscht):

      Daß Auflagenstärke kein Zeichen von Qualität ist, beweist doch Deutschlands schmierigstes Hetzblatt.

  • NF
    Norbert F. Schaaf

    WELTBILD insolvent - Bertelsmann schließt CLUB-Filialen! Tolle Leistung der Manager á la Middelhoff, richtig visionär! Die sind dem Boni-Glück immer eiligst nachgelaufen, das Umsatz-Glück ist dabei hinterhergerannt.

    • U
      Ungläubiger
      @Norbert F. Schaaf:

      Die CLUB-Filialen waren doch auch eher Ramsch und Modernes Antiquariat als echte Literatur-Vielfalt. Eigentlich ist es ganz gut, dass die Kunden sich für Vielfalt entscheiden. Schade nur, dass Amazon mit am meisten Vielfalt bietet ...