Weiter Proteste in Ägypten: „Geh, geh!“

Straßensperren, Tränengas und schwarze Bildschirme: In Ägypten gehen die Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern des Präsidenten und seinen Gegnern weiter.

Die Demonstrationen in Kairo gehen weiter. Bild: reuters

KAIRO dapd |Mit einem Protest vor dem Kairoer Präsidentenpalast haben mehr als 100.000 Ägypter ihrer Verärgerung über die Machtausweitung von Präsident Mohammed Mursi Luft gemacht. Die Protestaktion am Dienstag richtete sich auch gegen die Übermacht der Islamisten im Land.

Kurzzeitig kam es zu Krawallen, als einige der Demonstranten auf dem Marsch zum Präsidentenpalast eine Straßensperre zur Seite räumten. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Menge vor, mindestens 17 Menschen wurden laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur MENA verletzt.

Der Protest fand unter dem Motto „Die letzte Warnung“ statt. Der große Zustrom bei der Kundgebung war ein weiteres Zeichen der Unterstützung für die Opposition bei ihren Protestaktionen gegen den von den Islamisten durchgeboxten Verfassungsentwurf und die neuen, fast unbegrenzten Machtbefugnisse des Präsidenten. Bereits vor einer Woche hatten mehr als 200.000 Menschen auf dem Kairoer Tahrir-Platz demonstriert, vergangenen Freitag waren es ähnlich viele.

Nach den kurzen Zusammenstößen am Dienstag ließen die Sicherheitskräfte den Demonstrationszug passieren, dem sich in den Abendstunden immer mehr Menschen anschlossen. Mursi habe den Palast auf Anraten seiner Leibwächter über einen Hintereingang verlassen, als die Menge auf dem Weg zu seinem Palast anwuchs, sagte ein Mitarbeiter des Präsidenten. Mursis Sprecher betonte allerdings, dass der Präsident am Ende seines Arbeitstages den Palast durch die selbe Tür wie immer verlassen habe.

Mehr als 100.000 Menschen versammelten sich vor den Mauern des Gebäudekomplexes, Tausende weitere in der näheren Umgebung. Auch am Tahrir-Platz, mehrere Kilometer vom Palast entfernt, demonstrierten Zehntausende. Es gab aber keine Anstalten den Sitz Mursis zu stürmen, wie einige Demonstranten im Vorfeld angekündigt hatten. Viele von ihnen riefen „Geh, Geh“ und schwenkten die ägyptische Flagge.

Schwarze Bildschirme

Die Protestaktion vor dem Präsidentenpalast erinnerte an eine ähnliche Kundgebung am 11. Februar 2011, als der damalige Machthaber Husni Mubarak angesichts des Volksaufstands gegen sein Regime zurücktrat. In Alexandria sowie in weiteren ägyptischen Städten kam es am Dienstag ebenfalls zu Protesten.

Trotz des Widerstands schien Mursi nicht gewillt zu sein, einen Kompromiss einzugehen. Der Präsident habe sich am Dienstag mit einigen hochrangigen Mitglieder seiner Regierung getroffen, um die Vorbereitungen für das geplante - und von der Opposition abgelehnte - Referendum über die neue Verfassung zu diskutierten, teilte das Büro des Präsidenten mit.

Weitere Teile der ägyptischen Gesellschaft schlossen sich inzwischen auch den Streiks gegen Mursi und dessen Muslimbruderschaft an. Nach den Richtern gingen am Dienstag auch einige Medien in den Ausstand. Mindestens acht einflussreiche Tageszeitungen stellten aus Protest gegen den Verfassungsentwurf der Islamisten ihr Erscheinen ein.

Die privaten Fernsehsender wollten sich der Aktion am Mittwoch ebenfalls anschließen und ausschließlich schwarze Bildschirme zeigen. Viele Journalisten befürchten Einschränkungen der Meinungsfreiheit, sollte der Entwurf in einer Volksabstimmung am 15. Dezember angenommen werden.

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Auch Jahre nach Beginn des „Arabischen Frühlings“ reißen die Massenproteste nicht ab. Ein ganzes Jahrzehnt ist tief durch die Arabellion geprägt. Im Schwerpunkt-Dossier „Zehn Jahre Arabischer Frühling“ berichten taz-Korrespondent*innen und Gastautor*innen aus den Umbruchsländern vom Maghreb über Nordafrika bis nach Syrien, den ganzen Nahen Osten und die arabische Halbinsel.

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