: Weisheiten auch ohne Bauch und autoritäre Art
■ Wasserball: Poseidon-Erfolgscoach Herberger kämpft für mehr Geld und Training
Der Mann war so klug, sich gar nicht erst lange mit Fußball aufzuhalten. Das hätte Frank Herberger wegen seines Nachnamens bestenfalls jede Menge Frotzeleien eingebracht. Statt dessen also Wasserball. Aber selbst dort bleibt der 37jährige nicht unbehelligt. Ob er nicht vielleicht doch irgendwie etwas mit Sepp Herberger zu tun habe, dem ehemaligen Fußball-Bundestrainer, der 1997 hundert Jahre alt geworden wäre? Nein, hat Frank Herberger nicht.
Seit 1994 ist er Trainer des SV Poseidon. Nach knapp zehn Jahren im sportlichen Niemandsland unterhalb der ersten Bundesliga möchte er das kleine Wasserballwunder schaffen: den Verein in die nationale Spitze zurückzubringen, in der er sich in den 60ern und 70ern tummelte. Ein entscheidender Schritt könnte bereits am Wochenende getan werden. Dann trifft der Tabellenführer Poseidon auf seinen ärgsten Verfolger Esslingen. Einen Tag später geht es gegen den SV München 99.
„Um erstklassigen Wasserball zu spielen, brauchst du Geld, regelmäßiges, ausgiebiges Training und eine gute Nachwuchsarbeit“, sagt Herberger. Mit den Finanzen hapert es noch, und auch die Übungsmöglichkeiten müßten besser sein. Circa 40.000 Mark beträgt der Etat, der ohne Sponsoren aufgebracht wird.
Der Verein finanziert sich weitgehend aus Mitgliedsbeiträgen und Einnahmen des vereinseigenen und von der Stadt Hamburg bezuschußten Poseidon-Bades am Olloweg in Eidelstedt. „Für die erste Liga brauchen wir eigentlich mehr, damit die Spieler nicht noch dazubuttern müssen“, sagt Herberger und hofft auf einen schönen Badesommer.
Und das Training? Das ist ihm bisher weder regelmäßig noch ausgiebig genug. „Krafttraining würde ich auch ganz gerne machen, aber das ist natürlich ein Problem, wenn du den ganzen Tag gearbeitet hast.“Die Trainingsbeteiligung könnte ebenfalls besser sein. Neue kommen kaum, obwohl die 18jährigen des Vereins letztes Jahr Deutscher Meister wurden. Herberger macht sich keine Illusionen über die Schwierigkeiten der Nachwuchsarbeit. Dafür bringt er – ein wenig schwärmerisch – den wahren „Herberger“des Hamburger Wasserballs ins Spiel: Bernhard Biddrich.
„Der rannte mit seiner Trillerpfeife durchs Poseidon-Bad und hatte sich abends jede Menge Jugendliche zusammengetrillert, die Wasserball spielen wollten.“Die mit großen Füßen fürs Tor, die mit großen Händen für draußen. Viele wollten wirklich, manche trauten sich nur nicht, nein zu sagen.
Der kleine Mann, an dessen wohlgenährtem Wirtschaftswunder-Bauch die berühmte Trillerpfeife baumelte, war in jeder Beziehung autoritär. Sei Wahlspruch war: „Jeder in der Mannschaft hat eine Stimme, macht zusammen elf, ich hab zwölf. Jetzt können wir abstimmen.“Hartnäckig hält sich das Gerücht, der Hafenarbeiter sei bis heute der einzige geblieben, dem das Pfeiferauchen in der Schwimmhalle zu verbieten Hamburgs Bademeister sich nicht trauten.
Alles vorbei, der Qualm hat sich längst verzogen. Heute muß Frank Herberger mit anderen Bedingungen klarkommen. Die harte Nummer zieht nicht mehr. Da könnte er soviel trillerpfeifen, daß ihm schwarz vor Augen würde. „So bringst du keine Jugendlichen mehr zum Wasserball.“
Keine Frage, Wasserball in Hamburg, ohnehin schon eine Beckenrandsportart, wenn auch eine anspruchsvolle, gerät in Gefahr, auf dem Trockenen zu landen. Da helfen auch keine Trainer-Weisheiten a la Herberger Sepp.
„Auch bei uns ist der Ball rund“, sagt Herberger Frank, „aber ein Spiel dauert viermal siebeneinhalb Minuten und nicht 90.“Außerdem gelte die Maxime „Vor dem Spiel ist nach dem Spiel“beim Wasserball nur bedingt. „Bei uns werden vor dem Spiel die Fingernägel kontrolliert.“Uwe Wetzner Poseidon-Heimspiele: gegen Ess-lingen morgen um 17 Uhr und gegen München 99 am Sonntag um 11 Uhr (beide Begegnungen im Poseidon-Bad am Olloweg)
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