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■ WeinprobeBecker's bester

Niemals würde Johann-Josef Becker einem Verband beitreten, auch keinem Ökowein- Verband. Dafür ist der Weinbauer aus Walluf im Rheingau viel zu sehr Individualist. Seit über 15 Jahren schon baut er seine Reben ökologisch an, ohne groß Aufhebens davon zu machen. Aber seine Öko-Geschichte ist viel älter: Als es Anfang der 60er Jahre Usus wurde, chemische Herbizide anzuwenden, fing man beim Weingut Becker erst gar nicht damit an. Synthetische Düngemittel und Insektizide kamen gleichfalls nie in Frage. Als die Nachbarwinzer nach Jahren die Chemiedosis wieder herunterfahren wollten, fragten sie Becker, warum auf seinen Weinbergen denn so viele Nützlinge herumkreuchten und -fleuchten.

Becker wäre nicht Becker, wenn er den verbandsmäßig organisierten Öko-Weinbau nicht auch ordentlich durchschütteln würde, vor allem, was deren Umgang mit dem Pilz-Problem angeht. „Die Mengen an Kupfersalzen, die die Bioverbände erlauben, kann man nicht gerade ökologisch wertvoll nennen.“ Außerdem sei ein völlig fungizidfreier Anbau nur in begünstigten Mikroklimaten möglich. „Die Bio-Winzer profitieren doch von den konventionell arbeitenden Nachbarn“, die mit ihren Giften einem Großteil der Sporen das Handwerk legten. „Außerdem: synthetische Fungizide, vorsichtig benutzt, sind nicht so schlecht.“ Klar, das einer mit solchen Ansichten nicht in einen Bio-Weinbauverband paßt. Aber auch aus anderen wie dem Verband deutscher Qualitäts- und Prädikatsweingüter (VDP) und dem Verband der High-Class-Weingüter des Rheingaus, der „Charta“, hält Becker sich heraus.

Im Weinkeller schwört Becker auf schonende Ausbaumethoden. „Jedes Pumpen, jede Filtration kostet Aroma.“ Also verzichtet Becker so weit wie irgend möglich darauf. Die Weine ruhen lange im großen Holzfaß: Nahezu ein Jahr die fast durchgängig säurebetont bis „brutal“ (Becker) ausgebauten Rieslinge, ein bis zwei Jahre die Spätburgunder.

Zum weitaus größten Teil verkauft Johann-Josef Becker seine Weine an die Gastronomie. In Berlin steht nun ein Wirtshaus, das gleichzeitig Weinfachgeschäft ist: Das Weinstein in Prenzlauer Berg. Nachteil: Beckers Weine aus dem 96er Jahrgang sind hier noch nicht verfügbar. Vorteil: Im Angebot ist eine ganze Palette verschiedener Kreszenzen älterer Jahrgänge. Preislich ist man bei Becker-Weinen ab etwa 10 Mark dabei. Hervorzuheben sind überraschenderweise die Rotweine. Den Spätburgunder-QbA aus der Spitzenlage Wallufer Walkenberg als „Standardwein“ zu bezeichnen, ist eine gewaltige Untertreibung. Eine wahre Freude, zum Mitnehmen 17 Mark. Aber eigentlich wäre es schade, den Weinstein mit der Flasche in der Hand eiligst wieder zu verlassen. Für einen Aufschlag von nur 15 Mark je Flasche („Korkgeld“) kann man in diesem eigenartig zwischen ländlich-rustikal und metropolitan schillernden Athmosphärenmix einen Abend angenehmst verbringen. Wählen muß man aus einem Angebot, das – neben dem Ausschnitt aus dem Sortiment von Johann-Josef Becker – 30 offene und etwa 200 Flaschenweine (Schwerpunkte: deutsche Rieslinge, spanische und französische Rotweine) umfaßt. Eberhard Schäfer

Weinstein: Lychener Straße 33, Telefon 4411842, geöffnet täglich von 18 bis 2 Uhr

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