Weihnachten für umme (2): Immer den Aufklebern nach
taz-Adventskalender: Zum Wandern muss man nicht in die Alpen, man braucht nicht mal ein S-Bahn-Ticket. Ein Netz von Wanderwegen durchzieht Berlin.
Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise Türchen für Türchen nach Wegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden kann mit dem ach so besinnlichen Fest.
Blau-weiße Sticker leuchten im trüben Pankower Novemberlicht, ein blauer Querbalken auf weißem Grund. Dazu trägt einer die Nummer 4, ein anderer die Nummer 5. Die Sticker kleben an Wegweisern und sind Markierungen für Wanderwege. 20 gibt es insgesamt, die kreuz und quer durch die Stadt verlaufen. Grüne Hauptwege heißen sie, weil sie wichtige Grünzüge miteinander verbinden. Die 4 zum Beispiel das Tegeler Fließ in Reinickendorf mit dem Mauerpark in Prenzlauer Berg, immer am Verlauf der ehemaligen Grenze entlang.
Seit 2004 wächst dieses Wegenetz, die Umweltverwaltung koordiniert und fördert das Projekt. Die lokalen Wandervereine kleben jedes Jahr ein bis zweimal die Markierungen neu. Doch besonders bekannt sind diese grünen Wege durch die Stadt nicht.
Charmantes Angebot
Dabei ist das Angebot äußerst charmant. Es drängt sich nicht auf, es schreit nicht laut: Hier musst du rauf, wie irgendein Gipfelweg in den Alpen. Es ist eine Einladung, die eigene Stadt neu zu sehen, an einem nebligen Adventswochenende. Und wenn man nach ein paar Kilometern lieber doch nicht weiter will, dann dreht man eben wieder um und läuft an einem anderen (sonnigeren) Tag weiter. Kostet ja höchstens ein klein wenig Ausdauer. Inzwischen ist das Wegenetz so dicht, dass man fast überall in Laufweite einen Aufkleber findet.
Weg Nummer 4 ist der Lübarser Weg, 14 Kilometer lang vom Tegeler Fließ bis zum Mauerpark. Weg Nummer 5 ist viel länger, 44 Kilometer, und begleitet im wesentlichen die Panke vom Barnim im Norden bis zum S-Bahnhof Friedrichstraße. Ich folge beiden in Richtung Bürgerpark.
Eigentlich haste ich hier ständig lang: zum Supermarkt, beim Joggen. Jetzt nehme ich mir mal Zeit. Und sehe, dass inzwischen 20 Bienenstöcke auf der Wiese neben dem Kinderbauernhof stehen. Die Wiese ist nämlich ein Wildbienenlehrpfad und auf einer Schautafel lese ich, dass 70 Prozent aller Wildbienenarten ganz allein leben – und nicht in Völkern, wie die Honigbiene. Jetzt, im Winter, warten sie in hohlen Ästen und Pflanzenstengeln, dass es irgendwann wieder Frühjahr wird. Darauf warte ich auch.
An der Kreuzung Schönholzer Straße/Parkstraße muss ich mich entscheiden, ob ich weiter will in Richtung Schlosspark Schönhausen. Ich drehe ab nach Hause. Ich kann ja wiederkommen.
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