Wegen neuem Abhör- und Mediengesetz: Nachrichten-Boykott gegen Berlusconi
Mit der Medienfreiheit in Italien ist es bekanntermaßen nicht weit her – nun will Berlusconi auch noch ein weiteres "Maulkorbgesetz" erlassen. Die wichtigsten Zeitungen streikten deshalb.
ROM dpa | Tausende italienische Journalisten haben am Freitag mit einem Nachrichten-Boykott gegen ein neues Abhör- und Mediengesetz der Regierung von Silvio Berlusconi protestiert. Nur eine Hand voll Zeitungen lagen an den Kiosken, die wichtigsten Blätter waren nicht erschienen. Der Aktion schlossen sich Radio- und TV-Journalisten an. Sie richtete sich gegen ein "Maulkorbgesetz", das teils drastische Strafen für all jene vorsieht, die "unrechtmäßig" Ermittlungsakten oder auch mitgeschnittene Gespräche in ihren Medien veröffentlichen.
Führende Zeitungen wie der "Corriere della Sera", "La Stampa" oder "La Repubblica" hatten am Vortag mitgeteilt, dass sie sich an dieser Protestaktion beteiligen und erst am Samstag wieder erscheinen. Auf den Markt kamen nur einige wenige Blätter wie "Il Giornale" aus dem Fininvest-Konzern des Regierungschefs und Medienzars Berlusconi oder auch der rechtskonservative "Libero". Alle anderen Medien halten den Gesetzentwurf, der den Senat schon passiert hat und Ende Juli von der Abgeordnetenkammer behandelt werden soll, für nicht hinnehmbar. Der nationale Journalistenverband FNSI hatte zu dem "Tag des Schweigens" aufgerufen, unterstützt unter anderem von "Reporter ohne Grenzen".
Das Gesetz sieht Haftstrafen für Journalisten und Geldbußen für Verleger vor, die bei Ermittlungen abgehörte Telefonate unerlaubt veröffentlichen, schränkt aber auch das in Italien weit verbreitete Abhören ein. Berlusconi argumentiert, es gebe bei weitem zu viele Lauschangriffe, die Privatsphäre müsse weit besser geschützt werden. Die linke Opposition sieht in dem "Knebel-Gesetz" nur einen erneuten Versuch Berlusconis, die Medienfreiheit in Italien einzuschränken.
Leser*innenkommentare
Amos
Gast
Wer sich selbst nicht vertraut, unterstellt anderen alles Mögliche. "Als Duce", so fühlt er sich, versucht man eben die Demokratie abzuschaffen. Wo kämen wir denn da hin, wenn man einen Drecksack,- Drecksack nennen darf.