Wegen der Fehmarnbelt-Querung: Bahn will Brücke dicht machen

Die Brücke zur Insel Fehmarn soll jahrelang gesperrt werden: Sanierung zu teuer, Neubau als Ersatz dauert zu lange. Auch Fernverkehr nach Skandinavien betroffen.

Ein Auto fährt unter den mächtigen Bögen der Fehmarnsundbrücke.

Baudenkmal mit beschränkter Restlaufzeit: Die Fehmarnsundbrücke Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Brücke über den Fehmarnsund wird möglicherweise vier Jahre lang für den Bahnverkehr gesperrt. Das geht aus einem Bericht des Bundesrechnungshofes für den Deutschen Bundestag hervor. Demnach gebe es Pläne der Deutschen Bahn, „dass auf der Sundbrücke zwischen 2021 und 2025 keine Züge verkehren“ sollen.

Damit wäre nicht nur die Ferieninsel Fehmarn vom deutschen Festland abgeschnitten, auch der gesamte Fernverkehr von Hamburg nach Kopenhagen und Stockholm wäre betroffen. Die Ausweichroute über Flensburg und über den Großen Belt zwischen den dänischen Inseln Fünen und Seeland würde die Reisezeiten deutlich verlängern.

Eine Sprecherin der Deutschen Bahn bestätigte dieses Szenario im Grundsatz, wollte sich aber nicht auf Zeitangaben festlegen lassen. „Klar ist, dass es beim Ausbau einer eingleisigen Strecke zu Auswirkungen im Schienenverkehr kommen wird“, räumte sie ein. Natürlich sollten „die Beeinträchtigungen so gering wie möglich“ gehalten werden, einen Ersatzverkehr werde es „selbstverständlich“ geben. Dann müssten im Sommer Busse die Feriengäste vom Festland über die Brücke auf die Insel bringen – eine Vorstellung, die auf Fehmarn auf keinerlei Begeisterung treffen dürfte.

Die Bahn prüft derzeit vier Varianten einer künftigen Fehmarnsund-Querung: zwei Brücken- und zwei Tunnelbauten für jeweils eine vierspurige Straße und zwei Bahngleise. Die mehr als 50 Jahre alte Brücke hat laut einer statischen Untersuchung aus dem Jahr 2013 „aufgrund von Materialermüdung für einzelne wichtige Träger und Pfeiler eine geringe beziehungsweise keine Restnutzungsdauer“.

Die Meerenge trennt die Ostseeinsel Fehmarn vom schleswig-holsteinischen Festland.

Der Sund: Er verbindet die Kieler und die Lübecker Bucht, ist etwa acht Kilometer lang und zwischen 600 und 900 Meter breit.

Die Brücke: Sie ist 963 Meter lang, die landseitigen Rampen dazugerechnet sogar 1.300 Meter. Sie trägt zwei Fahrspuren, ein Bahngleis und einen Fuß- und Radweg.

Die Passage: Die Durchfahrt für Schiffe unter dem markanten Stahlbetonbogen – welcher der Brücke den Kosenamen „Kleiderbügel“ einbrachte – ist 248 Meter breit und 23 Meter über Normalnull hoch, der Tiefgang liegt zwischen vier und elf Metern.

Denkmal: Seit 1999 steht die Brücke, die am 30. April 1963 für den Verkehr freigegeben wurde, unter Denkmalschutz.

Der Neubau: Nach Fertigstellung der Fehmarnbelt-Querung zwischen Dänemark und Fehmarn sollen bis zu 860 Meter lange Güterzüge über den Sund rollen. Dieser Belastung ist die alte Brücke nicht gewachsen.

Güterverkehr erfordert Neubau

Diese Prognose bezog sich darauf, dass nach Fertigstellung einer festen Fehmarnbelt-Querung täglich bis zu 78 schwere Güterzüge über den Sund fahren sollen. Diese wären fast so lang wie die Brücke (siehe Kasten) und würden diese folglich mit ihrem gesamten Gewicht belasten. Sie könne „die zu erwartenden Mehrverkehre nicht tragen“, so die aktuelle Auskunft der Bahn. Deshalb sei ein Neubau „unumgänglich“.

Der aber wird kaum vor 2028 fertig sein. Bis dahin die alte Brücke verkehrssicher zu halten, wäre Aufgabe der Bahn, einen Neubau hingegen müsste der Bund bezahlen. Der Bundesrechnungshof moniert deshalb, die Bahn wolle möglichst wenig Geld in die Instandhaltung einer Brücke stecken, die sie ohnehin ersetzen will. Der Bedarf wird auf 21 Millionen Euro geschätzt, die Bahn indes wolle nur noch acht Millionen Euro für das Nötigste ausgeben – trotz der drohenden Nebenwirkung, die alte Brücke ganz oder teilweise aus dem Verkehr ziehen zu müssen, obwohl der Ersatz noch nicht bereit steht.

Das schleswig-holsteinische Verkehrsministerium hat nach Angaben seines Sprechers Harald Haase „keine Anhaltspunkte für eine Sperrung der Brücke“. Allerdings liege die Federführung bei der Bahn. Schleswig-Holstein indes habe sich nichts vorzuwerfen, weil das Land seinen Finanzierungsanteil für Erhaltungsmaßnahmen „stets bereitgestellt“ habe.

Grüne sehen „völlig verkorkste“ Planungen

Kritischer sieht das Schleswig-Holsteins grüner Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz. Der Bericht des Bundesrechnungshofes offenbare „massive planerische Versäumnisse“. So sei es ein Fehler, Alternativen zu einem Neubau von vornherein auszuschließen. Deshalb werde das Projekt „gnadenlos schön gerechnet“, was zu „weiteren Verzögerungen und explodierenden Kosten“ führe, so von Notz.

Ursprünglich sollte der von Dänemark zu bauende Tunnel im Fehmarnbelt 2021 fertig gestellt sein und rund vier Milliarden Euro kosten. Nach aktuellen Berechnungen wird er fast doppelt so teuer und frühestens 2028 fertig. Die deutsche Anbindung zwischen Fehmarn und Lübeck wurde auf 850 Millionen Euro taxiert, Inbetriebnahme 2025. Das dürfte nun mindestens drei Jahre später werden, die Kosten samt Brücke oder Tunnel dürften auf etwa drei Milliarden Euro steigen. „Die Planungen an Belt und Sund“, konstatiert von Notz, „sind völlig verkorkst.“

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