Wegen Druck aus Moskau: Inguschetien hat einen neuen Präsidenten

Aufgrund von Druck aus Moskau tritt der bisherige Amtsinhaber in der Nordkaukasusrepublik Murat Sjasikow zurück. Sein Interims-Nachfolger ist ein russischer Armeeoberst.

BERLIN taz Murat Sjasikow, seit 2002 Präsident der Nordkaukasusrepublik Inguschetien, ist zurückgetreten. Neuer Präsident ist der kommissarisch eingesetzte Junus-Bek Jewkurow. Dem 51-jährigen FSB-General Sjasikow folgt ein Oberst der russischen Armee, der bislang Vizestabschef für Wolgaland und das Uralgebiet war. Sofort nach dem Rücktritt von Sjasikow war Jewkurow in Inguschetiens Hauptstadt Magas eingetroffen.

Die Entscheidung, Sjasikow fallen zu lassen, dürfte im Kreml getroffen worden sein. Dort war man mit einem Präsidenten unzufrieden, dem die Lage zusehends entglitten war. Innerhalb eines Tages war Interimspräsident Jewkurow auf Vorschlag von Präsident Dmitri Medwedjew vom inguschischen Parlament mit nur einer Gegenstimme zum Präsidenten gewählt und vereidigt worden.

Bereits Anfang des Jahres hatte die russische Menschenrechtsorganisation Memorial angesichts des Kampfs gegen den Terror in Inguschetien vor einer unkontrollierbaren Zunahme der Gewalt gewarnt. Immer wieder verschwänden Verdächtige kurz nach ihrer Verhaftung und tauchten wenig später in einem Gefängnis der Nachbarrepublik Nordossetien auf, wo sie unter Folter Geständnisse unterschrieben, so Memorial.

Als Folge dieser staatlichen Gewalt erhielten die Aufständischen immer neuen Zulauf. 52 Angehörige der staatlichen Sicherheitsorgane waren seit Jahresbeginn von Aufständischen in der Republik getötet worden. Präsident Sjasikow selbst war machtlos. Aufständische hatten sein Dorf, die Präsidialverwaltung sowie seinen Autokonvoi beschossen und enge Verwandte des Präsidenten getötet.

Dessen Amtsvorgänger Ruslan Auschew begrüßte den Wechsel. Auch die Opposition freute sich über den Abgang von Sjasikow und bot Interimspräsident Jewkurow ihre Zusammenarbeit an. Gleichzeitig veröffentlichte die oppositionelle Internetseite ingushetia.org eine Liste mit den Namen von 47 Personen, die eng mit Sjasikow zusammenarbeiteten, und empfahl ihnen, Orte aufzusuchen, an denen der Zorn des Volkes sie nicht treffen könne.

Wie ernst derartige Drohungen sind, weiß man spätestens seit dem Tod von Magomed Jewlojew, dem Betreiber der Internetseite Ingushetiya.ru, der am 31. August 2008 in Polizeigewahrsam erschossen worden war. Noch auf der Beerdigung hatten die Verwandten des Opfers Blutrache gefordert. In den folgenden Wochen waren mehrere Angehörige von Präsident Sjasikow ermordet worden.

Der 45-jährige Oberst Jewkurow war in der militärischen Aufklärung tätig und für seine Einsätze im Tschetschenienkrieg als Held der Russischen Föderation ausgezeichnet worden. 1999 war er als Kommandeur einer Fallschirmjägereinheit unter den 200 russischen Soldaten, die handstreichartig den Flughafen von Pristina im Kosovo eingenommen hatten und so den Nato-Truppen zuvorgekommen waren. In der Folge wäre es im Kosovo beinahe zu einem Konflikt zwischen russischen und Nato-Truppen gekommen.

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