Wechseljahre als Thema im Bundestag: Ein Antrag für neun Millionen Frauen
Die Union im Bundestag fordert eine „Menopausen-Strategie“, Ampelpolitikerinnen zeigen sich zumindest offen. Was soll sich ändern?
Zeulner bringt deshalb einen Antrag in den Bundestag ein, den ihre Fraktion bereits einstimmig beschlossen hat: Geschaffen werden soll ein „gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für die Wechseljahre der Frau“. Und erarbeitet werden soll eine „nationale Menopausen-Strategie nach internationalem Vorbild“. Der Antrag wird am Freitag im Plenum debattiert.
Die Menopause markiert die letzte Menstruation der Frau, in westlichen Ländern tritt sie durchschnittlich im Alter von 51 bis 52 Jahren ein. Die Jahre davor, die Perimenopause oder Wechseljahre, erstrecken sich im Schnitt über sieben Jahre, bei frühem Beginn sogar bis zu elf Jahren. Derzeit befinden sich allein in Deutschland rund neun Millionen Frauen in den Wechseljahren. Im Jahr 2030 wird etwa ein Viertel der weiblichen Weltbevölkerung betroffen sein.
Doch wie so oft in der Frauengesundheit „klafft eine Lücke an Forschung“, Programmen und Geldern, heißt es im Antrag der Unionsfraktion. Das hat Folgen: Im Medizinstudium ist das Thema nicht angemessen verortet, und Gynäkologen erhalten für Beratung kaum Honorare: Pro Quartal sind gerade einmal 17,54 Euro vorgesehen. Mehr als die Hälfte der Befragten einer aktuellen Umfrage bewerten die Aufklärung über Wechseljahre entsprechend als schlecht oder sehr schlecht.
Hier sieht alles ungewohnt aus? Stimmt, seit Dienstag, 15.10.2024, hat die taz im Netz einen rundum erneuerten Auftritt. Damit stärken wir, was die taz seit Jahrzehnten auszeichnet: Themen setzen und laut sein. Alles zum Relaunch von taz.de, der Idee dahinter und der Umsetzung konkret lesen Sie hier.
Bei alldem müsse es zu „fundamentalen Veränderungen kommen“, sagt Zeulner: Endokrinologische, also hormonwissenschaftliche Inhalte, sollten in der Facharztausbildung vertieft werden. Separate Abrechnungsziffern für Beratungen seien nötig. Und vor allem braucht es einen „neuen Blick auf effektive Behandlungsmöglichkeiten“.
Auch am Arbeitsplatz fordert Zeulner Verbesserungen: „Frauen brauchen die Unterstützung ihrer Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber“, heißt es im Antrag. „Zum Beispiel durch Anpassung der Arbeitsbedingungen, flexible Arbeitszeiten oder Zugang zu Ruheräumen“. In Großbritannien etwa lassen sich Arbeitgeber explizit als „menopause friendly“ zertifizieren.
Die erste bundesweite Befragung von Frauen über Wechseljahresbeschwerden 2023 zeigt das Ausmaß des hiesigen Problems: 10 Prozent der Befragten mit Beschwerden wollen früher in Rente gehen oder sind es bereits. Bei den Befragten, die älter als 55 Jahre waren, wollten sogar fast 20 Prozent der Frauen früher in Rente.
Gelingt die Zusammenarbeit?
Sie habe „den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen angeboten, einen gemeinsamen Antrag parteiübergreifend einzubringen“, um eine Chance auf Umsetzung zu haben, sagt Zeulner. „Das Thema betrifft alle Frauen. Da müssten wir es doch hinkriegen, zusammenzuarbeiten.“ Bisher habe die CSU-Politikerin allerdings „keine Bereitschaft“ wahrnehmen können.
Heike Engelhardt von der SPD-Fraktion sagte der taz, sie sei „jederzeit für Zusammenarbeit mit den demokratischen Fraktionen zu haben“ und lade die Union ein, „uns bei den kommenden Vorhaben zu unterstützen.“ Saskia Weishaupt, Obfrau der Grünen im Gesundheitsausschuss, sagte der taz: „Es ist gut, dass sich das Parlament mit frauenspezifischen Themen befasst.“ Nach der Debatte werde sich zeigen, „inwiefern gemeinsam an einer Initiative zu diesem Thema gearbeitet werden kann“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?