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Watchblogs zur AfDDie Beobachter

Sie wollen ein „Stachel im Hintern“ sein. Derzeit formieren sich immer mehr Watchblogs mit dem Ziel, die AfD zu demaskieren.

Im Visier der Watchblogs: die AfD-Parteivorsitzende Frauke Petry Foto: Reuters

Berlin taz | Der Mann will anonym bleiben. Nur so viel: Er komme aus Dresden, sei selbstständig, 41 Jahre alt. Alles andere behält er für sich. Der Mann – nennen wir ihn Heiko – ist einer der Macher von AfD-Watch, dem größten Beobachter-Blog der Partei Alternative für Deutschland. Damit macht er sich nicht nur Freunde. Es drohen „gesellschaftliche, körperliche oder rechtliche Repressalien“, auch davon „Schläger ins Haus“ zu schicken, war schon die Rede.

Seit 2012 berichten Heiko und sein Team – zwei Frauen, zwei Männer – auf dem Blog, Twitter, Youtube und Facebook über die rechtspopulistische Partei. In mühevoller Kleinarbeit sichten sie Videos, behalten die Machenschaften in den Online-Netzwerken im Auge, publizieren jeden Eklat. Wer hat welche Überschrift manipuliert, wer wen verklagt, geschlagen?

Zwei bis sechs Stunden investieren die Beobachter täglich. Im Visier: die AfD und ihre UnterstützerInnen. Das Netz ist ihre digitale Arena. Screenshots, Fotos und Videos sind ihre Waffen. „Wir wollen der Stachel im Hintern der AfD sein“, sagt Heiko. Das will nicht nur er. Immer mehr solcher Projekte formieren sich.

Afdmaskiert und der Blog von Andreas Kemper analysieren Programminhalte und setzen sich mit einzelnen PolitikerInnen auseinander. Auf Höckefon kann man sich Zitate von Björn Höcke selbst vorlesen lassen. Die Seiten afdfans sowie AfD WählerWatching haben die Anhängerschaft der Partei inklusive ihrer Thesen im Visier und auf Gegen die Alternative für Deutschland kommt alles zusammen.

Aufklärung im Minutentakt

Mit der AfD wächst auch die Zahl der kritischen Beobachter, die Stunde um Stunde in ihrer Freizeit ehrenamtlich Programme analysieren, Gespräche verfolgen, Kommentare lesen. Und dann veröffentlichen.

Warum tun sie das? Weil es in der Gesellschaft an „politischer Weitsicht, Bildung und Medienkompetenz“ fehle, sagt Heiko. Dieses „wir sind ja nicht rechts, wir sind ja ganz bürgerlich, wir haben ja Professoren“ der AfD sei eine Lüge. Es geht dem Netzaktivisten um politische Aufklärung.

Die extrem menschenverachtende Politik habe ihn wütend gemacht, sagt Nathan Mattes

Rund anderthalb Millionen Menschen erreicht er über seine Facebookseite pro Woche. Manchmal sogar im Minutentakt posten die MacherInnen Inhalte: Artikel, Fotos, Screenshots von Chats, Links zu Audio- und Videobeiträgen, die die Partei demaskieren sollen.

Auch Nathan Mattes, ein 23-jähriger Blogger und Softwareentwickler aus Berlin, hat vor wenigen Wochen eine Website hochgezogen. „Die extrem menschenverachtende Politik“ habe ihn wütend gemacht. Besonders die „feindselige“ Atmosphäre auf AfD-Veranstaltungen. Die Wut. Der Hass. Mattes hat Angst, dass das gesellschaftsfähig wird. Auf seiner Website wir-sind-afd sammelt er Zitate von AfD-PolitikerInnen und SympathisantInnen, versieht sie sorgfältig mit Quellenangabe und Link.

Wer steckt hinter den Watchblogs?

Auch ihn habe das „Wir sind doch nur nette Leute von nebenan“ aufgescheucht, sagt er. Seit Ende Februar ist die Seite online. Man kann sich dort nun durch Zitate wie „Was haben wir denn mit den Juden gemacht? Da gab es ja auch Möglichkeiten… Man muss gar nicht übertreiben, aber was anderes wird bald gar nicht mehr möglich sein. Die Flüchtlinge gehen ja nicht freiwillig“ oder „Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte“ scrollen.

Am Anfang hatte Mattes 500 Besucher am Tag. Als das Jugendportal bento seine Seite verlinkte, schossen die Besucherzahlen hoch auf 40.000. Auch AfD-Watch wuchs schnell von 200 auf inzwischen über 25.000 Likes.

Wer sind diese Menschen, die in ihrer Freizeit die AfD überwachen? Sie haben ganz unterschiedliche Hintergründe: Sie sind selbstständig, angestellt oder arbeitslos, von Mitte 20 bis Mitte 50, sie leben in Bayern, Sachsen, Nordrhein-Westfalen oder Berlin. Manche waren mal bei der Piratenpartei, andere sind es noch, einige sympathisieren mit der Linken oder der SPD. Sogar ein ehemaliger AfDler ist dabei.

Es sei eine „relativ bunte Mischung“, sagt auch Bloggerin Katharina Nocun über das AfD-Beobachter-Netzwerk. Auch sie leistet auf ihrer Seite Kattascha digitale Aufklärungsarbeit. Stundenlang habe sie sich dafür Originalreden von AfD-Funktionären angesehen, sagt Nocun, die mal politische Geschäftsführerin der Piratenpartei war. Erst vor kurzem hat sie der taz ein ausführliches Interview zu ihrem Projekt gegeben.

Die AfD kann nichts dagegen tun

„Ich habe die Wahlprogramme der AfD in meinem Blog analysiert, weil ich die Informationen wichtig finde und sie sonst nirgendwo im Netz gefunden habe.“ Sie will, dass die Menschen sich ihr eigenes Bild machen, bevor sie wählen. Das scheint zu funktionieren: „Hunderttausende haben meinen Blogbeitrag über die AfD-Forderungen gelesen. Viele davon wollen jetzt nicht mehr die AfD wählen.“

Der AfD selbst kann gegen die Watchblogs nicht viel ausrichten. „Solange diese keine Unwahrheiten über uns verbreiten, müssen wir sie als kritische Begleiter akzeptieren“, sagt AfD-Sprecher Christian Lüth auf Anfrage der taz. Sobald jedoch der faire demokratische Umgang nicht mehr eingehalten werden würde, behalte man sich vor, dagegen vorzugehen.

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11 Kommentare

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  • Es ist nicht so, dass die AfD es nicht versucht, gegen unbequeme Meinungen vorzugehen. Auf Facebook wurde AfD Watch mit Meldungen überschüttet bis die Seite vom Netz genommen wurde, und auch gegen andere Seiten wurden auf AfD Seiten Aufforderungen verbreitet gegen andere Watchseiten und Watchblogs mit Meldunngsflutung vorzugehen, um "die linken Politstörer" loszuwerden. Nach beweienden Screenshots wurden solche Aufforderungen dann häufig gelöscht, aber es wurde definitiv versucht, und es wird auch weiterhin zu solchen Vorfällen kommen. Gegner mundtot zu machen ist kein fairer Umgang, Herr Lüth. Es ist eine Widerholung historisch belegter Taktiken mit neuen Mitteln.

  • Ein sehr persönlicher Bericht

    GEGEN AFD MUSS MAN KÄMPFEN

     

    Ich als Ex-AfD`ler. der als Teamleiter von "Bottrop gegen NAZIS" hier in diesem Artikel auch erwähnt werde, war es nach meinem Austritt aus dieser unsäglichen Partei sehr wichtig, die Bevölkerung über die Gefährlichkeit von rechtsextremen Organisationen aufzuklären. Ich bin gar Gründungsmitglied dieses "Monsters" und habe nach 100 Tagen die AfD im Juni 2013 verlassen, da damals schon absehbar war, in welche Richtung die AfD tendieren wird.

    Mein Aufsatz "100 Tage in der AfD" hat auch in der internationalen Presse Schlagzeilen gemacht ( http://www.reuters.com/article/us-germany-party-euro-idUSBREA0M0K120140123 ) , den man selbstredend im Netz schnell findet. Hier berichte ich detailliert über meine Erfahrungen in dieser schlimmen, rechts-nationalen Gruppierung.

     

    Die AfD war meine erste Parteimitgliedschaft, die so enttäuschend endete. Natürlich wurde ich von meinen Ex-"Parteifreunden" diskreditiert, diffamiert, beleidigt, übel nachgeredet und gar mit dem Tode bedroht! Selbstredend führte ich einige Prozesse gegen diese angeblichen Demokraten, die ich allesamt gewann!

     

    Danach habe ich den "Widerstand" gegründet, der nun flächendeckend über die Machenschaften der AfD berichtet. "Niemand soll später einmal sagen können, dass er von den Absichten dieser Partei nichts gewusst haben wolle", ist mein besonderes Anliegen.

    Desweiteren ist für mich persönlich undenkbar, dass bei einer eventuellen Regierungsbeteiligung im Bund selbst ich als Pazifist und Philanthrop die Beine still halten werde. Manchmal muss man für die Demokratie, die Meinungsfreiheit und Menschlichkeit kämpfen; und nicht nur mit Plakaten und guten Worten!

     

    Stefan Soppe (Team "Bottrop gegen NAZIS" ( https://www.facebook.com/Bottrop-gegen-NAZIS-284334418387317/?fref=ts )

  • Vielen Dank für diese Medien. Es wird sich jetzt zeigen wie die AfD entwickelt. Man muss sie an Worten und Taten messen, ganz ohne Mobbing. Da geben die Kandidaten schon genug Kritikwürdiges von sich.

  • Toll, dass sich so viele Leute so viel Zeit nehmen, um die AfD korrekt auszuleuchten, ohne sich auf ein Thema zu beschränken.

     

    Nur, was bringen mir diese ganzen Informationen in einer Diskussion mit einem AfDler*in?

    Auf jedes Argument kommt als Antwort "Wir sind das Volk", geschrien natürlich, mit hochrotem Kopf.

     

    Wo Hass der Antrieb ist, da ist mit Rationalität nichts zu machen.

  • 'Weil es in der Gesellschaft an „politischer Weitsicht, Bildung und Medienkompetenz“ fehle'

    Und das erst seit es die AFD gibt??

  • Hätten sie mal besser auch so genau die Entwicklung der "Merkelrepublik" unter die Lupe genommen und auf Missstände rechtzeitig aufmerksam gemacht, dann gäb's auch kein Problem mit einer Protestpartei wie der AfD.

     

    Aber jetzt den Daumen so auf den einzig wahren "Stachel im Arsch" der regierenden Blockparteien zu halten ist schon ein bißchen dumm und kurzsichtig. Zumal es natürlich auch viel einfacher ist auf die einzige kleine Opposition im Ländle draufzuhauen, als sich mit den Mächtigen in der Regierung anzulegen.

    Das ist weder mutig noch standhaft noch sonst irgendeine Verteidigung der Demokratie, egal was sich diese Leute darauf einbilden, ganz im Gegenteil.

     

    Aber die AfD kann ganz beruhigt sein, jeder dieser "Watchblogs" und dessen Aktionen bedeutet wieder mindestens einen Prozentpunkt mehr bei den nächsten Wahlen...

    Diese "Beobachter" haben nämlich überhaupt nichts begriffen!

    • @Michel_Berlin:

      "Merkelrepublik" , da habt ihr euch eure eigene Dolchstoßlegende gebastelt. Wenn hier einer nichts begreift, dann sind sie das!

    • @Michel_Berlin:

      Da stellt sich mal wieder die Frage, welche Missstände der "Merkelrepublik" Sie meinen?

      Die AfD als einzige wahre Opposition in Deutschland?

      Oje, das wäre wahrlich schlimm!

      • @Artur Möff:

        Ständig vom reichen Deutschland hören, aber ständig Leute sehen, die in Mülleimern nach Pfandflaschen suchen oder bei den Tafeln Schlange stehen und nach Lebensmittel anstehen, die andere eigentlich vernichten wollten. Aber klar, wenn einer 1,1 Mill € hat und einer 0,1 Mill € Schulden, dann hat jeder statistisch 0,5 Mill €. Ein wirklich reiches Land.

        • @bigjoe:

          Das hat aber nicht erst mit Merkel angefangen. Nur, dass sie halt auch nix dagegen tut.

          Und im übrigen kann ich nur raten, das Wahlprogramm und die "Köpfe" der AfD mal näher unter die Lupe zu nehmen. Da ist nämlich garantiert NIX drin, was ein bißchen mehr Gerechtigkeit schafft. Im Gegenteil.

  • 2G
    21405 (Profil gelöscht)

    Bon Dieu!

    Der Heiko lehrt die AfD echt das Fürchten!

    Deutschland braucht mehr Heikos!