piwik no script img

Wasserbetriebe sollen Verträge offenlegenRot-Rot will Infos fließen lassen

Die Geheimverträge, die den Konzernen RWE und Veolia eine garantierte Rendite zusichern, sollen veröffentlicht werden: Die Koalition will das per Gesetz festlegen.

Berlins Wasser bringt den Konzernen sprudelnde Gewinne Bild: ap

SPD und Linkspartei wollen mit einer Gesetzesänderung dafür sorgen, dass die Verträge zur Privatisierung der Wasserbetriebe offengelegt werden können. "Wir wollen größtmögliche Transparenz", so der SPD-Abgeordnete Andreas Kugler. Ein Gesetzentwurf der beiden Regierungsfraktionen sieht vor, dass auch die Konditionen bei der Privatisierung der Abfallentsorgung, des Nahverkehrs und bei der Energieversorgung nicht mehr so leicht geheim bleiben können.

Im Jahr 1999 hatte die große Koalition aus CDU und SPD 49,9 Prozent der Wasserbetriebe an die RWE und den französischen Konzern Veolia verkauft. Den Unternehmen wurde dabei eine Verzinsung des Kapitals versprochen, das für den Betrieb der Wasserwerke nötig ist - quasi eine garantierte Rendite. 2009 flossen nach einer vorläufigen Berechnung der Finanzverwaltung 141 Millionen Euro als Teilgewinnabführung an die Unternehmen - also von jedem Euro, den die Wasserbetriebe eingenommen hatten, gut 11 Cent. Die Wasserpreise in Berlin liegen höher als in den meisten deutschen Großstädten.

Informationsfreiheit

Grundsatz: Das alte Prinzip, wonach für alle Behördeninformationen das Amtsgeheimnis gilt, wird durch das im Jahr 1999 beschlossene Informationsfreiheitsgesetz umgekehrt. Jedermann darf seither Einblick in alle Akten beantragen.

Ausnahmen: Die Liste der Ausnahmen ist lang. So sind Auskünfte über Privatpersonen zum Beispiel tabu. Geschützt sind etwa auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen sowie Informationen aus laufenden Verfahren.

Verfahren: Alle Behörden - Senatsverwaltungen, nachgeordnete Behörden und Bezirksämter - sollen Verzeichnisse über ihre Akten führen. Wenn Bürger eine Information wollen, können sie dies bei der Behörde beantragen. Falls der Antrag abgelehnt werden soll, muss das innerhalb von zwei Wochen geschehen. Wer die Ablehnung überprüfen will, kann Widerspruch einlegen und sich auch an den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wenden. hei

Viele Details aus dem Privatisierungsvertrag und den Zusicherungen an die Unternehmen sind allerdings nicht bekannt, denn das Land hat Geheimhaltung zugesagt. Die Initiative Wassertisch will daher mit einem Volksbegehren die Offenlegung der Verträge beschließen - und hat genug Unterschriften gesammelt, um die erste Hürde zur landesweiten Abstimmung zu überschreiten.

Die Koalition will nun einen Schritt auf die Initiatoren zugehen. Wenn das Abgeordnetenhaus ein Gesetz beschließt, mit dem die wesentlichen Ziele der Initiative umgesetzt werden, hätte sich die landesweite Abstimmung erledigt. "Wir wollen eine möglichst weitgehende Offenlegung der Verträge", betont der SPD-Abgeordnete Kugler.

Daher will Rot-Rot das Informationsfreiheitsgesetz ausbauen, das den Bürgern schon jetzt Einblick in viele Behördeninformationen erlaubt. Das Gesetz soll einen neuen Paragrafen 7a erhalten: Wenn bestimmte Unternehmen privatisiert werden, "unterliegen die geschlossenen Verträge grundsätzlich dem Informationsrecht". Jeder Bürger kann dann Einsicht beantragen. Auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden offengelegt, wenn das Informationsinteresse der Öffentlichkeit größer ist als das Geheimhaltungsinteresse der Unternehmen.

Die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche ist dennoch unzufrieden. "Das geht uns nicht weit genug", sagt sie. Ihre Fraktion fordert etwa, dass alle Verträge zur Daseinsvorsorge offengelegt werden und nicht nur in bestimmten Branchen. Außerdem sollen die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Konzerne nicht so stark geschützt werden. "Wasser ist ein öffentliches Gut", so Kosche am Montag.

Die CDU unterstützt das Anliegen der Koalition grundsätzlich, will aber die Details noch genauer formulieren. "Eine klare Regelung, eine saubere Definition leistet der Antrag noch nicht", sagt der Abgeordnete Heiko Melzer. Auch die FDP ist für die Offenlegung der Verträge. Sie will aber lieber die Schwelle vor der Veröffentlichung aller Akten senken als eine Sonderregelung schaffen. "Wir wollen ein gleich hohes Niveau an Informationsfreiheit für alle Verträge und Aktionen des Staates, und zwar egal in welchem Bereich", so der Abgeordnete Björn Jotzo.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • TR
    Thomas Rudek

    Der Gesetzestext, den die Regierungsfraktionen eingebracht haben, legt mehr Wert auf die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Wasserkonzerne, als die Bevölkerung den Zugang zu jenen Geheimverträgen, die zu Lasten aller Berliner abgeschlossen worden sind. Daher ist dieser Gesetzestext nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver. Die Politik erweckt den Eindruck von Aktitäten, statt das Volksgesetz "Schluß mit Geheimverträgen - Wir Berliner wollen unser Wasser zurück" glaubhaft zu unterstützen. Statt ein klares Zeichen zu setzen, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Bereich eines Monopols keine Rechtsgeltung haben, wird auf Gestaltungsspielräume zugunsten der Verbraucher verzichtet.