Wasserbecken im AKW Fukushima: Tödliche Bedrohung
Im AKW Fukushima tritt ein Problem auf, das bisher übersehen wurde: Auch die drei abgeschalteten Reaktoren strahlen, brennen und explodieren.
Eigentlich galten sie als Glücksfall bei der ganzen Katastrophe: Die drei neusten und größten Reaktoren am Standort Fukushima-Daiichi. Sie waren zur Wartung abgeschaltet, als der Tsunami über den Komplex hinwegschwappte. Die Blöcke 4 bis 6 waren schon abgekühlt und daher keine glühenden Bomben wie die anderen drei Reaktoren in der Nachbarschaft.
Nun tritt dort ein Problem auf, das in den üblichen Katastrophenszenarien bei Reaktorunfällen überhaupt nicht berücksichtigt wurde: Die großen Wasserbecken für die gebrauchten Brennstäbe verlieren ihre Funktion.
Diese Abklingbecken sind ein unauffälliger, aber wichtiger Bestandteil jedes Reaktors, auch in Deutschland. Die Brennstäbe mit dem Reaktortreibstoff Uran und dessen tödlichen Spaltprodukten müssen dort nach dem Betrieb jahrelang gekühlt werden. Erst danach ist der radioaktive Zerfall in ihrem Inneren so weit abgeklungen, dass man sie ohne permanente Wasserkühlung in tonnenschwere Stahlbehälter stecken kann, in Deutschland zum Beispiel in die berüchtigten Castoren.
Das Wasser in den oft zehn Meter tiefen Becken hält auch den größten Teil der Strahlung auf, der noch durch die Zirconium-Metall-Ummantelung des Urans hindurchgeht. Ohne das abschirmende Wasser tötet die Strahlung der Brennstäbe einen Menschen in kürzester Zeit.
In diesen Becken der Reaktoren 4 bis 6 sinkt nun der Wasserstand. Warum, ist unklar. Wahrscheinlich sind die regulären Pumpen und ihre Wasserzufuhr ausgefallen. Ob das Beben auch Risse in den Becken verursacht hat, ist unklar. Die Hitze der Brennstäbe verdampft nun das Wasser, die etwa vier Meter langen Brennstäbe ragen schon aus dem Wasser, melden die japanischen Behörden.
Die Folgen sind haarsträubend: Die entblößte Zirconiumlegierung wird immer heißer. Das Zirconium oxidiert, dabei entsteht Wasserstoff. Dieses Gas gibt mit Luft wieder die explosive Knallgasmischung, die bereits die Hülle der Reaktoren 1 und 3 weggesprengt hat. Im Reaktorbecken Nummer 4 gab es schon eine solche Explosion, so die Betreiberfirma Tepco. Dabei wurde offensichtlich auch Radioaktivität freigesetzt, ein Teil der Brennstäbe scheint zerstört.
Beim Reaktor 4 entzündete sich durch die hohe Temperatur auch zweimal Maschinenöl der dortigen Pumpen, meldet die deutsche Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS). Die Brände konnten von der Feuerwehr gelöscht werden. Im Abklingbecken 4 lagert mehr gefährliches Material als in jedem Reaktor: nicht nur die gebrauchten Brennstäbe der vergangenen Jahre, sondern wegen der Wartung auch das komplette strahlende Material des Reaktorkerns, so die GRS.
Deshalb auch die verzweifelten Maßnahmen der Betreiber: Weil sie wegen der hohen Strahlung oder aus anderen Gründen nicht mehr direkt Wasser in das mehrere Meter hoch im Reaktorgebäude gelegene Becken pumpen können, versuchen sie es nun mit Wasserwerfern aus der Entfernung. Durch ein Loch in der Gebäudewand, das die Explosion gerissen hat.
Leser*innenkommentare
Big Bang
Gast
In der Fachwelt war das Problem durchaus bekannt. Erst vor einigen Monaten gab es einen Kongress zu dem Thema aus dem ganz klar hervorging: Auch abgeschaltete Reaktoren sind gefährlich.
Franco Spadaro
Gast
Tokio ist bereits verloren
Die Ausmaße sind immens
Die Brennstäbe müssen jetzt nicht mehr
gekühlt sondern geborgen und gesichert
werden.
Die Kühlsysteme sind zerstört und die
Behälter auch
Bergen wird viele Tote bedeuten
Wir sind verloren
Franco Spadaro
Gast
Der absolute GAU findet seit Tagen bereits statt
und niemand ahnt was in den Kraftwerken vorgeht weil
Tepco immer noch täuscht und labert.
Warum haben wir immer noch kein Bild ?
Dort ist ALLES bereit soweit beschädigt, ja sogar
zersört, daß es viele Menschenleben kosten wird um die Brennstäbe zu bergen. Was anderes hat keinen Sinn mehr...
Es sit unfassbar und wir verlieren wertvolle Zeit,
jede Stunde, jeden Tag.
Es ist AUS in Tokio, die Stadt ist bereits verloren !rad
edefault
Gast
Die Tatsache, dass die Aufrechterhaltung des Wasserstandes in den sog. Abklingbecken ein Problem darstellt bzw. bei einem Leck der ganze radioaktive Schlamassel super gefährlich wird, kann nicht "übersehen" worden sein.
Man schaue sich den Film "Albtraum Atommüll" von Eric Guéret & Laure Noualhat noch mal an an (gesendet von arte, erhältlich auch auf DVD).
Die inhärente Höchstgefährlichkeit der Atomtechnologie ist seit August 1945 allgemein bekannt. Atomreaktoren sind (schlecht) gezähmte Atombomben, daran hilft kein Kanzlerinnen- und Umweltminister-Lügensülz vorbei.
Angesichts des katastrophalen Potentials, das noch in Fukushima I Block 1-6 lauert, sind die Wendehals-Eiertänze unserer schwarzgelben Atomkonzern-Satrapen erstaunlich... mann möchte ihnen ja fast wünschen, dass sie sich davonschleimen können. Aber es sieht nicht danach aus.
Wenn es den heldenhaften Technikern und Ingenieuren vor Ort nicht gelingen sollte, die Wasserstände zu stabilisieren, dann werden sich Dinge ereignen, die bisher noch niemand auszusprechen wagt. Wer gläubig ist: jetzt feste beten!
Das Atomzeitalter ist zu Ende.
vic
Gast
Gut, dass sie`s ansprechen.
Gerne wird übersehen, dass selbst heruntergefahrene Atomkraftwerke weiterstrahlen und noch sehr lange sehr gefährlich sind. Ebenso wie deren "Müll".
Die Büchse der Pandora haben wir bereits geöffnet. Verschließen können wir sie nicht mehr - doch wir können aufhören, sie weiter zu befüllen.
greg
Gast
Normalerweise liegen die Brennelemente 10 Jahre im Abklingbecken...das aus gutem Grund. Eigentlich braucht es auch gekühltes (zirkulierendes) Wasser...
Und nun:
-Brennelemente die Gefahr laufen sich zu entzünden, zu schmelzen...
-größere Mengen an radioaktivem Material ist im Druckbehälter
-Ohne Wasser
-Und das quasi unter freiem Himmel
Was wenn das Becken beschädigt ist? wieviel Wasser kann denn ein Wasserwerfer dahinbekommen?
Die mussten grad noch überlegen, an welcher Stelle man das Ding zuerst anwenden soll...
-Und wenn die Strahlung auf dem Gelände zu hoch wird, kann man sich auch nicht mehr um die restlichen Gefahrenherde kümmern.
Wie wenn es überall um dich herum brennt und explodiert, und du stehst mit einer Wasserpistole da.
Gloria
Gast
Mit tief emfundendem Mitleid an das japanische Volk:
Nur viermal gab es ein Erdbeben solcher Stärke.
Und nur zweimal in jüngster Zeit solch einen Tsunami.
Und noch nie gab es die Unkontrollierbarkeit mehrerer Reaktoren gleichzeitig und nun auch noch Probleme mit dem "Abfall".
Und niemand erhebe den Zeigefinger oder werfe im Glashaus den ersten Stein.
Deshalb ist auch das Verhalten der M. unerträglich, diese japanische Tragödie für sich nutzen zu wollen.
Unter allen schlechten Umständen wird ganz Nord-Japan zu einer Sperrzone werden.
Ich denke an die leidenden Menschen.
Plutonium ?
Gast
Wie viel Plutonium ist eigentlich in Fukushima, im Reaktor 3 ? Und lagern im Abklingbecken auch Mox-Brennstäbe ?
Wie viel Uran, im Vergleich zu Tschernobyl ?
KFR
Gast
und mit See/Wasser wirds erst richtig "reaktiv" und gleichmässig versprüht, verteilt, alles ins Grundwasser und ins Meer !
ähnliche (natürlich rein hypothetische unvorstellbare Scenarien) gibts auch für Lagerung in Castoren und Fässern, bin mal gespannt wann Frau Bundeskanzler darauf kommt und was dann erst inszeniert wird !
Post Scriptum
Gast
TEPCO Japan: Corporate Information - Profile/Leadership: http://www.tepco.co.jp/en/corpinfo/overview/p-leader-e.html
Post Scriptum
Gast
Das haben sie übersehen???!!!! Wer zum Teufel sind denn diese Leute, die eine Industrie betreiben, die entweder reibungslos läuft oder ein Massensterben tritt ein, und die dann glauben, etwas übersehen zu dürfen??
Wenn diese Personen nicht wegen erzwungener Vertreibung von Bevölkerung aus Gebieten, in denen sie sich rechtmäßig aufhalten (das soll eine zulässige Maßnahme für eine Industrie sein?) und wegen Folter, Gefährdung und Leid an Massen (ist denn die Rechnung „reibungsloser Betrieb oder Tod, bzw. Vertreibung“ nicht ein Vorsatz?) zur Verantwortung gezogen werden, dann mindestens wegen den Gefahren und Opfern, die die Arbeiter vor Ort leisten müssen, um zu verhindern, was diese Leute „übersehen“ und in Kauf genommen haben. Zu was für Gesellschaften verkommen wir nur?!