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Was uns medial 2021 erwartetFoxsterne und Meilensteinchen

Hat Corona alles anders gemacht in den Medien? Oder werden wir im nächsten Jahr nicht einfach schon bestehende Tendenzen sich verfestigen sehen?

Mikrofone, immer noch überall Mikrofone – das bleibt auch 2021 so Foto: Matthias Balk/dpa

S o, jetzt ist 2020 auch schon wieder rum. Bevor wir hier aber in dieses „so ein Jahr brauch ich nicht noch mal“ einstimmen, kurzer Hinweis: Der ganze Spaß geht 2021 ziemlich genau so weiter, auch medial.

Corona hat dabei eigentlich gar nicht alles auf den Kopf gestellt, wie hier und da zu hören ist. Vielmehr haben sich schon vorher anwesende Trends und Zustände stärker herausgeputzt. Eine überwiegende Mehrheit der Menschen vertraut den klassischen Medien. Diese Mehrheit findet auch nach wie vor ziemlich okay, dass es so etwas wie professionellen Journalismus gibt, der ihnen die Welt erklärt, der analysiert und einordnet. Und dabei überprüfbare, etablierte und im Zweifel sogar einklagbare Spielregeln anwendet.

Gleichzeitig gibt es eine leider gar nicht so kleine Minderheit, die sich aus dieser Medienwelt verabschiedet hat und um absurde Fox- und Fixsternchen in ihrem eigenen Universum kreist.

Für Journalist*innen stellt sich dabei allerdings die Frage, ob sie diese Minderheit und ihr Paralleluniversum nicht etwas zu aufregend (schlimm/bedrohlich/lustig) finden und sie deshalb stärker machen, als sie in Wirklichkeit ist.

Riesen der Branche

Ganz nebenbei ist 2020 der unter Schmerzen geborene erste Medienstaatsvertrag Deutschlands in Kraft getreten. Auf dem Weg zum so zögerlichen wie langgezogenen Abschied vom alten Rundfunkbegriff ist dies ein Meilensteinchen. Leider kommt es zu spät, um die neuen Riesen der Branche und ihre Plattformen wirklich noch einhegen zu können.

Die Medienpolitik hat weitestgehend kapituliert, auch wenn sie sich das nicht eingestehen will. Gegen Google & Co. sind nun – wenn überhaupt – die Kartellbehörden, Wirtschaftsministerien und EU-Kommissar*innen am Zug. Im kreativen Bereich rollen Netflix, Amazon Prime und die zweite Generation der Streamer den Markt auf. Und den etablierten „alten“ Sendern von privat bis öffentlich-rechtlich dämmert allmählich, dass da wohl wirklich etwas passiert. Denn Kreative arbeiten lieber unter den finanziell selten besseren Bedingungen der neuen Player, weil dort Kreativität wieder zugelassen ist.

Bei den Münchner Medientagen, die wegen der Coronapandemie erstmals virtuell stattfanden, sprach UFA-Senior Wolf Bauer von der „kognitiven Diversität“, die dringend gebraucht werde und dennoch zu großen Teilen in den deutschen Medien fehlt. 2016 hatten ARD und ZDF gemeinsam mit RTL und ProSiebenSat1 die erste Diversitätsstudie der MaLisa-Stiftung präsentiert. Alles sollte anders werden. Um festzustellen, wie wenig vier Jahre danach im deutschen Fernsehen allein in der Frage „Gleichstellung der Geschlechter“ passiert ist, genügte 2020 ein Blick ins TV-Programm.

Aber wo bleibt die Presse? Sie muss schließlich gerettet werden. 220 Millionen Euro will sich die Bundesregierung den Spaß kosten lassen, weiß aber nicht, wie. Es ist zum Wegschmeißen: Da nörgeln die Verlage so lange, bis sie die Politik weich geklopft haben. Und dann passiert gar nichts. Die ersten Millionen sollten schon dieses Jahr fließen, doch es gibt immer noch keine Kriterien, wie wer wo was warum gefördert werden soll. Kleiner Tipp: Dann das Ganze doch besser lassen oder zumindest noch mal ganz neu überlegen.

War 2020 noch was? Ach ja, die Rundfunkbeitragserhöhung fällt erst mal aus. Die Sender klagen in Karlsruhe. Wie gesagt: Der ganze Spaß geht 2021 ziemlich genau so weiter, auch medial.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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