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Was machen eigentlich …… Igel und Eichhorn?

Weiter auf Hilfe warten

Beim Timing tut sich Claudia Hämmerling ein bisschen schwer. Zumindest war das am 15. Oktober so, als die Grünen-Abgeordnete dem mit der geordneten Aufnahme von Flüchtlingen klar überforderten Senat folgende parlamentarische Anfrage stellte: „Wer kümmert sich um wildlebende hilfebedürftige, streng geschützte, nicht jagdbare Säugetiere?“ Kann man von einer im Humanitären gefährlich schlingernden Verwaltung ein offenes Herz für die Nöte von Igel und Eichhorn erwarten?

Kann man nicht, und so fällt die am Mittwoch veröffentlichte Antwort eher ablehnend aus. Ob der Senat die Einschätzung des Berliner Tierschutzbeauftragten teile, eine städtische Auffangstation für Wildtiere müsse her? Nein: Die momentane Si­tuation sei ausreichend, eine solche Station „in Anbetracht der damit verbundenen Kosten derzeit nicht realisierbar“, schreibt Staatssekretärin Regula Lüscher, die für Umweltbelange nicht einmal zuständig ist.

Es reiche, wenn Bürger sich um Nager und Insektenfresser kümmerten, so Lüscher. Das Land beteilige sich ja auch an den Ausgaben der Tierschutzvereine Nabu und Avian sowie der FU-Kleintierklinik in Düppel, die auch schon mal einem vom Baum gefallenen Hüpfer das Beinchen schient oder dem Stachligen eine Salmonellenkur verabreicht.

Aber wie schützt der Senat die Tierchen vor dem Autoverkehr? Im Prinzip gar nicht. Nur „in besonderen Fällen bemüht sich der Senat um Lösungen im Einzelfall“. Da muss man sich einfach ausmalen, wie Lüscher, die freundliche Schweizerin, bedächtigen Schrittes einen Igel über den Damm geleitet.

Auf dem Rücken trägt der Igel einen prallen, roten Apfel. Auf der anderen Straßenseite an­gekommen, hebt es zum Abschied dankbar sein Schnäuzchen und vergräbt sich im Herbstlaub, das der Wind am Straßenrand aufgetürmt hat. Eigentlich ganz schön kühl, denkt Lüscher: Man könnte glatt über verbesserte Auffangstationen für Flüchtlinge nachdenken. Claudius Prößer Foto: reuters

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