Kommentar: Warum verkauft wird
■ Preag kann, was SPD-Staat nicht kann
Die Initiative gegen den Stadtwerkeverkauf, der bremische Energieexperten und der grüne Abgeordnete Walter Ruffler angehören, versteht die Welt nicht mehr. Wenn die Stadtwerke 6-7 Prozent Rendite erwirtschaften können, würden sie nur anständig geführt, warum setzt dann die Stadt nicht schleunigst kompetente Manager ein und kassiert diese Rendite? Höher sind die Bankzinsen, die die Stadt bei einem Anteilsverkauf sparen würde, auch nicht. Selbst eine geringfügige Differenz würde es nicht rechtfertigen, das energiepolitische Instrument Stadtwerke aus der Hand zu geben.
Aber selbst dem grünen Umweltressort leuchtet diese schlichte Schlußfolgerung nicht ein. „Bremens Stadtwerke waren und sind kommunal fehlgesteuert“, schreibt der Energieexperte des Umweltressorts, Edo Lübbing (SPD). Sie arbeiten weder ökologisch vorzeigbar noch wirtschaftlich erfolgreich. Lübbings Plädoyer für einen Anteilsverkauf auch an die Veba/Preag hat zwei Erkenntnisse zur Voraussetzung: 1. Die Öko-Kosmetik, die bei den Bremer Stadtwerken unter kommunaler Regie durchsetzbar war, würde ein Anteilseigner Preag locker akzeptieren. 2. Von innen her und mit einem Allein-Gesellschafter Stadtgemeinde Bremen sind die Stadtwerke nicht reformierbar.
Dazu paßt das befremdliche Bild, daß vor allem die Betriebsräte derzeit die Rationalisierung ihres eigenen Unternehmens vorantreiben. Als Vorstand der Stadtwerke agiert der frühere ÖTV-Sekretär Willipinski – derselbe Willipinski, der vor dem Untersuchungsausschuß Stadtwerke ein so bemitleidenswert vergeßliches Bild abgab, als von ihm Aussagen erwartet wurden, die den Aufsichtsratsvorsitzenden Wedemeier möglicherweise schwer belastet hätten.
Was im Stadtwerke-Untersuchungsausschuß an Spenden- und anderer Versorgungsmentalität ans Tageslicht gekommen ist, ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Liste der Spenden-Empfänger liest sich wie ein „Who is who“ der bremischen SPD, haben damals Spötter gesagt. Vom profiliertesten Vertreter der Linken im Unterbezirk Ost bis zum Sekretär des Unterbezirks West reicht die Lohnliste der Stadtwerke. Und die Stadtwerke haben den Bürgermeister mit einer Amtsausstattung in Bonn und mit Parteispenden an sich gebunden.
Die kommunalen Verflechtungen des SPD-Filzes sind vielfältig und haben sich über Jahrzehnte bis in die internen Stadtwerke-Strukturen hineingefressen. Die politischen Repräsentanten der Stadt trauen sich nicht die Unabhängigkeit und Distanz zu, um mit harter Hand eine „grundlegende Umstrukturierung“ gegen eingessene Belegschaftsinteressen durchzusetzen. Der jetzigen Unternehmensführung unter dem Gewerkschafter Willipinski trauen das nicht einmal die Wirtschaftsgutachter zu.
Das ist der Grund, warum nur weltfremde Idealisten auf die Idee kommen können, es wäre möglich, die Stadtwerke nicht zu verkaufen und selbst eine Rendite von 6-7 Prozent jährlich für die Staatskasse zu erwirtschaften. Klaus Wolschner
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