piwik no script img

■ Warten auf GuildoNervöses aus Warschau

Die polnische Delegation ist sicher, dieses Jahr alles richtig gemacht zu haben. Viermal hat das Land am Grand Prix teilgenommen, bis auf das erste Mal (Edyta Gorniak mit „To nie ja“ auf dem 2. Platz) wurden die Lieder aus Warschau von den europäischen Juries als zu wenig schlagerhaft empfunden. Tatsächlich war beispielsweise 1995 Justyna Stechowszkas „Sama“ ein Juwel, das stimmlich, in der Präsentation und in seiner Extravaganz mit den Perlen Björks locker mithalten konnte. Dieses Jahr ist es die Gruppe Sixteen mit ihrer Sängerin Renata Dabkowska, die im Stile der deutschen „Rainbirds“ einen Song aufbietet, der ebensogut sonst- und nirgendwo lokalisiert werden könnte. Vielleicht haben die Leute von „Telewizja Polskas“ auch recht: Musikalische Wagnisse sind beim Grand Prix nur selten mit vorderen Plätzen, nie mit dem Sieg belohnt worden – Punkte bekommt, was gefällig ist. Was nützt es auch einer polnischen Plattenfirma, wenn ein Lied wie „Sama“ zwar zu den liebsten Grand-Prix-Songs der Hardcore-Fans zählt, aber westlich der Oder keine Tantiemen einspielt? Mit dem Kalkül des europäischen Erfolgs gehen aber fast alle Länder in den Wettbewerb. Mazedonien, erstmals dabei, hat zwei Millionen Einwohner, die am liebsten einheimische Folklore hören – Wildecker Herzbuben im Balkan sozusagen. Der Sänger des Staates hat sich dennoch für ein Lied entschieden, das auch in Irland oder Malta nicht als störend empfunden wird. Vlado Janevski, 1984 noch für Jugoslawien bei der Eurovision, beteuerte: „Wir hatten keine Wahl. Wir hoffen, nächstes Jahr wieder dabeizusein – und da können wir nicht mit einem Lied kommen, bei dem die Menschen in einen anderen Kanal schalten.“ Man hat offenbar kein Vertrauen ins eigene Lied, das denn auch „Ne zori zoro“ heißt – „Irgend jemand wird die Dämmerung aufhalten“. Polen jedenfalls hat signalisiert, das Anliegen Guildo Horns nicht zu verstehen: „Es ist ein sehr deutsches Lied.“ Noch dies: Israels Dana International soll einen Nervenzusammenbruch gehabt haben. Hat man ihr bedeutet, spätestens nach dem Wettbewerb Gesangsunterricht zu nehmen? Häßliche Gerüchte in Birmingham. Jan Feddersen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen