Warnstreiks im UKE: Zweiklassengesellschaft im Klinikum
Das UKE weigert sich, für Angestellte ausgelagerter Tochtergesellschaften Tarifverträge abzuschließen. Am Montag kam es deshalb zu Warnstreiks.
Die Gewerkschaft Ver.di hat zum vierten Mal in diesem Jahr zu Warnstreiks im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) aufgerufen. Aus diesem Grund haben am Montag die Beschäftigten der UKE-Tochtergesellschaften Klinik-Facility-Management Eppendorf (KFE) und der Klinik-Medizintechnik Eppendorf (KME) ihre Arbeit für einen Tag niedergelegt. Insgesamt beteiligten sich laut Ver.di-Sprecher Sönke Rabisch 60 Menschen.
„Die Beschäftigten dieser Gesellschaften haben als einzige Beschäftigte am UKE keinen Tarifvertrag“, begründet Rabisch den Warnstreik. „Wir haben am 8. Januar den Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen aufgefordert und da ist bisher nichts gekommen.“ Die Gewerkschaft will das Klinikum dazu bewegen, für sämtliche Angestellte der beiden Tochtergesellschaften Tarifverhandlungen aufzunehmen.
Seitdem diese 2005 als eigenständige Gesellschaften ausgegliedert wurden, gilt der alte Tarifvertrag nur für die damals schon beschäftigten Arbeitskräfte. Leidtragende sind die seitdem angestellten Arbeitnehmer. „Dies führt zu Gehältern, die bis zu 600 Euro unter der branchenüblichen Vergütung liegen“, kritisiert Rabisch.
Zusätzlich sind sie gegenüber den tariflich beschäftigten Arbeitskollegen in vielen Punkten schlechter gestellt: Mit 40 Wochenstunden müssen sie anderthalb Stunden länger arbeiten, es gibt kein Weihnachts, Urlaubs und Leistungsentgeld und einen Urlaubstag weniger. „Dadurch ist eine Zweiklassengesellschaft entstanden“, sagt Rabisch.
15 Tochtergesellschaften gehören zum Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Diese sind drei unterschiedlichen Schwerpunkte zugeordnet: Medizin, Wissenschaft und Service. Von ganzen Krankenhäusern, wie dem Altonaer Kinderkrankenhaus, bis hin zur Gastronomie, sind viele Bereiche durch sie abgedeckt.
Als Körperschaft des öffentlichen Rechts steht das UKE unter der Aufsicht und in Trägerschaft der Behörde für Wissenschaft und Forschung. Seit 2001 ist es rechtlich selbstständig. Damals begann es mit den "Ausgründungen". Dabei werden durch Ausschreibungen private Unternehmen gesucht, die sich an den Tochtergesellschaften beteiligen.
Tarifverträge für die Beschäftigten gibt es in 13 Tochtergesellschaften - nur bei der KFE und KME nicht.
Dabei geht es dem UKE finanziell gut. 2013 erwirtschaftete es einen Gewinn von 6,8 Millionen Euro, davon mehr als eine Million Euro mit der KFE und KME.
Doch davon haben deren Mitarbeiter wenig und der Personalrat sieht seine Hände gebunden. „Diese Vorgänge betreffen eine andere Firma, da dürfen wir uns nicht einmischen“, sagte der Vorsitzende des UKE-Personalrats, Michael Schüler. „Es gibt keinen übergreifenden Konzernbetriebsrat und damit sind wir nicht zuständig.“
Der Betriebsratsvorsitzende der KFE/KME, Gerd Dammann, sieht die Verantwortung bei der Muttergesellschaft: „Als Mehrheitsteilhaber sehe ich das UKE in der Pflicht, endlich Flagge zu zeigen und Wort zu halten.“ In einer Grundsatzerklärung des UKE war 2004 noch von einer „grundsätzlichen Tarifbindung der Tochtergesellschaften“ die Rede.
Frank Dzukowski, Geschäftsführer von KFE und KME, verweist bei Fragen an die Pressestelle des UKE. Diese spricht von einer „leistungsorientierten Bezahlung, die im Vergleich mit den jeweiligen Branchen vergleichbare Löhne aufweist“. Das habe es ermöglicht, ungefähr 100 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Einen einheitlichen Tarifvertrag lehne die Geschäftsführung ab, da die Vielfalt der Berufe aufgrund ihrer unterschiedlichen Anforderungen nicht in einen Tarifvertrag passe.
Im April sondierten VertreterInnen von Ver.di und des Klinikums den Verhandlungsspielraum. Sie kamen aber zu keinem Ergebnis. Ver.di plädiert weiterhin für einen Haustarifvertrag, der durch differenzierte Eingruppierungen den unterschiedlichen Qualifikationen gerecht werden soll. Dazu schweigt die UKE Geschäftsleitung. Man sei aber nach wie vor an Gesprächen zur Beilegung des Konflikts bereit, versichert sie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!