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Warnstreikauftakt bei AutobauerArbeitskampf beginnt in Berlin unter dem Mercedes-Stern

Die Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie geht in die heiße Phase. In Berlin startet die IG-Metall die Warnstreikwelle vor dem Mercedes Werk.

Die IG-Metall hält beim Streikauftakt vor dem Mercedes Werk in Marienfelde die Fahne hoch Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin taz | Ratschen, Trommeln und Trillerpfeifen sollen am Dienstagmorgen noch den letzten Arbeiter aus den Hallen des Mercedes-Werks in Marienfelde locken: Dort startete für Berlin nach Verstreichen der Friedenspflicht die Warnstreikwelle in der Metall- und Elektroindustrie.

Die Forderungen der Gewerkschaft sind klar: Sie wollen sieben Prozent mehr Entgelt, überprozentuale Steigerungen für die unteren Einkommensgruppen und eine Erhöhung des Ausbildungsgehaltes. Das Angebot der Arbeitgeberseite hatte die IG Metall zurückgewiesen. Dieses sei ohnehin kein Angebot gewesen sondern eine „Kampfansage“, ruft der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des Marienfelder Werks in die Menge der streikenden Frühschicht auf der Daimlerstraße. Die Arbeitgeber hatten 3,6 Prozent mehr Lohn über 27 Monate angeboten. „Das reicht nicht einmal, um die ersten Preissteigerungen der Inflation abzufedern“, kommentiert Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin.

Deswegen: „Solidarität gewinnt, Tarif Bewegung jetzt!“ – so steht es jedenfalls auf den roten IG-Metall-Westen. Viele aus der Männerschar haben sie zum Streikauftakt über ihre schwarzen Mercedes-Jacken geworfen. Zwischen ihnen tummelt sich ein Pulk junger Auszubildender. Der Berliner IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze wendet sich vom Podium an sie und ruft: „Ihr wollt eigenständig sein und wenn ich so in die Runde schaue, wollen das eure Eltern auch.“ Um nicht mehr bei den Eltern wohnen zu müssen und eine Miete stemmen zu können, brauche es aber entsprechendes Gehalt. 170 Euro mehr bei einer Laufzeit von zwölf Monaten fordert die IG Metall für Azubis.

Vernünftige Löhne sind entscheidend

Etwas abseits vom Streiktumult sagt Jan Otto, dass es bei all den Problemen, die die Industrie gerade heraufbeschwört, entscheidend sei, dass es vernünftige Löhne gibt. „Mit dem Streik zeigen wir, dass das Angebot in diesen schwierigen Zeiten weder ausreichend noch realistisch ist“, so Otto zur taz. Bundesweit hatte in der Branche zuletzt vor allem VW Schlagzeilen gemacht. VW ist in Berlin zwar nicht ansässig, aber mit Mercedes und BMW in Berlin und Tesla im brandenburgischen Grünheide andere Player der Autoindustrie.

Im Vergleich zum Rest der Republik ist die Bedeutung der Autohersteller für die Berliner Wirtschaft eher begrenzt. Das verarbeitende Gewerbe – Automobilproduktion ist hier nur ein Teil – macht etwas mehr als fünf Prozent des Berliner Bruttoinlandsprodukts aus. Bundesweit liegt der Wert bei 27 Prozent.

Doch der Streikauftakt bei Mercedes am Dienstag illustriert den Unmut, der sich in großen Teilen der Metall- und Elektroindustrie breitmacht. In Berlin wurde auch vor mehreren anderen Betrieben gestreikt, etwa bei Stadler in Pankow. So soll es die ganze Woche weitergehen. Otto sagt: „Wir sind auf eine harte Auseinandersetzung vorbereitet.“

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