: Warme Worte für Polizei
■ 300 Tage Innensenator Wrocklage: Stellenabbau und Innovationswille
Mit Eigenlob sparte Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) nicht, als er gestern nach 300 Amtstagen Bilanz zog. Auf drei Seiten listete er seine Erfolge auf. Seine Behörde habe es geschafft, zugleich „die innere Sicherheit zu stärken“ und ordentlich zu sparen, freute sich Wrocklage.
Gespart werden muß vor allem an den Personalkosten, „dem wesentlichen Brocken“ im 1,17 Milliarden-Mark-Haushalt 1996. Also muß Hamburgs oberster Freund und Helfer etwas Böses tun, nämlich PolizistInnen-Stellen abbauen; 168 von 8700 in den nächsten drei Jahren.
Folgt man der Argumentation, mit der SPD und CDU die in den Polizeiskandal verwickelten Schutzmänner in Schutz nehmen, scheinen Personaleinsparungen genau das Falsche zu sein. Nach konservativer Lesart hatten sich Polizisten deshalb zu „ausländer-aggressiven“ (Ulrich Karpen, CDU) Taten hinreißen lassen, weil sie überlastet und überfordert sind.
Doch statt mit mehr Stellen will Innensenator Wrocklage den Frust der PolizistInnen mit mehr „Motivation“ abbauen. Überlastungen seien „Engpässe“, die ein motivierter Polizist bewältigen könne.
Daher werden im nächsten Jahr weniger Lehrgänge für PolizeischülerInnen eingerichtet, ergo weniger Leute eingestellt. „Es wird überall geklagt, wo gespart wird“, erklärt Wrocklage die Sachlage.
Der Polizeiskandal, über den Vorgänger Werner Hackmann stürzte und der Wrocklage an die Hebel der Inneren Macht brachte, verlangt allerdings auch explizite Reformen. Da hat Wrocklage bisher eher gekleckert als geklotzt. Rund eine halbe Million Mark mehr gibt's für Fortbildung der Führungskräfte – ein Betrag, den man bei einem Milliarden-Haushalt fast aus der Portokasse bezahlen kann. Aber auch den „starken Mann“, den der Innensenator sich in der vergangenen Woche in Form des neuen Polizeipräsidenten Arved Semerak an seine Seite geholt hat, zählt Wrocklage zu seinen Erfolgen. Ein zu entwickelndes „Frühwarnsystem“, die personelle Verstärkung des Dezernats Interne Ermittlungen (DIE) und Namensschilder für Polizei-Uniformierte stehen ebenfalls auf der senatorischen Lobliste.
Zu des Senators Geheimnissen gehört, ob es in Hamburg einen Polizeibeauftragten geben wird, wie GAL – und inzwischen auch Regierungspartner Statt Partei – es seit langem fordern. Und ob dieser ein Feigenblatt oder einer von den „starken Männern“ sein wird, die Wrocklage sich nach seinem Ebenbild so gern an die Seite stellt, wollte er gestern nicht verraten.
Silke Mertins
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