piwik no script img

Waldbrand in PortugalMindestens 61 Menschen sterben

Einige der Toten waren mit dem Auto unterwegs, als die Flammen sie einschlossen. Nach bisherigen Erkenntnissen löste ein Blitzschlag das Feuer aus.

Landstraße in Pedrogao Grande Foto: dpa

Lissabon dpa | Bei einem verheerenden Waldbrand in Portugal sind mindestens 61 Menschen gestorben. Das teilte ein Sprecher des Innenministeriums am Sonntag am Unglücksort Pedrógão Grande knapp 200 Kilometer nordöstlich von Lissabon mit.

Am Sonntagnachmittag war der verheerende Waldbrand mit mindestens 61 Toten in Portugal zum Teil unter Kontrolle. Zwei der insgesamt vier Feuerfronten habe die Feuerwehr im Griff, sagte Jorge Gomes, Staatssekretär im Innenministerium. Der Einsatz von Löschflugzeugen und Hubschraubern sei zunächst lange Zeit aufgrund der starken Rauchentwicklung völlig unmöglich gewesen. Die hohen Temperaturen, die extreme Trockenheit und die starken Winde behinderten weiterhin die Löscharbeiten, sagte Gomes.

Dutzende Menschen wurden beim schlimmsten Waldbrand in Portugal seit Jahrzehnten verletzt. Hunderte Feuerwehrmänner kämpften gegen die Flammen, ganze Dörfer seien von Feuer umgeben, hieß es. In der Region rund um den Brandort ist es derzeit sehr heiß mit Temperaturen von über 30 Grad.

Die Flammen wurden nach Angaben des Zivilschutzes von fast 700 Feuerwehrmännern mit mehr als 200 Fahrzeugen und mehreren Löschflugzeugen bekämpft.

Es gebe einige Dörfer, die „von den Flammen völlig eingekesselt“ seien, sagte in der Nacht der Bürgermeister von Pedrógão Grande, Valdemar Alves, der Zeitung Público. Wie groß die durch den Brand betroffene Fläche ist, war zunächst nicht bekannt.

Nach Angaben des Innenministeriums waren etliche der später tot geborgenen Menschen mit ihren Fahrzeugen unterwegs, als die Flammen sie plötzlich einschlossen. Auf Bildern waren ausgebrannte Autos, brennende Bäume und Häuser sowie eine Leiche in einem völlig verkohlten Waldstück zu sehen.

Baum vom Blitz getroffen

Das Feuer wurde nach Angaben der Polizei am Samstagnachmittag durch einen Blitzschlag ausgelöst. „Alles deutet ganz klar auf natürliche Ursachen hin. Wir haben in Zusammenarbeit mit der Nationalgarde sogar den Baum gefunden, der von einem Blitz getroffen wurde“, sagte der Direktor der Kriminalpolizei, José Almeida Rodrigues, am Sonntag der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa. Zuvor hatte der Bürgermeister von Pedrógão Grande, Valdemar Alves, noch gesagt, er sei davon überzeugt, dass das Feuer gelegt wurde.

Portugals Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa war in der Nacht zur Unglücksstelle geflogen und sprach dort von einer „beispiellosen Situation“. Der sozialistische Ministerpräsident António Costa, der die Entwicklung die gesamte Nacht von der Zentrale des Zivilschutzes in Carnaxide bei Lissabon aus verfolgte, sagte, er sei vom „Ausmaß der Tragödie schockiert“.

Die Europäische Union sagte Portugal im Kampf gegen die Flammen Hilfe zu. „Es wird alles getan werden, um den Behörden und den Menschen in Portugal in dieser Zeit der Not zu helfen“, erklärte der zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides am Sonntag. Auf Bitte Portugals würden über die Nothilfekoordinierung der EU Löschflugzeuge organisiert. Frankreich habe sofort drei Maschinen zugesagt, die nun rasch entsandt würden. Zusätzlich helfe Spanien ebenfalls mit Flugzeugen. Auch der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bot Portugal Unterstützung an und drückte sein Mitgefühl aus.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Das führt uns zur nächsten Ursache: Nachlässigkeit, fehlende Vorbeugung und Vorausschau. Ein Gesetz verbietet Eukalyptus- Pflanzungen bis 10 m Entfernung vom Straßenrand. Die verkohlten Autos und Menschen liegen auf der Straße unter verbrannten Eukalyptus- Stangen.

    Seit Jahrzehnten kämpfen Umweltschützer gegen die ungezügelte Ausbreitung dieses Invasors. Umsonst. Nach der letztjährigen Feuersbrunst, der nach offiziellen Angaben 85 785 ha Baumbestand zum Opfer fielen, versprach die Regierung Waldbewirtschaftungs- Reformen. Viel wurde diskutiert und veröffentlicht, bislang NICHTS umgesetzt. Im Gegenteil, die Regierung hat mehr als 183 Millionen Euro den Eukalyptus- Bossen als Struktur- Hilfe zugeschoben. Im Zehn- Jahres- Durschschnitt kostet die Waldbrand- Bekämpfung den portugiesischen Steuerzahler jährlich 200 Millionen Euro. Das Ringen um die Werte- und Deutungs- Hoheit geht weiter. Unter den Begriff "Wald" werden Eukalyptus- Monokulturen schlicht und irrenführend subsumiert. Portugal ist womöglich das einzige Land der Welt, in dem es keine Förster und deshalb auch keine geregelte Forstwirtschaft gibt. Waldbrände werden von freiwilligen Feuerwehren bekämpft, die auf diese Herkules- Arbeit weder technisch noch praktisch vorbereitet sind. Und der Sommer steht erst bevor.

  • Ein Artikel ohne Hintergrundkenntnisse. Eine Praktikanten- Arbeit, die sich wie die Verlautbarung eines Portugiesischen Politikers liest. Wer die Bilder der aktuellen Brand- Katastrophe anschaut, sollte die Art der verbrannten Bäume erkennen können: Eukalyptus. Portugal ist das Land mit der höchsten Eukalyptusdichte, auf die Landesfläche bezogen. Portugal ist Weltmeister in Sachen Waldbrand. Nicht Kalifornien oder Australien, woher diese Spezie stammt und wo immer mal wieder heftige wildfires wüten. Amerikanische Wissenschaftler und Waldbrand- Spezialisten kommen regelmäßig nach Portugal, um Fall- Studien anzustellen und von den portugiesischen Fehlern zu lernen. Ihre Schlussfolgerungen stellen sie hiesigen Regierungsbeamten zu - die sie in ihren Schubladen verstauen. Seit den sechziger Jahren ist bekannt, daß Landflucht und endlose Eukalyptus- Plantagen die Waldbrandgefahr drastisch erhöhen. Heute kommt die globale Erwärmung hinzu, die wiederum von Waldbränden angetrieben wird. Eucalyptus globulo, die einzige Eukalyptus- Art, die in Portugal angepflanzt wird, wäscht zu einer Höhe von 30-50 m, einzelne Exemplare wachsen höher als 90 m, sie ist die bei weitem höchste Baumart in dieser mediterranen Landschaft. Eukalyptus- Blätter sind giftig, Samen, Blätter und die sich stetig vom Stamm lösende Baumrinde enthalten leicht entflammbare Öle. Der Boden in Eukalyptus- Pflanzungen ist trocken, hart und ist mit trockenem Blattwerk und Rinden bedeckt. Ein Feuer, das eine Eukalyptus- Pflanzung erreicht, klettert sofort in die Baumwipfel und breitet sich dort unaufhaltsam aus. Von Winden angetrieben, die das Feuer in der Regel selbst entfacht, bildet sich eine Feuerwalze, die alles unter sich begräbt. Deshalb zeigen die Bilder der neuesten Waldbrand- Katastrophe Häuser, die vom Dach her verbrannt sind.