Waldbrände in Russland: Radioaktivität in benachbarten Regionen
Schutzmaßnahmen sind in Westeuropa nicht nötig, sagen Experten. In der Nähe der verseuchten Gebiete können die radioaktiven Partikel aber Krebs auslösen.
BERLIN taz | Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter gibt Entwarnung. Eine radioaktive Gefährdung durch die Wald- und Torfbrände in Russland bestehe bei uns derzeit nicht, sagen die obersten Strahlenschützer. Zwar müsse damit gerechnet werden, dass durch die Brände aufgewirbelte radioaktive Partikel durch die Winde auch bis zu uns gelangen könnten, doch ihre Konzentration werde so gering sein, "dass davon keine Gefahr ausgeht", sagt BfS-Sprecher Florian Emrich. Daher seien "radiologische Schutzmaßnahmen in Deutschland nicht notwendig", heißt es dazu beruhigend auch in einer Mitteilung des Bundesamtes.
Rund 1.800 Messsonden melden dem BfS kontinuierlich die radioaktive Belastung der Umwelt. Über die Internetseiten des BfS hat auch die Öffentlichkeit Zugang zu den einzelnen Messwerten. Das umfangreiche Messnetz ist nach dem Reaktorunfall 1986 in Tschernobyl eingerichtet worden.
Bisher sei nichts Auffälliges festgestellt worden. Dieses Ergebnis gab am Mittwoch auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach bekannt. Der DWD legt ebenfalls schon seit Tagen ein besonderes Augenmerk auf die Waldbrände in Russland und die von dort kommenden Windströmungen. Per Gesetz ist de DWD damit beauftragt, die Radioaktivität in der Atmosphäre zu überwachen und Prognosen zu erstellen. Insgesamt 48 Messstationen zur Überwachung der Umweltradioaktivität hat der DWD dafür in Betrieb.
Nach der Prognose des DWD werden bis zum Samstag keine radioaktiven Emissionen nach Deutschland kommen. In den Staaten, die näher an den Brandherden liegen, sieht die Situation schon anders aus. So geht der DWD davon aus, dass durch die Brände aufgewirbelte radioaktive Partikel in den kommenden Tagen durch den Wind voraussichtlich bis ins Baltikum und über die Ostsee bis nach Südschweden getrieben werden, teilte ein Sprecher des DWD mit. Weiter als bis zum Wochenende reichen die Prognosen nach seinen Angaben jedoch noch nicht.
Auch Karin Wurzbacher vom Umweltinstitut in München glaubt nicht, dass es durch die Brände zu einer größeren radioaktiven Kontamination in Deutschland oder Westeuropa kommen wird. Gefährlich sei es jedoch für die Menschen, die in der Nähe der jetzt brennenden verseuchten Gebiete lebten.
Bisher sind die radioaktiven Substanzen, vor allem Strontium 90 und Cäsium 137 mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren, in den hoch verseuchten Gebieten weitgehend in den oberen Bodenschichten oder in Pflanzen gebunden. Verbrennen diese, werden radioaktive Partikel in die Luft gewirbelt und können in benachbarte Regionen getragen werden. Werden diese Substanzen eingeatmet, können sie Krebs auslösen. Gefahr droht auch, wenn diese jetzt erneut mobilisierten Substanzen in die Nahrungsmittelkette gelangen.
Als Folge von Tschernobyl werden auch in Deutschland noch immer Lebensmittel aussortiert, deren radioaktive Belastung zu hoch ist – Pilze oder Wildschweinfleisch aus Süddeutschland zum Beispiel.
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