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■ Waigel unterstützt die Telekom gegen die KonkurrenzGlück im Unglück

Die Telekom muß im ersten großen Konflikt mit ihren neuen Konkurrenten – Arcor und Otelo – zurückstecken, doch sie hat noch Glück gehabt, denn ihr Wohlergehen lag auch im Interesses von Finanzminister Waigel. Schließlich hält er immer noch drei Viertel der Telekom-Aktien und hofft auf fette Privatisierungserlöse. Also machte Waigel Druck auf seinen Parteikollegen Postminister Bötsch, und der reagierte prompt: Er machte die Gebühr, die die Telekom für die Durchleitung von Gesprächen zum Endkunden verlangen darf, noch mal um die Hälfte teurer. Statt 1,86 Pfennig pro Minute, wie es die Experten im Postministerium empfahlen, kostet die Durchschaltung nun durchschnittlich 2,7 Pfennig. Das ist deutlich mehr als die tatsächlichen Kosten für die Telekom.

2,7 Pfennig, das klingt wenig. Doch es geht um mehr. Es geht um die Zukunft der drei Telefonkonkurrenten Telekom, Arcor und Otelo. Im harten Wettbewerb werden Zehntelpfennige entscheiden. Und wenn sich 1998 der Telekommunikationsmarkt völlig öffnet und Telefonanschlüsse nicht mehr bei der Telekom angemeldet werden müssen, hat sie immer noch einen zentralen Vorteil: Sie besitzt das letzte Stück der Telefonleitung, das direkt in die Wohnung führt. Weil es sich für die neue Konkurrenz nicht lohnt, selbst solche Leitungen zu legen, hängt ihre Marktchance davon ab, wieviel sie für die Nutzung der Telekom-Leitungen zahlen muß.

1998 fallen auch die Beschränkungen auf dem Weltmarkt für Telekommunikation. Die Durchleitungsgebühren in Großbritannien und den USA liegen bei gut einem Pfennig, in Frankreich bei gut zwei. In diese Preissphären muß auch die Telekom bald kommen, wenn sie als derzeitige Nummer drei der Welt auch nach 1998 bestehen will. Doch zuviel Personal und, zugegeben, auch Investitionslasten aus der Wiedervereinigung stehen dem entgegen. Deshalb wollte sie sich mit überhöhten Durchleitungsgebühren auf Kosten der heimischen privaten Konkurrenz gesundstoßen und forderte rund fünf Pfennig – eine offensichtlich überhöhte Forderung. Das mißlang.

Am Ende ist die Telekom gut bedient, Waigel sei Dank. Gern singt die Bundesregierung ihr Lied vom freien Wettbewerb, doch wenn es um den Haushalt geht, liegt das Hemd doch näher als die Jacke. Zum Glück für die Telekom. Matthias Urbach

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