: Waigel: Statt Steuern Gebühren erhöhen
■ Finanzminister für höhere Gebühren und privaten Straßenbau
Bonn (dpa/taz) — Nicht die Steuern, dafür aber die Gebühren sollen erhöht werden. Das versprach Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) am Freitag im Bundestag bei der Vorstellung des dritten Nachtragshaushalts. Zur Finanzierung der Ausgaben für die deutsche Einheit verteidigte Waigel die in diesem Jahr weiter erhöhte Neuverschuldung um knapp 26 auf 67 Milliarden Mark, forderte aber für die künftigen Haushalte als „Königsweg“ Einsparungen und Umschichtungen.
Weniger dringliche Vorhaben müßten dann verschoben werden, sagte Waigel in der ersten Lesung des zuvor vom Kabinett verabschiedeten gesamtdeutschen Etatentwurfs, der die Ausgaben des Bundes in diesem Jahr um weitere 20 Milliarden auf 396 Milliarden Mark erhöht. Als wirtschaflich schädlich wies Waigel Steuererhöhungen erneut zurück.
Bei der Finanzierung der Investitionen in die Einheit müßten aber auch neue Wege unvoreingenommen geprüft werden, kündigte der Bundesfinanzminister an. Insbesondere sei eine stärkere Finanzierung öffenlicher Leistungen über Gebühren und Beiträge vorstellbar. Es könnte auch an die Errichtung privater Fonds oder Stiftungen gedacht werden, die in eigener Verantwortung in den Straßenbau, den Wohnungsbau oder in den Bereich der Kommunikation investieren könnten. Die Finanzierung dieser Fonds könnte über Erträge und Benutzergebühren erfolgen. Waigel räumte ein, daß die „Wiedervereinigung nicht zum Nulltarif zu haben“ sei. Allerdings verfüge die Bundesregierung über ein ausreichendes Instrumentarium. „Wirklich spürbare Einschnitte“ im Haushalt könne allerdings der Finanzminister nicht allein erzielen. Dazu seien „alle Verantwortlichen in der Regierung, in den gesetzgebenden Körperschaften von Bund, Ländern und Gemeinden, sowie in den Verbänden und Interessenvertretungen erforderlich“. Man könne nicht Sparsamkeit im allgemeinen fordern, die eigenen Vorteile jedoch mit allem Nachdruck verteidigen.
Der Finanzminister bekräftigte, über die bislang angekündigten Steuersenkungen erst zu entscheiden, wenn sich der Finanzrahmen des Vereinigungsprozesses klar abschätzen lasse. Waigel widersprach den SPD-Vorwürfen der Verschleierung und Einheitsfinanzierung auf Pump.
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