Wahlschlappe für Japans Regierung: Politische Instabilität befürchtet
Die Koalition von Ministerpräsident Ishiba hat im mächtigen Unterhaus des Parlaments schon eine Weile keine Mehrheit mehr. Nach der Wahl zum Oberhaus muss sie das Gleiche in der zweiten Kammer fürchten.

Ishibas Koalition drohte der Verlust der Mehrheit, nachdem sie bereits bei der Wahl zum mächtigeren Unterhaus ihre Mehrheit verloren hatte und seither eine Minderheitsregierung stellt. Ishiba könnte als Partei- und Regierungschef in seiner LDP nun unter Druck geraten.
Der mit Deutschland zur G7-Gruppe gehörenden Wirtschaftsnation droht politische Instabilität. Hintergrund der Wahlniederlage für die Koalition ist laut Umfragen die Unzufriedenheit im Wahlvolk über die steigenden Preise und die Einwanderungspolitik. Davon profitieren rechtspopulistische Kleinparteien wie die offen ausländerfeindliche Partei Sanseito. Sie konnte den Berichten zufolge bei der Oberhauswahl deutlich zulegen. Die größte Oppositionspartei, die Konstitutionelle Demokratische Partei Japans des früheren Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda, konnte demnach ebenfalls Mandate hinzugewinnen.
Experte hält künftigen Regierungswechsel für möglich
Ishiba deutete in der Wahlnacht an, dass er im Amt bleiben will, auch wenn wichtige Oppositionskräfte die Möglichkeit einer Koalition mit dem Regierungslager ausschlossen. „Ich möchte mir meiner eigenen Verantwortung bewusst sein, die Probleme richtig anzugehen“. LDP-Generalsekretär Hiroshi Moriyama sagte laut Medien, ein politisches Vakuum müsse vermieden werden.
„Auch wenn sich die Regierungskoalition jetzt noch an die Macht klammern kann, deutet viel darauf hin, dass sie bei der nächsten Unterhauswahl abgelöst werden wird“, erklärte Axel Klein, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, der Deutschen Presse-Agentur in Tokio. „Die Wählerschaft glaubt jetzt daran, dass die Opposition realistische Chancen auf eine Regierungsübernahme hat, und wird deshalb sehr viel eher bereit sein, bei der nächsten Wahl für eine der Oppositionsparteien zu stimmen“, sagte Klein.
Ausländer erstmals Wahlkampfthema
Die Sanseito ist dabei die erste Partei in Japan, die erfolgreich das Thema Ausländer in politische Währung ummünzte. „Wie in anderen Demokratien auch gibt sich die xenophobe Partei nationalistisch, revisionistisch und populistisch und verspricht eine Rückkehr zur guten alten Zeit“, erläutert Experte Klein.
In Japan, das stolz auf seine homogene Gesellschaft ist, sind lediglich drei Prozent der 124 Millionen Einwohner Ausländer. Angesichts von Arbeitskräftemangel infolge der Überalterung der Gesellschaft nimmt ihre Zahl jedoch stark zu. Im vergangenen Jahr stieg sie um 10,5 Prozent auf den Rekord von rund 3,8 Millionen. Die japanische Gesellschaft ist jedoch viel weniger auf den Zuzug vorbereitet als europäische Gesellschaften.
Japans Medien berichten vermehrt über negative Seiten der Zuwanderung wie Missbrauch der nationalen Krankenversicherung und mehr Verkehrsunfälle. Hinzu kommt der Boom an ausländischen Touristen. In Medien ist oft von rüpelhaftem Verhalten die Rede. Immer mehr Japaner fühlen sich unwohl.
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