Wahlparteitag der US-Demokraten: Clinton will für Obama stimmen
Die Demokratische Partei inszeniert eine gigantische Krönungsmesse für ihren Spitzenkandidaten. Und Exrivalin Hillary Clinton versucht nun, ihre zögernden Anhänger auf die Seite von Barack Obama zu ziehen.
DENVER afp/ap/dpa Mehr als 4.000 Delegierte sind zum Wahlparteitag der US-Demokraten in Denver zusammengekommen, um Einigkeit und Siegeszuversicht mit ihrem Spitzenkandidaten Barack Obama zu demonstrieren. Als Signal der Geschlossenheit plant die in den Vorwahlen unterlegene Senatorin Hillary Clinton nach Angaben aus Parteikreisen, ihre Delegiertenstimmen demonstrativ dem Exrivalen Obama zu übergeben. Clinton wolle an ihre Anhänger appellieren, sich hinter Obama zu scharen, hieß es in Denver. Der viertägige Parteikonvent sollte am Montagnachmittag offiziell eröffnet werden.
Obamas Sprecher Robert Gibbs räumte im Sender CNN ein, dass der harte Vorwahlkampf zwischen Clinton und Obama Spuren hinterlassen habe: "Es gab auf jeder Seite viel Leidenschaft, und das ist auch verständlich." Die Partei werde aber von Denver ein Signal der Einheit gegen die Republikaner aussenden, sagte Gibbs. Clinton hatte Anfang Juni ihre Niederlage eingeräumt und angekündigt, Obama zu unterstützen. Laut der jüngsten Umfrage des Senders NBC sind derzeit aber nur 52 Prozent von Clintons Anhängern zur Stimmabgabe für Obama bereit. Ein Fünftel will derzeit für dessen republikanischen Gegenkandidaten John McCain stimmen.
Dies hat zur Folge, dass das Rennen um das Weiße Haus wieder spannender geworden ist. Nach einer neuen Umfrage des TV-Senders CNN liegen Barack Obama und John McCain gleichauf bei 47 Prozent der Wählerstimmen. Noch vor einem Monat habe Obama mit sieben Prozentpunkten deutlich vorn gelegen, berichtete CNN. Tatsächlich sei die Unzufriedenheit unter den Anhängern der Ex-First-Lady Hillary Clinton, Hauptursache für den Rückgang Obamas.
Inzwischen hat sich Barack Obama gegen überhöhte Erwartungen hinsichtlich seiner Antrittsrede gewandt. Er habe die Arbeit daran noch nicht abgeschlossen, sagte der Senator am Sonntag vor Journalisten.
Er werde vielleicht nicht so gut wie die anderen drei Hauptredner sein, sagte Obama. "Aber hoffentlich werden die Alternativen deutlich, die das amerikanische Volk im November haben wird." Vor den Journalisten scherzte Obama, dass er eigentlich nur deswegen US-Präsident werden wolle, damit seine beiden Töchter Malia und Sasha dann vom Secret Service beschützt würden, wenn sie ihren ersten Freund hätten.
Der Erwartungsdruck auf Obama ist hoch. Von den 75.000 Zuhörern in einem Stadion in Denver und den 20 Millionen an den Fernsehgeräten wird er genau beobachtet werden. Zusätzliches Gewicht erhält die Rede noch dadurch, dass ihr Termin auf den 45. Jahrestag der Rede von Martin Luther King mit den Worten "I Have a Dream" fällt.
Im Vorfeld des Parteitags versuchten die gegnerischen Republikaner erneut, aus den früheren Spannungen zwischen Obama und Clinton politisches Kapital zu schlagen. Präsidentschaftskandidat John McCain ließ einen Fernsehspot schalten, der an Clintons scharfe Kritik in der Vorwahlsaison erinnerte. Obama habe Clinton bei der Vize-Kür übergangen, weil sie "die Wahrheit gesagt" habe über seine politische Schwäche, hieß es darin. New Yorks republikanischer Exbürgermeister Rudolph Giuliani sagte dem Sender ABC, mit einer Nominierung Clintons hätte Obama "eine starke Entscheidung" treffen können: "Sie hatte 50 Prozent der Demokratenstimmen bekommen, und man musste sich schon außerordentlich mühen, sie als Vizekandidatin zu vermeiden."
Einen Tag vor Beginn des Parteitags der Demokraten in den USA haben rund 1.000 Menschen gegen den Irak-Krieg demonstriert. Sie zogen am Sonntag durch das Zentrum von Denver, angeführt von dem gelähmten Vietnamkriegsveteranen Ron Kovic.
Die prominente Aktivistin der Friedensbewegung, Cindy Sheehan, sagte auf einer Kundgebung, seit den Protesten vor der Ranch von US-Präsident George W. Bush in Texas vor drei Jahren sei die Welt nicht friedlicher geworden. Stattdessen werde jetzt von einer Invasion im Iran und von einem neuen Kalten Krieg geredet. Einige Demonstranten trugen Pappmaché-Nachbildungen der Köpfe von Bush, Vizepräsident Dick Cheney und Außenministerin Condoleezza Rice.
Für die Zeit des Parteitags bis Donnerstag wurden mindestens fünf Demonstrationen angemeldet. Organisiert werden sie von dem Bündnis Recreate 68. Dessen Name erinnert an die schweren Unruhen beim Parteitag der Demokraten vor 40 Jahren in Chicago. Nach einer Klage der Amerikanischen Bürgerrechtsunion (ACLU) billigte ein Bundesrichter einen Sicherheitsplan der Stadt Denver, wonach sich Demonstranten dem Tagungsort im Pepsi Center auf 120 Meter nähern dürfen.
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