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Wahlkampfplakate der SPDIn der Wohlfühloase

Die Sozialdemokraten setzen bei ihrer Plakatkampagne zunächst auf Frauen – und dann auf Martin Schulz. Zuversicht soll verbreitet werden.

Voll die Überraschung: Auf den SPD-Wahlkampfplakaten blickt uns Martin Schulz entgegen Foto: dpa

Berlin taz | Sechs Plakate hat Generalsekretär Hubertus Heil am Dienstag im Willy-Brandt-Haus präsentiert. Drei Frauen, zwei Mädchen, ein Mann und ein Junge mit halb abgeschnittenem Kopf sind als Motive ausgewählt worden. Und Schulz halt – der gerechte Ex-Hoffnungsträger. Im Wahlkampf setzt die SPD also auf den Kanzlerkandidaten und vor allem auf Frauen, um auch die Wählerinnen anzusprechen.

Bildung, Familienpolitik, Fortschritt – da fordert die SPD „Zeit für mehr Gerechtigkeit“. Klingt gut. Auch bei der Lohngleichheit soll's gerechter zugehen: Ein Plakat zeigt eine Frau im Blaumann, die weniger verdient als ihr Kollege. Das findet die SPD blöd. „Wer 100 Prozent leistet, darf nicht 21 Prozent weniger verdienen“ – so steht es in einem fetten Quadrat neben der schutzbebrillten Frau.

Ein anderer Spruch, der hängen bleibt: „Damit die Rente nicht klein ist, wenn die Kinder groß sind.“ Enkelin und Oma blicken in die Kamera. Die Oma lacht, greift nach der Hand ihrer Enkelin, die wiederum ihre Hand auf die Schulter der Großmutter legt. Die Junge schaut ernst, aber zuversichtlich. Der SPD, die Rentensicherheit garantieren will, sei Dank.

24 Millionen Euro (inklusive des Onlinebudgets) kostet der SPD-Wahlkampf. „Etwas mehr als 2013“, sagt Heil, der die miesen Umfragewerte weglächelt. „Am 24. September wollen wir eine starke SPD.“ Und sowieso: „Jetzt ist Zeit für Wahlkampf, für ein gerechtes Land.“

Menschen mit Migrationshintergrund fehlen

Und warum so viele Frauen? „Auf die legen wir in unserem Programm bewusst Wert“, sagt SPD-Bundesgeschäftsführerin Juliane Seifert. Fragt sich nur, wo die Menschen mit Migrationshintergrund geblieben sind. Die plakatieren die Sozis nicht. Die würde man nicht bewusst weglassen, so Seifert. Abgesehen davon, dass Menschen mit Migrationshintergrund auf den Plakaten fehlen, illustriert die SPD durchaus treffend, was gerechter werden muss.

Die SPD will Zuversicht verbreiten. Sie soll es sein, die zukunftsweisende Fragen beantworten kann, lautet die Botschaft. Sie versteht, dass ein Wandel notwendig ist. Ob das Plakate schaffen, die harte Themen ansprechen, aber irgendwie nach Wohlfühloase aussehen, bleibt abzuwarten. Auch die CDU will ja für ein Deutschland werben, „in dem wir gut und gerne leben“.

Die zweite Plakatwelle soll nur noch den Kandidaten zeigen – und sonst keine anderen Parteiköpfe. Kein Maas, kein Gabriel, keine Nahles, keine Zypris. Nur Schulz

Und dann gibt es ja noch Schulz. Demnächst, wenn die ersten Plakate geklebt werden, sollen zwar ausschließlich BürgerInnen auf BürgerInnen blicken. Dann aber beginnt auch die Schulz-Zeit; die zweite Plakatwelle soll nur noch den Kandidaten zeigen – und sonst keine anderen Parteiköpfe. Kein Maas, kein Gabriel, keine Nahles, keine Zypris. Nur Schulz.

„Die Zukunft braucht neue Ideen. Und einen, der sie durchsetzt“, lautet der Slogan auf den Schulz-Plakaten. Mehr Hoffnungsträger geht nicht.

Und so wird Schulz nach dem Wahlkampfauftakt am 8. August in Dresden durch die Republik reisen, um ein Mammutprogramm zu absolvieren. Damit aus ihm auch wieder ein echter Hoffnungsträger wird.

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10 Kommentare

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  • Als Soziale Partei Deutschlands hat diese Partei ausgespielt!

     

    Schulz hatte Anfang 2017 jede Menge Menschen (Wähler) hinter sich gebracht, allein durch die Hoffnung, dass Neue Besen gut Kehren!

    Leider hat er durch die Zugeständnisse bei der NRW, - Schleswig - Holstein Wahl an seine Parteifreunde sich zurück zu halten, deutlich an Zustimmung verloren. Wer sich als Bundeskanzlerkandidat wählen lassen will, sollte auch Bundeskompetenz zeigen.

     

    Viele waren sicher sehr enttäuscht wenig bis Garnichts in Sachen Hartz IV Rückbau von Herrn Schulz und der SPD zu hören.

    Wer Werbung mit mehr Gerechtigkeit macht, muss dort damit Beginnen sie herzustellen, wo sie am schlechtesten Aufgestellt ist.

    Das ist nun Mal nicht die Mitte, sondern der unterste Rand der Bevölkerung dieser Republik.

    Wer Kanzler werden will, aber vergisst, wo seine Basis sich einmal befunden hat und nur im Bereich der anderen Parteien Wildern geht, muss sich nicht wundern, dass er seine Wählerschaft gänzlich vor den Kopf stößt!

     

    Die gesamte deutsche Bevölkerung ist es Leid, dass sehr viele Menschen trotz Arbeit nicht mehr in der Lage ist, sich und seine Familie über Wasser zu halte, denn das hat die Mehrzahl begriffen, es kann inzwischen jeden, jeder Zeit genauso ergehen.

    Das Merkel und die CDU/CSU mit so viel Vorsprung einen guten Ausgangswert haben liegt auch daran, dass niemand der SPD zutraut über ihren eigenen Schatten zu springen, der Wirtschaft und den Banken Einhalt zu gebieten und sich von den alles bestimmenden Lobbyisten loszusagen.

    Merkel scheint einfach die, nicht bessere Lösung, sondern die Vorhersagbarere zu sein!

     

    Niemand wünscht sich in dieser globalen Lage einen Wechsel, wenn nicht eindeutig etwas besseres als das Vorhandene zu erwarten ist!!!

  • In den letzten 20 Jahren - wie lange war die SPD da an der Regierung?

  • Nützt nix, er Chulz kann zu Hause bleiben und sich um seine Anschlußverwertung kümmern. Abgehalfterte Vereine auf der Rechten wie die FDP werden vom Kapital gestützt, Linke haben nur die eigene Wirkung und Programmatik (anders als Macron, der hatte die Medien komplett in der Tasche). Corbyn hat's vorgemacht: man kann auch ohne Geld und gegen die Presse gewinnen, wenn man mit Blair/Schröder bricht. Doch dazu ist die SPD zu feige. 20% -X bis sie es endlich lernen!

    • @eremit:

      ....man kann auch ohne Geld und gegen die Presse gewinnen...

       

      Na warum hat die Linke dann in der Realität immer weniger % als die Blair/Schröder-Jünger?

       

      Wenn schlechten Ergebnisse der SPD wirklich auf die angedeutete Hartz4-Politik zurückzuführen ist müsste doch die LINKE schon fast die Alleinherrschaft haben - schließlich sind das ja die größten Hartz4-Gegner mit jahrelanger Hartz4-Abschaffen-Wahlkampfrethorik.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Fakten:

         

        Nehmen Sie einfach mal die nachprüfbnaren Fakten: Seit Hartz IV geht es mit der SPD nachweisbar steil bergab: Etwa ein Drittel Wähler weniger und ein Drittel der Aktiven ausgetreten.

        Es ist schon reichlich unclever, die falsche Richtung nicht endlich zu wechseln. Einfach weiter stur auf den Abgrund zuzukrabbeln führt zum endgültigen Sturz in die Tiefe.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    "...ein Mann und ein Junge mit halb abgeschnittenem Kopf sind als Motive ausgewählt worden."

     

    Das ist ja eklig.

    • @32795 (Profil gelöscht):

      In ihrer Verzweiflung schreckt die SPD vor nichts zurück!

      ...

  • Sozialer Markenkern

     

    Die SPD sollte endlich zu ihrem Markenkern zurückkehren. Und der war mal sozial. Also klar gegen Hartz IV und Sozialabbau.

    Anderenfalls hat sie keine Chance und wird eine weitere krachende Wahlniederlage kassieren. Scheinbekenntnisse helfen nicht.

    • @Hartz:

      Warum sollte sie.

      Zurück zum Markenkern bedeutet doch die Politik der Linkspartei zu übernehmen.

       

      Und die ist - zumindest außerhalb dieses Forums - nicht geeignet eine vernünftige Anzahl an Wählern zu überzeugen.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Blasse Kopie...

         

        Was sollte denn dann die originäre Aufgabe der SPD sein? So zu sein wie die anderen? Das ist doch unlogisch, fad und funktioniert nicht. Die Leute wählen dann erfahrungsgemäß das Original (CDU, FDP) und nicht die Kopie. Das war der große Irrtum, als Schröder die Mär von der "neuen Mitte" damals verkündete... Genau da liegen eben nicht (!) die Wählerschichten der SPD. So weit mal zu Schröders großem strategischem Ungeschick.