Wahlkampf mit Altkanzler: Hamburgs SPD im Schröder-Rausch

Altkanzler Schröder hilft seinem Duz-Freund Michael Naumann im Wahlkampf um das Hamburger Bürgermeister-Amt - und treibt die Hanseaten zu Beifallsstürmen.

Duo in Siegespose: Altkanzler Schröder und Hamburgs SPD-Spitzenkandidat Naumann Bild: dpa

HAMBURG taz Mit Tätärä kommt Stimmung auf im Betonbunker. "Funky street music" macht das runde Dutzend Bläser und Trommler im Congress Center Hamburg (CCH) so erfrischend, dass selbst das unerträgliche "We are the Champions" wieder hörbar wird. "Unschlagbar live" will die Combo laut Eigenwerbung sein, doch einer kann es noch besser. Gerhard Schröder kommt an die Elbe. Das sozialdemokratische Alphatier ist von der Leine gelassen, und seine Partei gerät in Verzückung.

Erschienen ist der Ex-Kanzler am Dienstagabend, um dem zu helfen, der von der Hanse-SPD "der künftige Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg" genannt wird. Für Gerd ist er einfach "mein Freund Michael". Sein ehemaliger Kulturstaatsminister Michael Naumann will nach der Wahl am 24. Februar Ole von Beust (CDU) als Regierungschef im Stadtstaat ablösen.

Es ist, das sagt Schröder selbst, ein reiner Freundschaftsdienst für Naumann und auch für den neuen Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, den ehemaligen SPD-Chef in Hamburg, dem selbst sein eher missratenes Gastspiel als des Kanzlers Generalsekretär nicht die Karriere vermieste. Auf der Bühne aber sind beide kaum mehr als Stichwortgeber für den Hannoveraner, der sich aus dem parallel laufenden Wahlkampf in Niedersachsen vollkommen heraushält. Aber beide, ebenso wie die vollzählig im Parkett sitzende SPD-Kandidatenriege für die Wahl, berauschen sich an dem Mann, den eine Genossin später im Foyer "Deutschlands besten Redner" nennen wird.

Und die knapp 2.000 Menschen im prall gefüllten CCH klatschen ihm zu, wenn er den "unanständigen Populismus dieses Herren in Hessen" geißelt; sie bejubeln ihn, wenn er sagt, er sei deshalb "in Sorge um die Toleranz in dieser Gesellschaft"; sie applaudieren, wenn er fragt, wo denn jener Hesse "und auch die Frau Merkel - von Herrn von Beust will ich gar nicht reden- sind, wenn rechtsextreme Schlägerbanden prügeln?". Und sie sind nahezu verzückt, wenn er "unser sozialdemokratisches Credo" beschreibt: "Wir sind hart gegen Gewalt und konsequent gegen die Ursachen von Gewalt."

Und schon ist Schröder bei dem Thema, mit dem Naumann an der Elbe punkten will. Die soziale Spaltung in der reichsten Stadt Deutschlands ist sein Wahlkampfhit gegen die regierenden Christdemokraten, deren Slogan von der "Wachsenden Stadt" Naumann zu der unter seiner Führung "zusammenwachsenden Stadt" verändert hat. "Die Bezahlgesellschaft der CDU" ächtet Schröder, denn die nimmt Gebühren - in Kitas und Vorschulen, in Grundschulen und Gymnasien, in Büchereien und Hochschulen. "Unsozial, ungerecht und ökonomisch dumm", nennt Schröder das. Und darum sei richtig, "dass das wieder umsonst wird, wie mein Freund Michael versprochen hat".

In all dem Jubel geht fast sein Hinweis unter, dass andere nur begeistern könne, wer selbst begeistert sei. Ein Zitat von einem, der heutzutage bei der SPD nicht so wohlgelitten ist, Oskar Lafontaine - aber das kümmert weder den Begeisternden noch die Begeisterten an diesem Abend.

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