Nadine Conti Provinzhauptstadt: Wahlkampf: mehr von allem für alle!
Das verspricht ein unterhaltsames Wahlkampfjahr zu werden hier in Hannover. Das fing an mit der Schlagzeile „Preisschock bei Parkgebühren“. Um mehr als 80 Prozent sollen sie in der Innenstadt nach einem Verwaltungskonzept steigen. Das lässt selbst Grünen-Sympathisanten kurz fragen: „Will der Onay die Wahl eigentlich gar nicht gewinnen?“ Ursprünglich geht das Ganze zwar auf einen Haushaltskonsolidierungsbeschluss des Rates zurück, der acht Millionen Euro zusätzliche Einnahmen in der Parkraumbewirtschaftung erzielen wollte. Und den hatte die SPD damals mitgetragen, aber davon möchte sie jetzt nichts mehr wissen. Kleben bleibt das ohnehin am grünen Oberbürgermeister Belit Onay – der wollte ja früher schon, dass Autos in Parkhäusern verschwinden. Wobei sich die Frage stellt, wie man dann noch zusätzliche Einnahmen generieren will, wenn man so riesige Schlupflöcher aus Beton überall in der Stadt herumstehen hat. Aber Wahlkampf ist halt nicht die Zeit, um Dinge zu Ende zu denken.
Der SPD-Kandidat Axel von der Ohe setzt dagegen auf eine Strategie, mit der die SPD in Niedersachsen immer gut gefahren ist: erst mal Geschenke versprechen. Wir erinnern uns an die beitragsfreien Kitajahre und die i-Pads für alle auf Landesebene. Von der Ohe will jetzt ein kostenloses Mittagessen für alle Grundschulkinder. Das ist grundsätzlich natürlich eine feine Sache – fanden auch die Grünen. So fein, dass man das auch möglichst sofort einführen könnte und nicht erst nach der Wahl – immerhin ist der Mann ja nicht nur SPD-Kandidat, sondern auch Kämmerer –, also, wenn der sagt, dass die Stadt sich das leisten kann … Das fand die SPD nicht so lustig. Man will da jetzt auch nichts überstürzen.
Vielleicht lacht am Ende ja der dritte aussichtsreiche Kandidat im Bunde. Die CDU hat Peter Karst, den Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Hannover, nominiert. Sie möchte ihn unbedingt als „Mann der Wirtschaft“ verkaufen. Wer je mit Kammern zu tun hatte, weiß, dass das maximal die halbe Wahrheit ist – in Wirklichkeit sind die natürlich mehr Verwaltungseinheit als der Inbegriff unternehmerischen Denkens. Aber egal, für CDU-Wähler reicht gefühlte Wirtschaftskompetenz, das war schon immer so.
Was mal wieder niemand hinbekommen hat: eine Frau aufzustellen. Aber immerhin bei der Regionspräsidentschaft gibt es Hoffnung, die Kulturdezernentin Eva Bender gilt als heiße Kandidatin bei der SPD.
Wobei man den meisten Leuten ja überhaupt erst einmal erklären muss, was das eigentlich für ein Posten ist (die Antwort ist: eine sehr, sehr mächtige Landrätin mit Zugriff auf die wichtigsten Infrastrukturunternehmen wie Müllentsorgung, Nahverkehrsgesellschaft und Regionskrankenhäuser). Und warum der bisherige Inhaber dieses Postens, der smarte Steffen Krach, der hier mit so viel Vorschusslorbeeren gestartet ist und erst einmal als große Nachwuchshoffnung der hiesigen SPD gehandelt wurde, jetzt schon wieder zurück nach Berlin geht, um sich auf das Bürgermeisteramt in einer noch viel unregierbareren Stadt zu bewerben. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
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