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Wahlkampf in den USASchärfer könnte der Kontrast nicht sein

Donald Trump und Hillary Clinton haben im US-Wahlkampf ihre wirtschaftspolitischen Ideen skizziert. Ein Vergleich.

Werden wohl kein Paar: Hillary Clinton und Donald Trump Foto: ap

Skizzieren amerikanische Präsidentschaftskandidaten ihre Wirtschaftskonzepte, berufen sie sich gern auf prominente Vorgänger. Es ist nicht nur eine Verneigung vor den Denkmälern der eigenen Partei, es soll auch – gebündelt in einem Namen – erkennen lassen, wo die Akzente gesetzt werden sollen.

Hillary Clintons Vorbild ist Franklin Delano Roosevelt: Was die Demokratin am Donnerstag in einer wirtschaftspolitischen Rede skizzierte, kann man wohl „FDR light“ nennen, eine kleinere Zwillingsschwester jenes New Deal, mit dem Roosevelt in den 1930er Jahren auf die Weltwirtschaftskrise reagierte. Donald Trump wiederum hatte zuvor versprochen, sich ein Beispiel an Ronald Reagan zu nehmen. Hier Clintons keynesianischen Rezepte, dort Trumps Ansatz, der die Rolle des Staats auf ein Minimum beschränkt: Schärfer könnten die Kontraste kaum sein.

Steuerpolitik. Bei Clinton bleibt vieles beim Alten, Steuernachlässe kann sich das Land nach ihrer Überzeugung nicht leisten, würden sie doch den öffentlichen Schuldenberg von derzeit 19 Billionen Dollar weiter wachsen lassen. Clinton will Einkommensmillionäre mit mindestens 30 Prozent zur Kasse bitten, egal, welcher Schlupflöcher sie sich bedienen. Wessen Jahreseinnahmen 5 Millionen Dollar übersteigen, für den soll ein neuer Spitzensatz gelten: 43 statt bisher 39 Prozent.

Trump peilt nach eigenen Worten die „größte Steuerrevolution“ an, seit Reagan im Oval Office regierte. Demnach soll es bei der Einkommensteuer statt derzeit sieben nur noch drei verschiedene Stufen geben, 12, 25 und 33 Prozent. Die Unternehmensteuer soll von maximal 35 auf höchstens 15 Prozent sinken, die Erbschaftsteuer komplett wegfallen, wobei sie zurzeit ohnehin nur bei großen Vermögen (über 5,4 Millionen Dollar) greift.

Wie das Committee for a Responsible Federal Budget vorrechnete, ein konservativer Thinktank, würde allein die Senkung der Unternehmenssteuer in den nächsten zehn Jahren ein Loch von 2,5 Billionen Dollar in den Staatshaushalt reißen, eventuelle Mehreinnahmen durch Wachstumsimpulse nicht eingerechnet.

Beschäftigungspolitik. Clinton verspricht sich eine Art Ini­tial­zündung durch massive Investitionen in bessere Straßen, Brücken und Schulen, in modernere Flughäfen, Staudämme und Breitbandnetze sowie erneuerbare Energien. Nach ihrem Plan soll der Fiskus das Programm, verteilt über fünf Jahre, mit 275 Milliarden Dollar finanzieren. Über 3 Millionen neue, gut bezahlte Arbeitsplätze sollen auf diese Weise entstehen.

Auch Trump verspricht eine „Explosion aus Jobs, Wohlstand und Chancen“, allerdings liefert er bisher kaum Details. Gemäß der Parole, nach der „Amerikanismus, nicht Globalisierung“ sein Credo ist, will er Arbeitsplätze aus Billiglohnländern zurückholen und etwa Apple zwingen, iPhones statt in China in den USA zu produzieren. Das Wie bleibt vorerst offen.

Handelspolitik. Clinton, einst Fürsprecherin unbeschränkten Freihandels, räumt mittlerweile ein, dass frühere Abkommen mit „allzu rosigen Szenarien“ durchs Parlament gebracht wurden. Allem voran der Nafta-Vertrag, der 1994 die Zollschranken zwischen den USA, Kanada und Mexiko fallen ließ. Die inzwischen unterschriftsreif ausgehandelte Transpazifische Handelspartnerschaft (TPP) hatte sie als Außenministerin noch den Goldstandard des interna­tio­na­len Handels genannt. Heute lehnt sie TPP ab – nicht zuletzt eine Konzession an die eigene Parteibasis: Unter dem Einfluss ihres linken Rivalen Bernie Sanders haben sich in den Reihen der Demokraten protektionistische Tendenzen deutlich verstärkt.

Trump will nicht nur TPP blockieren, sondern auch das Nafta-Paket aufdröseln und China als Währungsmanipulator an den Pranger stellen. Dem Tycoon schweben Zölle von bis zu 45 Prozent für chinesische Importe vor.

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9 Kommentare

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  • "Dem Tycoon schweben Zölle von bis zu 45 Prozent für chinesische Importe vor."

     

    Ein typischer Trump-Bluff.

     

    Erstens wird er das niemals politisch durchkriegen, und zweitens wird er das schon gar nicht gegen amerikanische Unternehmen, die im Ausland unter Lizenz produzieren lassen, durchkriegen.

     

    Komplett illusorisches Hirngespinst, wer an solche Märchen glaubt, der verfügt weder wirtschafts- noch aussenpolitisch über ein Minimum an Realismus und Zurechnungsfähigkeit.

  • „…will er Arbeitsplätze aus Billiglohnländern zurückholen und etwa Apple zwingen, iPhones statt in China in den USA zu produzieren. Das Wie bleibt vorerst offen.“

     

    „Dem Tycoon schweben Zölle von bis zu 45 Prozent für chinesische Importe vor.“

     

    Steht doch im Text, wie er Unternehmen zwingen will, in den USA zu produzieren.

     

    „Clinton verspricht sich eine Art Initialzündung durch massive Investitionen in bessere Straßen, Brücken und Schulen, in modernere Flughäfen, Staudämme und Breitbandnetze sowie erneuerbare Energien.“

     

    Das hat Obama auch versprochen, aber nicht gehalten.

     

    „Nach ihrem Plan soll der Fiskus das Programm, verteilt über fünf Jahre, mit 275 Milliarden Dollar finanzieren. Über 3 Millionen neue, gut bezahlte Arbeitsplätze sollen auf diese Weise entstehen.“

     

    Das müsste der republikanisch dominierte Kongress absegnen. Bis jetzt hat er sich strikt geweigert. Ich sehe nicht, warum sich das ändern sollte.

     

    Die gut bezahlten Arbeitsplätze sollen u.a. im Bereich erneuerbare Energien entstehen. Frau Clinton will hier sogar mächtig exportieren. Das Problem ist nur, dass sie USA auf diesem Gebiet hinter anderen Staaten (z.B. D) herhinken.

     

    Fazit:

     

    Beide sind sich einig, dass Freihandelsabkommen nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Wobei C. hier einen Salto macht. T. hat starke Probleme mit der Kompensierung der versprochenen Steuererleichterung, kann sie aber wahrscheinlich durch den Kongress bringen. C. wird ebenfalls Probleme mit der Finanzierung bekommen. Letztlich ist die Realisierbarkeit beider Konzepte fraglich.

  • "...würde allein die Senkung der Unternehmenssteuer in den nächsten zehn Jahren ein Loch von 2,5 Billionen Dollar in den Staatshaushalt reißen."

     

    Dazu muss man wissen, dass das US-amerikanische "billion" der deutschen Milliarde entspricht. One billion US-Dollar sind am heutigen Tag genau 895.455.563 EURO.

    Wenn das 2,5 Billionen Dollar Loch in 10 Jahren, dass durch die Senkung der Unternehmenssteuer entstehen soll, lediglich ein typischer Übersetzungsfehler aus dem Amerikanischen war, dann sind das doch in einem Jahr nur ungefähr 1/12 der gesamten derzeitigen Z u s a t z k o s t e n eines einzigen Berliner Flughafens, auf dem es voraussichtlich niemals zu einem regulären Flugbetrieb kommen wird. Also eine Unternehmenssteuersenkung in einem Land von der Größe Amerikas in Höhe von weit unter dem, was hier regelmäßig "peanuts" sind. Sicher kein plausibler Grund für Unternehmer, Trump zu wählen.

    • @Rainer B.:

      Ich denke schon, das tatsächlich 'Billionen' gemeint sind.

      • 3G
        34970 (Profil gelöscht)
        @GarretJaxt:

        Denke auch das es schon "unsere" Bilion ist. 10 Jahre ist relativ lang für nur 2 Milliarden Dollar und der US Haushalt bewegt sich sowieso in ganz anderen Dimensionen als der unsere dass das schon passt.

        • @34970 (Profil gelöscht):

          Wäre schön, wenn Frank Herrmann dieses Ratespiel mal beenden könnte.

          • @Rainer B.:

            Im Text steht ja auch was von "19 Billionen Dollar Staatsverschuldung" der USA. Wären damit "Milliarden" gemeint, wären das tatsächlich "peanuts".

             

            Zum Vergleich, die Verschuldung der Bundesrepublik Deutschland beläuft sich aktuell auf 2.250 Milliarden Euro, also rund 2.500 Milliarden Dollar. Da wären die Amerikaner bei "19 Milliarden" ja schon fast "schuldenfrei"...

            • @cursed with a brain:

              Hier geht es ja nur um einen Teil eines Wahlprogramm eines Mannes, der den Kontakt zur Wirklichkeit komplett verloren hat. Die meisten seiner Wähler kennen den Unterschied zwischen Billionen und Milliarden genausowenig, wie ein durchschnittlicher Bundestagsabgeordneter hierzulande den Unterschied zwischen Milliarden und Millionen kennt.

  • Die Clintonsche Beschäftigungspolitik kommt mir irgendwie bekannt vor:

    http://www.politico.com/story/2008/12/obama-unveils-21st-century-new-deal-016258

     

    "It is unacceptable that the United States ranks 15th in the world in broadband adoption."

     

    Inzwischen sind die USA auf Platz 24 abgerutscht.